Die Stimmung in Washington schaukelt sich zunehmend auf. Während der Präsident angesichts des Amtsenthebungsverfahrens wie wild um sich schlägt und sich als Opfer einer Verschwörung inszeniert, tritt der Wahlkampf der Demokraten, bei dem sie den richtigen Kandidaten gegen Trump finden wollen, in Kürze in die heiße Phase. Dass sie den Präsidenten über das Impeachment-Verfahren, in dem ihm Amtsmissbrauch und Behinderung des Kongresses zur Last gelegt werden, aus dem Amt drängen können, gilt als äußerst unwahrscheinlich - im Senat, wo die Entscheidung fallen wird, halten Trumps Republikaner die Mehrheit und weiterhin treu zum Präsidenten. Heute beginnen dort die Anhörungen.

Wer steigt in den Ring?

Da scheint es schon chancenreicher, wenn auch keineswegs sicher, dass sich am 3. November an den Wahlurnen das Blatt wenden lässt. Fragt sich nur: Wer ist die richtige Kandidatin, der richtige Herausforderer, um Trump tatsächlich besiegen zu können? In den USA ist es üblich, dass die großen Zeitungen Wahlempfehlungen abgeben, die dann oft große Breitenwirkung entfalten. Und die "New York Times" (NYT) hat da am Montag eine überraschende Entscheidung getroffen: Sie empfiehlt, die Demokraten sollten Elizabeth Warren oder Amy Klobuchar aufstellen. Die beiden Frauen wären am besten geeignet, Trump zu schlagen. Für Ex-Vizepräsident Joe Biden (77) hingegen, der lange Zeit als einer der Favoriten galt, sei es Zeit, "den Staffelstab weiterzugeben". Selbiges gelte für den "demokratischen Sozialisten" Bernie Sanders, der zuletzt bei den Spenden und in den Umfragen stark zulegte. Sanders gehe ebenfalls auf die 80 zu, seine Gesundheit nach dem Herzinfarkt im Oktober sei Grund zur Sorge. In seinem politischen Auftreten lasse Sanders zu wenig Kompromissbereitschaft erkennen.

Eine eindeutige Strategie, wie sich Trump besiegen lässt, haben bisher weder die Demokraten noch die Analysten zu bieten: Amy Klobuchar, die bisher nicht unbedingt zum Favoritenkreis zählte, gilt als Vertreterin des moderaten Demokratenflügels; Elizabeth Warren steht für die Partelinke. Beides könnte aus Sicht der NYT zum Erfolg führen: Die beiden Frauen seien "die effektivsten Fürsprecherinnen" des jeweiligen Lagers, so die Führung der "New York Times".

Strategie 1 und 2: Charisma und gute Geschichten

Während Klobuchar, Senatorin aus Minnesota, das Charisma und die Entschlossenheit des Mittleren Westens verkörpere, sei Warren "eine talentierte Geschichtenerzählerin". Eine Präferenz für eine der beiden ließ die Zeitung nicht erkennen.

Am 3. Februar, also in zwei Wochen, findet bei den Demokraten die erste Vorwahl in Iowa statt - in dem ländlichen Bundesstaat könnte sich das Bewerber-Feld lichten. Wer es in Iowa nicht unter die ersten drei oder vier Bewerber schafft,  wird sich schwer tun, weiterhin Spender zu finden - das könnte den Ausstieg aus dem Rennen bedeuten.  Die beiden Kandidaten des linken Flügels - Elizabeth Warren und Bernie Sanders - werden sich dabei gegenseitig Stimmen streitig machen. Ihre moderaten Konkurrenten - zu denen neben Klobuchar und Biden auch der ehemalige Bürgermeister Pete Buttigieg zählt - möchten davon profitieren.

Strategie 3: Wähler mobilisieren!

Den stärker links positionierten Demokraten wird zugetraut, die potenziellen Wähler der Demokraten stärker mobilisieren zu können als die Moderaten. In Zeiten zugespitzer Polarisierung, wo die Trump-Klientel  ohnehin kaum zu gewinnen ist, könnte sich dies im November als wahlentscheidend erweisen. Das zeigt das Beispiel Bernie Sanders: Dass der parteilose Senator, der sich selbst einen "Sozialisten" nennt, so kurz vor dem Wahltag von Iowa die höchsten Spendeneinnahmen hat und in den Umfragen steigt, gilt als Überraschung des Wahljahres. Sanders führt einen emotionalen Wahlkampf und polarisiert: Der Mann sei aufrichtig um die Zukunft besorgt, verstehe die Themen der Jugend, wolle wirklich eine gesunde Erde hinterlassen, argumentieren seine Anhänger.  Sanders sei ein überdrehter Wüterich, meinen die anderen.

Strategie 4: Viel, viel Geld

Und dann gibt es noch den Kandidaten, der alle TV-Duelle spritzt und erst im März in die Vorwahlen einsteigen will: Michael Bloomberg, steinreicher Medien-Tycoon und legendärer Bürgermeister von New York, steckt schon jetzt Summen in den Wahlkampf, die die Ausgaben der anderen zum Teil um das Zehnfache übersteigen. An seinem Beispiel wird sich zeigen, ob sich mit Geld die üblichen Mechanismen der Wahlkämpfe aushebeln lassen. Alleine beim Super-Bowl-Finale wird Bloomberg zehn Millionen Dollar für einen Werbespot ausgeben. Zugleich deutete Bloomberg an, auch bei einer persönlichen Niederlage einen anderen demokratischen Kandidaten finanziell zu unterstützen: Hauptsache Trump fliegt aus dem Amt.

Ob es soweit kommt, bleibt abzuwarten: Im Moment sieht es so aus, dass der Präsident die Aufregung um das Amtsenthebungsverfahren recht geschickt für sich selbst: Die Vorwürfe gegen ihn seien ein "gefährlicher Angriff auf das Recht der Amerikaner, ihren Präsidenten frei zu wählen". Auch das ein Versuch, die eigenen Wähler zu mobilisieren.