Am zweiten Tag des Ibiza-Untersuchungsausschusses drehte sich alles um die Videoaufnahmen aus der Finca. Im Zuge der Ermittlungen haben die Kriminalpolizisten bei einer Hausdurchsuchung das Ibiza-Video in voller Länge beschlagnahmt. Die Abgeordneten verlangten, dass ihnen das Material vorgelegt wird. Weil das noch nicht geschehen ist, luden sie am Freitag Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) vor. Das Wichgste in sieben Fragen:

Wer ist in Besitz der Videoaufnahme?

Sichergestellt wurden die Aufnahmen von der SOKO Tape des Bundeskriminalamtes. Den Auftrag dafür erhielt sie von zwei Behörden, die unterschiedliche Aspekte der Affäre aufarbeiten: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WkstA) prüft im Raum stehende Korruptionsvorwürfe. Die Staatsanwaltschaft Wien ist für die Aufklärung der Hintergründe der Videoerstellung zuständig.

Wieso ist das Tape nicht im U-Ausschuss?

Die Staatsanwaltschaft hätte jederzeit darauf Zugriff, sagte Innenminister Nehammer im U-Ausschuss, aber: „So lange die Staatsanwaltschaft es nicht freigibt, kann ich als Innenminister das Video nicht zur Verfügung stellen.“ Allerdings sagt Justizministerin Zadic: „Wir haben die Rohdaten nicht“. Die Staatsanwaltschaft habe die Kriminalpolizei damit beauftragt, das Material auszuwerten. Das Material ist umfangreich und bestünde aus vielen Fragmenten, die richtig zusammengefügt werden müssen. An manchen Stellen würden Tonspuren nicht zum Bild passen oder in einer anderen Sprache gesprochen. Erst wenn es einen ausgearbeiteten Bericht gibt, könne die Staatsanwaltschaft die Relevanz prüfen, sagte Zadic.

Wie lange dauert die Auswertung?

„Die Auswertung ist sehr komplex“ sagte Nehammer, es müsse zusammengefügt und übersetzt werden. Das nehme viel Zeit in Anspruch. Die Journalisten der Süddeutschen Zeitung brauchten allerdings nur drei Tage, um das gesamte Material zu sichten und von einer beglaubigten Dolmetscherin übersetzen zu lassen. „Ich verlasse mich auf die Angaben von Beamten, die gewissenhaft vorgehen“, sagte Nehammer.

Wie lange haben die Behörden das Video schon?

Das Video wurde bei einer Hausdurchsuchung am 20. April gefunden. Einen Tag später wurde ein Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Wien informiert, am 23. April schaute er sich kurze Passagen daraus an. Erst über einen Monat später, am 26. Mai, berichtete das Bundeskriminalamt offiziell an die Staatsanwaltschaft Wien vom Videofund. Am nächsten Tag ging die Kriminalpolizei mit der Information an die Öffentlichkeit. Bei der WkstA erfuhr man erst an diesem Tag davon. Nehammer sagte im U-Ausschuss aus, er hätte eine Woche oder zehn Tage davor vom Video-Fund erfahren. Justizministerin Zadic erfuhr davon erst am 27. Mai aus den Medien.

Warum erzählte Nehammer Zadić nicht vom Videofund?

Um diese Frage drückte sich der Innenminister im U-Ausschuss lange herum. Er habe mit ihr über Ermittlungserfolge gesprochen, das Video sei "im Detail" aber nicht Inhalt des Gesprächs gewesen. Weil die Staatsanwaltschaft, die im Innenministerium angesiedelt ist, über die Sicherstellung des Videos informiert war, sei es auch "nicht ursächlich meine Aufgabe, die Justizministerium zu informieren", sagte Nehammer. Zadic teilte diese Meinung: „Ich erwarte nicht vom Innenminister mich über Sicherstellung der Soko Tape zu informieren. Da gibt es andere Wege“, sagte sie. Die Staatsanwaltschaft Wien müsse ihr auch nicht jeden einzelnen Ermittlungsschritt berichten, sagte sie. „Nach oben berichtet werden müssen nur bedeutende Ermittlungsschritte.“ Was „bedeutende Ermittlungsschritte“, sind, führte sie nicht aus. Sie erzählte aber, dass nach Bekanntwerden am 27. Mai „alle in mein Zimmer gestürmt sind.“

Sind Nehammer und Zadić sich also einig?

Zumindest sind sie bemüht darum, diesen Eindruck zu vermitteln. Differenzen gibt es allerdings bei der Öffentlichkeitsarbeit. Nehammer wollte Ermittlungserfolge in einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentieren, Zadić schlug diesen Vorschlag aus. „Er meinte, wir stehen kurz vor Abschluss der Ermittlungen, aber davon sind wir noch weit entfernt“, sagte sie. Erst dann sein eine gemeinsame Pressekonferenz ihrer Ansicht nach angebracht.

Welche Schlüsse ziehen die anderen Parteien daraus?

Martin Graf von der FPÖ ist überzeugt, dass politisches Kalkül hinter den Vorgängen steckt: „Wochenlang wurde ein schriftlicher Bericht unterlassene, weil sonst der U-Ausschuss schon viel früher darüber informiert geworden wäre, dass das Video in voller Länge existiert.“ Jan Krainer von der SPÖ vermutet, dass „die Hoheit, wann es der Öffentlichkeit mitgeteilt wird, gezielt in der Hand der ÖVP gehalten werden soll.“ Bei den Neos vermutet man, dass die Auswertung bewusst so terminisiert ist, dass sie sich mit der Einvernahme von Bundeskanzler Sebastian Kurz überschneidet - und davon ablenken soll.