Am 96. Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat heute der Zeuge Heinrich Traumüller, einst Kabinettchef des nunmehr Hauptangeklagten Grasser, die Justiz aufgefordert, der Spur nach Kärnten zu folgen - konkret zum verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider. Er sagte auch aus, dass die Zahl 960 Mio. Euro, das Limit des Bieters CA Immo, eine wichtige Info gewesen sei.

Mit dem Verweis auf Kärnten stützte er die Aussagen des Zweitangeklagten Walter Meischberger, der sich damit verteidigt, er habe seinen Insidertipp zur Privatisierung der Bundeswohnungen von Haider und nicht von Grasser bekommen.

Denn durch das Vorkaufsrecht Kärntens für einen Teil der Bundeswohnungen habe es Kärnten in der Hand gehabt, wer den Zuschlag für das Gesamtpaket (Buwog und andere Wohnbaugenossenschaften) erhält. Wer frühzeitig wusste, ob Kärnten dieses Vorkaufsrecht nutzen werde, habe über eine entscheidende Insiderinformation verfügt. Und wissen hätten das viele können, denn im Ministerium herrschte eine Politik der offenen Tür, so Traumüller zu Richterin Marion Hohenecker heute.

Diese wiederum verwies darauf, dass für den Zuschlag letztendlich der Kaufpreis entscheidend war - was Traumüller bejahte. Die Zahl 960 Mio. Euro, das Finanzierungslimit der CA Immo, sei bei der Sitzung im Gelben Salon des Finanzministeriums am 7. Juni 2004 allen Teilnehmern bekanntgegeben worden. Diese "Geheimnisträger" müsste man alle genau einvernehmen, ob sie dies an Kärnten weitergegeben hätten, forderte Traumüller. Es könne eine Achse Klagenfurt-Linz geben, denn schließlich habe sich Haiders Finanzreferent mit dem damaligen RLB-OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger im Zuge des Bieterverfahrens getroffen. Hingegen sagte der dazu befragte damalige Kärntner Finanzreferent, er war erst nach dem Zuschlag in Linz.

Kurzfristig ergriff dann Meischberger das Wort und betonte, dass er seit Jahren auf die Rolle Jörg Haiders hinweise. Von Haider will Meischberger den Tipp haben, wie viel für die Bundeswohnungen geboten werden muss um den Zuschlag zu erhalten. Dieser ging für 961 Mio. Euro an ein Konsortium aus Immofinanz und RLB OÖ. Der unterlegene Bieter CA Immo hatte 960 Mio. Euro geboten. Laut Anklage kam die Info von Grasser, der auch von der Millionenprovision profitiert haben soll - was Grasser und Meischberger dementieren. Meischberger spekulierte heute, dass vor Haider vielleicht mehrere Personen die Info aus dem Finanzministerium hinausgetragen hätten, also mehrere Unbekannte - "mehrere N.N.s", fiel die Richterin ein.

Meischberger hatte in seinen Aussagen vor Gericht betont, dass das Wissen um die 960 Mio. Euro nicht von sonderlicher Bedeutung war, da diese Summe in der Branche weitläufig bekannt gewesen wäre. Offen blieb dabei, warum dann Meischberger und der Mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger für den Tipp mit den 960 Mio. Euro von der Immofinanz im Geheimen eine Provision - über Scheinrechnungen - von 9,6 Mio. Euro erhielten, genau ein Prozent des Kaufpreises. Im Widerspruch zu Meischberger betonte heute Traumüller, dass die Information über die 960 Mio. Euro wichtig gewesen sei - denn die CA Immo habe sich ja schließlich in der zweiten Bieterrunde wirklich an dieses Limit gehalten.

Traumüller meinte heute auf Nachfrage von Richterin Marion Hohenecker, dass der knappe Abstand bei den beiden Angeboten schon von den mit der Privatisierung involvierten Personen besprochen wurde. Frage der Richterin: "Von Herrn Magister Grasser auch?" Antwort Traumüller: "Nein". Und auch er, Traumüller, habe dem knappen Abstand keine Bedeutung zugemessen, da das Bieterverfahren schon sehr ausgereizt gewesen sei.

Wer die Infos nach Kärnten getragen haben könnte, konnte Traumüller heute nicht sagen. Er erwähnte mehrfach einen bereits vernommenen Zeugen sowie den damaligen Bautensprecher der FPÖ, Detlev Neudeck, der auch Finanzreferent der FPÖ war, und nahm das Wort "Parteienfinanzierung" in den Mund. Er betonte aber, dass er hier nur spekuliere - was Richterin Hohenecker "ausnahmsweise" heute zuließ.

Traumüller muss nächsten Dienstag noch einmal aussagen, wobei er schon heute kundtat, dass ihm Fragen zu seinen Aussagen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss gesundheitliche Probleme bereiten würden und er diese nicht beantworten möchte, denn der U-Auschuss sei ein "Tribunal" gewesen. Die Richterin belehrte ihn daraufhin, dass sie gewisse Fragen stellen müsse - und der Zeuge diese zu beantworten habe.