Der britische Justizminister David Gauke hat seinen Rücktritt angekündigt, sollte Boris Johnson neuer Premierminister werden. Er könne nicht mit einem Regierungschef zusammenarbeiten, der einen EU-Austritt ohne Vertrag (No Deal) verfolge, sagte Gauk der "Sunday Times".

Ein ungeregelter Brexit sei eine "nationale Demütigung". Er werde Premierministerin Theresa May sein Rücktrittsgesuch am Mittwoch überreichen, bevor er von ihrem Nachfolger gefeuert werde.

In London wird mit weiteren Rücktritten EU-freundlicher Minister in den nächsten Tagen im Falle eines Siegs Johnsons gerechnet. Dazu könnten Wirtschaftsminister Greg Clark, Finanzminister Philip Hammond und Entwicklungshilfeminister Rory Stewart gehören. Mit ihrem Schritt würden sie wohl alle einer Entlassung durch Johnson zuvorkommen.

Hammond kann sich sogar vorstellen, den neuen Premier aus der eigenen Partei zu stürzen, um einen ungeordneten Austritt Großbritanniens zu verhindern. Er könnte eine Führungsfigur der proeuropäischen Rebellen in der Tory-Fraktion werden. "Ich werde von der Hinterbank aus alles tun, um sicherzustellen, dass das Parlament einen ungeordneten Brexit blockiert", hatte er kürzlich der "Süddeutschen Zeitung" gesagt.

Mehrere Tory-Parlamentarier überlegen laut "Sunday Times" außerdem, sich den Liberaldemokraten anzuschließen. Die Regierung verfügt nur über eine Mehrheit von wenigen Stimmen.

Johnson gilt als haushoher Favorit

Johnson gilt als haushoher Favorit im parteiinternen Rennen um das Amt des Tory- und damit auch des Regierungschefs. Trotz seines polterigen Auftretens und seiner Fauxpas auf internationalem Parkett: Viele Tories trauen ihm zu, enttäuschte Brexit-Wähler wieder ins Boot zu holen.

Hunt werden kaum Chancen eingeräumt

Am Dienstag wird die Konservative Partei verkünden, für welchen Kandidaten - Johnson oder Außenminister Jeremy Hunt - sich ihre etwa 160.000 Mitglieder per Briefwahl entschieden haben. Hunt werden kaum Chancen eingeräumt. Der Sieger wird noch am Mittwoch das Amt übernehmen und von der 93-jährigen Königin Elizabeth II. empfangen.

Johnson will Großbritannien am 31. Oktober aus der Europäischen Union führen - "komme, was wolle". Dabei drohte er Brüssel mehrmals mit einem Austritt ohne Abkommen. Das hätte allerdings erhebliche Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.