Gibt es nicht noch eine große Vorzugsstimmen-Überraschung, sind 13 der 18 bei dieser Wahl gekürten österreichischen Abgeordneten neu im Europaparlament. Ganz fest steht die neue Riege allerdings noch nicht: Denn der über "Ibizagate" gestolperte Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat noch nicht mitgeteilt, ob er das ihm über die Vorzugsstimmen überraschend zugefallene Mandat annehmen wird.

Strache hatte auf seinem Facebook-Auftritt zunächst gepostet, das Mandat anzunehmen, dies aber nach wenigen Minuten wieder gelöscht. Im Hintergrund dürfte ein Poker zwischen Strache und seiner Partei laufen, die ihn zum Verzicht bewegen will. Ein Parteiausschluss stand Dienstagvormittag aber außer Frage, habe Strache doch trotz "Ibizagate" zu viele Anhänger unter den FPÖ-Wählern.

Entscheidung über EU-Mandat bis 2. Juli

Unternimmt Strache bis zur konstituierenden Sitzung des neuen EU-Parlaments am 2. Juli nichts, erhält er automatisch das Mandat. Nimmt Strache sein Mandat tatsächlich an, hätte das zwei Auswirkungen: Die ohne ihn hohe Frauenquote der Österreicher-Riege von 50 Prozent würde auf 44 Prozent sinken. Denn Straches Einzug ginge zulasten der FPÖ-Abgeordneten Petra Steger - und die FPÖ hätte dann eine Frauenquote von Null. Und da Steger auch deutlich jünger ist als Strache - der demnächst den 50er feiert - stiege das Durchschnittsalter um ein Jahr auf etwas über 48.

Der älteste heimische EU-Parlamentarier ist übrigens ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas, und zwar sowohl an Jahren (mit 61) als auch an Erfahrung (er ist seit 1999 EU-Parlamentarier). Ob er Delegationsleiter bleibt, ist nach dem sich abzeichnenden Vorzugsstimmenergebnis offen - denn da hat laut bisher vorliegenden Zahlen Listenzweite Karoline Edtstadler die Nase vorne.

Jüngster Europaparlamentarier

Der künftig jüngste österreichische Europaparlamentarier kommt über das Vorzugsstimmenmodell der ÖVP nach Straßburg: Der niederösterreichische Bauernbündler Alexander Bernhuber (eigentlich Elfter auf der Liste) ist erst 27 Jahre alt. Ebenfalls ihren vielen Vorzugsstimmen verdankt die Tiroler Wirtschaftsfbündlerin Barbara Thaler, dass sie vom 8. Listenplatz den Sprung nach Straßburg schafft - obwohl die ÖVP nur sieben Mandate hat. Dass sich Bernhuber und Thaler durchsetzten, brachte den Ex-ORF-Star Wolfram Pirchner und den Burgenländer Christian Sagartz (auf Platz 6 und 7) um die Mandate.

Mit vier Frauen hat die ÖVP künftig die höchste Frauenquote - nämlich 57 Prozent. Die SPÖ bringt es nur auf 40 - verpasste Julia Herr auf Platz 6 doch den Einzug. Die FPÖ käme mit Steger auf 33 Prozent, mit Strache auf null. Die Grünen besetzen ihre zwei Mandate zur Hälfte weiblich - und das eine NEOS-Mandat gehört Spitzenkandidiatin Claudia Gamon.

Neue Österreich-Riege

Die voraussichtliche neue Österreich-Riege im EU-Parlament:

ÖVP: Othmar Karas, Karoline Edtstadler, Angelika Winzig, Simone Schmiedtbauer,  Lukas Mandl, Barbara Thaler, Alexander Bernhuber

SPÖ: Andreas Schieder, Evelyn Regner, Günther Sidl, Bettina Vollath, Hannes Heide

FPÖ: Harald Vilimsky, Georg Mayer, Petra Steger oder Heinz-Christian Strache

Grüne: Werner Kogler, Sarah Wiener

Neos: Claudia Gamon