Nieselregen. Eh klar. Wie könnte es in Salzburg auch anders sein. Und so ist Sepp Schellhorn an diesem Morgen an der stark befahrenen Straße nicht nur dem Unmut der Autofahrer ausgesetzt. Diese sind freilich nicht wegen des Neos-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl verärgert. Wie jeden Tag stehen sie hier minutenlang im Stau. Die Verkehrsproblematik in der Stadt ist – neben günstigen Wohnungen und Stärkung der Landregionen – eines der Hauptthemen im Wahlkampf für die Landtagswahl am Sonntag. Das bekommt Schellhorn beim Flyer- und Knoppersverteilen immer wieder zu hören. Nach der Verteilaktion hält er sich sein Handy vors Gesicht. „Ich bin euer Robin Hood und werde gegen die Freunderlwirtschaft im Land ankämpfen.“ Unter #morgensepp stellt er das Video ins Netz. Schellhorn will in die Landesregierung.

Damit ist er nicht allein. Auch die freiheitliche Senkrechtstarterin Marlene Svazek (25), mittlerweile sogar Generalsekretärin der Bundes-FPÖ, würde ihr Nationalratsmandat dafür aufgeben. Herzhaftes Lachen, breiter Salzburger Dialekt, sportlicher Schritt. Für den Straßenwahlkampf scheint Svazek wie gemacht. So schnell können Passanten kaum flüchten, dass sie nicht schon ein FPÖ-Sackerl in der Hand haben. „Marlene mag man eben“ gab die Partei als Motto zum Wahlkampfstart aus. Der Schnittenhersteller war über diesen Slogan not amused, die FPÖ stampfte die Plakate ein. 30.000 Mini-Manner-Packungen wurden trotzdem verteilt.

Hoffen auf Schwarz-blau

Während sie durch die Autoreihen tänzelt, erzählt Svazek, dass sie frischen Wind in die Landesregierung bringen wolle. Sie verteilt Taschenalarme, das Thema Sicherheit ist aber kaum präsent. Die FPÖ versucht es trotzdem. Nach der Frühschicht im Stau besucht Svazek mit Innenminister Herbert Kickl die Polizeischule Großgmain. „Der Standort bleibt erhalten“, freut sie sich. „Hoffentlich gibt’s bald eine Zusammenarbeit von schwarz-blauer Landesregierung und schwarz-blauer Bundesregierung.“ Kickl nickt zustimmend. „Das wäre eine Win-win-Situation.“ Der langjährige FPÖ-Chef Karl Schnell tritt diesmal mit seiner Freien Partei Salzburgs (FPS) an. Auch Hans Mayr (früher Team Stronach), der bis Jänner Landesrat war, will mit einer eigenen Liste in den Landtag.

Autobahnabfahrten, Bushaltestellen, Einfahrtsstraßen, Innenstadtgassen. Salzburg ist in diesen Tagen zugepflastert mit Wahlplakaten. Selbst die KPÖ ist präsent und plakatiert selbstbewusst „Die einzige Opposition“. Bei der Landtagswahl 2013 erreichte die Partei im ganzen Land 897 Stimmen (0,33 Prozent). Nur in der Getreidegasse findet man fast keine Plakate. Für japanische Touristen gibt es kein Wahlrecht.

Für Irritationen sorgten einige Tage lang weiße Plakate mit dem Spruch „Deine Stimme ist nichts wert“. Die Neos lösten ihr Rätsel auf – aus dem Wort „nichts“ wurde „Gold“. Mehr regen da andere Plakate auf. Jene, die Ordnungshüter gerade auf dem Südtiroler Platz vor dem Salzburger Hauptbahnhof affichieren. Diese weisen auf das nun in Kraft getretene Alkoholverbot hin. Wer auf dem Platz Alkohol trinkt, riskiert ab Mai bis zu 300 Euro Strafe. „Als ob wir keine anderen Sorgen hätten“, schimpft ein Mann und nimmt trotzig einen Schluck aus seiner Bierdose, während er einen Flyer in die Hand gedrückt bekommt.

"Trister Wahlkampf"

„Das ist ein trister Wahlkampf“, sagt ein Passant. „Es gibt ja kaum Themen. Und jeder weiß, dass die ÖVP gewinnt.“ Er wünscht sich eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition. „Wir haben noch nichts gewonnen und kämpfen um jede Stimme“, sagt Landeshauptmann und Titelverteidiger Wilfried Haslauer (ÖVP). Händeschütteln in der Halleiner Fußgängerzone steht an. Haslauer verteilt ÖVP-Sackerln mit Mozarttalern und Spielkarten. Jahrzehntelange Erfahrung haben den spröden Juristen zum passablen wahlkämpferischen Small Talker werden lassen. Ortsgruppen haben im ganzen Land kreative „Landschaftselemente“ aufgestellt – selbst gebastelte Plakate, in Form gebrachte Strohballen, überdimensionale Osterhasen, Löwen in Anspielung auf das Landeswappen. 29 Prozent erreichte die ÖVP 2013, laut Umfragen sind diesmal bis zu 40 Prozent möglich. Haslauer stapelt tief, er will „ein Drittel der Wähler“ überzeugen. Er warnt vor taktischem Wählen. Eine Koalition sei mit allen vorstellbar. Untergriffe gibt es in diesem Wahlkampf kaum.

In die Suppe spucken will ihm Walter Steidl. Der SPÖ-Chef ist im Shoppingcenter Europark unterwegs. Dass die Grünen dessen Ausbau verhindern wollen, versteht er nicht. „Dabei sollen nur Lager- in Verkaufsflächen umgewandelt werden.“ Zielstrebig steuert Steidl das Interspar-Restaurant an und fachsimpelt mit dem Küchenleiter. „Wir brauchen gutes Essen für unsere Kinder“, sagt Steidl. Er will, dass an allen Salzburger Schulen Küchen eingerichtet werden und frisch, regional gekocht wird. „Darf ich Ihnen das dalassen?“ Steidl legt der Familie, die gerade ihr 6,80-Euro-Menü verzehrt, Kochlöffel, Schnapskarten und Infofolder hin. „Mit meiner Frau koche ich zu Hause auch gerne“, erzählt der gelernte Elektroinstallateur und Gewerkschafter, der die SPÖ wieder in die Regierung führen will. Nach dem Spekulationsskandal stürzte die Partei 2013 auf unter 24 Prozent ab. „Gut, dass es bald vorbei ist“, sagt ein müde wirkender Wahlkampfhelfer. Das ständige Aufstehen um 5.30 Uhr für Verteilaktionen geht an die Substanz.

Als gelernte Grüne ist Astrid Rössler standesgemäß mit dem Zug unterwegs. Erster Stop Hallein. Äpfel und Stoffsackerln als Wahlgeschenk. „Ich hoffe, Sie bleiben in der Regierung“, sagt eine Passantin. Die Landeshauptmann-Stellvertreterin verspricht zu kämpfen. Zu Besuch bei „Wuux“, einem Hersteller von Surfboards, schwärmt sie vom kreativen Potenzial Salzburgs. Sie lobt die unaufgeregte Regierungszeit der vergangenen fünf Jahre. Nach den 20 Prozent 2013 droht den Grünen diesmal die Halbierung.