Die Schließungspläne von Bezirksgerichten in einem internen Papier des Justizministeriums haben am Donnerstag Wellen geschlagen. Bezirksgerichte in allen Ländern mit Ausnahme der Bundeshauptstadt Wien sind laut dem Papier, das der APA vorliegt, von Schließungsplänen betroffen. Die Schließungspläne sorgten bei der FPÖ in Niederösterreich und bei der SPÖ und ÖVP im Burgenland.

Aus dem Justizministerium hieß es gegenüber der APA, dass es sich dabei lediglich um ein "internes Arbeitspapier" handle. In Kärnten sollen fünf von elf, in Tirol fünf von 13 Standorten geschlossen werden. Verhältnismäßig geringere Auswirkungen hätten die Pläne für Ober- und Niederösterreich, gibt es in diesen beiden großen Länder doch viel mehr Bezirksgerichte.

Zunehmende Digitalisierung

Argumentiert wird in dem internen Papier, "dass eine moderne, den Interessen und Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger verpflichtete Justiz den sich aus der zunehmenden Digitalisierung ergebenden Anforderungen gerecht werden und die dabei entstehenden Synergieeffekte nutzen muss". Dies lasse sich nur mit einer "grundlegenden Strukturreform bewerkstelligen".

Konkret heißt das, dass Bezirksgerichte in allen Bundesländern - außer in Wien - zusammengelegt werden sollten. Im Burgenland würden etwa Standorte in Mattersburg und Oberpullendorf wegfallen, das sind immerhin zwei von bisher sechs. Für Niederösterreich wird in dem Papier vorgeschlagen, vier von 26 Standorten zu schließen und zwar Bruck an der Leitha, in Scheibbs, Lilienfeld und Gmünd.

Die Schließungspläne wurden am Freitag heftig durch die FPÖ Niederösterreich kritisiert. Landesobmann Udo Landbauer sprach von einem "gezielten Anschlag auf den ländlichen Raum". Gleichzeitig kündigten die Freiheitlichen an, im Landtag einen auf Gerichts-Standortgarantie abzielenden Antrag einzubringen.

Burgenland besonders betroffen

Sollten tatsächlich die Standorte in Oberpullendorf und Mattersburg betroffen sein, würde das die Schließung von einem Drittel der Bezirksgerichte im Burgenland bedeuten, betonte SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst. Die SPÖ sieht in den Schließungsplänen einen "Anschlag auf den ländlichen Raum", den man sich nicht gefallen lassen wolle. Die Lebensqualität werde durch die Schließungen "enorm beschnitten".

Auch die ÖVP bekannte sich in einer Aussendung zum "Erhalt der Bezirksgerichte". Es brauche ein wohnortnahes und bürgerfreundliches Service der Verwaltung, sagten die Bezirksparteiobmänner aus Mattersburg und Oberpullendorf, Christian Sagartz und Nikolaus Berlakovich. Schon die Schließung des Bezirksgerichts in Jennersdorf, das Anfang 2018 mit dem Bezirksgericht Güssing zusammengelegt wurde, sei eine großer Fehler gewesen. Diesen dürfe man nicht wiederholen, betonte die ÖVP.

"Das bedeutet eine weitere Ausdünnung des ländlichen Raumes und geht wieder zulasten der Lebensqualität unserer Landsleute", kritisierte Landbauer. Die Kritik des FP-Landes- und Klubobmanns richtet sich auch an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Ich bezweifle stark, dass die Landeshauptfrau dieses Dokument nicht kennt bzw. nicht in die Pläne des Justizministeriums eingeweiht war. Mit der Dezentralisierungsoffensive der ÖVP NÖ passt das jedenfalls gar nicht zusammen." Landbauer mutmaßt, dass die Einsparungspläne bis nach der Gemeinderatswahl am 26. Jänner 2020 zurückhalten würden.

In der Steiermark wären drei von 15 Bezirksgerichten von der Zusammenlegung betroffen: Mürzzuschlag, Murau und Schladming. Für Kärnten werden Feldkirchen, Hermagor, Ferlach, Bleiburg und Eisenkappel vorgeschlagen. In Oberösterreich wäre nur Eferding betroffen - eines von insgesamt 18 Bezirksgerichten. In Salzburg würden drei Bezirksgerichte von derzeit acht - Neumarkt, Oberndorf und Thalgau - zum neuen Standort "Seekirchen/Wallersee" fusionieren.

Stark betroffen wäre auch Tirol. Das Papier sieht die Schließung der Bezirksgerichte in Telfs, Landeck, Silz, Zell am Ziller und Rattenberg vor. In Vorarlberg würde laut dem Arbeitspapier nur ein Standort von allerdings derzeit bloß vier schließen, nämlich Bezau.

Konkrete Pläne gebe es keine, so Ministeriumssprecherin Britta Tichy-Martin: "Das ist unter der Übergangsregierung kein Thema." Überhaupt hätte man - stünden Schließungen bevor - zuerst den Kontakt zu den betroffenen Ländern und den Institutionen gesucht.

Die Arbeitsgruppe sei noch unter Ex-Justizminister Josef Moser (ÖVP) ins Leben gerufen und mit Experten aus dem Justizbereich besetzt worden. Diese hätten den Auftrag gehabt, ein Papier zu erarbeiten, wie eine Strukturreform ausschauen könnte, bzw. einzelne Bereiche effizienter gestaltet werden könnten. Das Papier liege schon seit längerem vor. Jedenfalls seien die Pläne für den derzeitigen Justizminister Clemens Jabloner "kein Thema", so Tichy-Martin.

Laut Moser war nie explizit geplant, Bezirksgerichte zu schließen. Auftrag jener von ihm eingerichteter Arbeitsgruppe sei es stattdessen gewesen, das Gerichtswesen in Österreich generell weiterzuentwickeln, sagte seine Sprecherin am Donnerstag zur APA. Zudem sei Moser nicht mehr Minister gewesen, als die Arbeitsgruppe im Juli ihren Endbericht präsentierte.