Es sind noch blasse Indizien, doch sie geben Anlass zur Hoffnung: Der Osterlockdown in Ostösterreich dürfte wirken. Die Bewegungsdaten jener Experten, die die Regierung beraten, zeigen nämlich bereits: In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland hat sich die Mobilität in den letzten Tagen reduziert. „Wenn wir die Regeln umsetzen, die jetzt gelten, ist eine positive Tendenz zu sehen“, sagt der Simulationsforscher Niki Popper.

Im Vorfeld des Corona-Gipfels am Dienstag, bei dem die Regierungsspitze wieder mit den Landeshauptleuten berät, ist das eine entscheidende Information - die womöglich sogar dafür sorgen könnte, dass der Lockdown ausgeweitet wird.

Denn die gegenwärtige Situation unterscheidet sich stark von den Prognosen der Experten: Während sich im derzeit stark belasteten Osten eine Entspannung abzeichnet, gibt die Dynamik im Westen Anlass zur Sorge. Insbesondere in Vorarlberg. Das hat zwar immer noch die niedrigsten Infektionszahlen Österreichs und seit Mitte März auch offene Restaurants. Doch die Entwicklung geht dynamisch nach oben.

„Aus Modellsicht ist der absolute Wert der Inzidenz nur ein Aspekt“, sagt Popper: „Wichtig ist, dass wir sehen: Es geht stark nach unten.“ Das Ziel muss sein, in ganz Österreich fallende Neuinfektionen zu sehen.

Zwei Lager, viele Differenzen

Doch davon ist man weit entfernt. Die Virologin Dorothee von Laer, der Epidemiologe Gerald Gartlehner, der Bundesrettunskommandant Gerry Foitik - Sie alle haben in den letzten Tagen in Zweifel gestellt, ob der aktuelle Weg, nur den Osten in den Lockdown zu schicken, wirksam sei. Auch die Coronakommission empfahl, in ganz Österreich präventive Maßnahmen zur Kontaktreduktion zu setzen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) pocht schon seit längerem auf österreichweit einheitliche, radikalere Maßnahmen. Unterstützt wird er dabei von jenen Landeshauptleuten, die ihre Bundesländer bis 11. April in „Osterruhe“ geschickt haben. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) plädierten für die gleichen Regeln in ganz Österreich. Und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (ebenfalls SPÖ) sagte am Mittwoch zur Kleinen Zeitung: „Ich bin überzeugt, dass die anderen Bundesländer sehr schnell nachziehen werden“.

Zurückhaltung in den Bundesländern

Zwei Tage vor dem nächsten Corona-Gipfel deutet aber wenig darauf hin. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) machte am Karsamstag erneut deutlich: Schärfere Corona-Schutzmaßnahmen für den Westen hält er derzeit nicht für geboten. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) betonte in der Karwoche zwar, dass er in der Steiermark derzeit einen strengeren Lockdown nicht begründen könnte. "Das kann sich aber rasch ändern", mahnte er. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) verwies auf das Gratis-Testangebot und die allgemein gültigen Schutzmaßnahmen.

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer will derzeit von einem Lockdown genauso wenig wissen wie Tirols Landeshauptmann Günther Platter (beide ÖVP). Und auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ebenfalls ÖVP) glaubt, dass man es mit den derzeit geltenden Maßnahmen schaffen kann – obwohl die Lage "leider sehr ernst" sei.

Den aktuellen Ansatz, regionale Maßnahmen zu setzen, hält auch Niki Popper für wichtig: „Wichtig ist aber, dass man dort, wo die Zahlen hoch sind, regional eingreift. Das darf kein Lippenbekenntnis sein.“

Wie sind Öffnungen möglich?

Sind die von Sebastian Kurz in seiner Osterbotschaft angekündigten großflächigen Öffnungsschritte also realistisch? Voraussetzung dafür ist, das Infektionsgeschehen stark einzubrechen. Popper erklärt: „In den Modellen sieht man: Wenn man jetzt draufdrückt, können wir in eine stabile und dann vor allem gut planbare Situation kommen.“

Hans Peter Doskozil schlägt im Gespräch mit der Kleinen Zeitung einen Automatismus vor: „Wenn ein gewisser Schwellenwert erreicht ist, bei der Inzidenzzahl gepaart mit der Belegung auf der Intensivstation ist, dann gibt es Lockerungen.“

Auch wenn harte Maßnahmen unpopulär sind und in etlichen Bundesländern (noch) nicht als notwendig erachtet werden, wird beim Corona-Gipfel am Dienstag vor allem eine Frage heftig diskutiert werden: Wäre es nicht effizienter, schnell auf niedrige Zahlen zu kommen?