Der Brexit hat einer Umfrage zufolge auch Auswirkungen auf die Gesundheit vieler Briten: Laut der am Freitag veröffentlichten Umfrage im Auftrag der Mental Health Foundation (MHF) gaben 43 Prozent der Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten ein Gefühl von Machtlosigkeit verspürt zu haben.

39 Prozent waren wütend und 38 Prozent besorgt wegen des Austritts ihres Landes aus der Europäischen Union. 17 Prozent berichteten, der Brexit verursache bei ihnen ein "hohes Stresslevel". Rund 26 Prozent gaben an, im zurückliegenden Jahr durch den Brexit keine Veränderung verspürt zu haben. Lediglich neun Prozent stimmte der Brexit hoffnungsvoll, drei Prozent froh und zwei Prozent zuversichtlich.

2016 waren 52 Prozent für Austritt

Beim Brexit-Referendum 2016 hatten 52 Prozent der Briten für den EU-Austritt gestimmt und 48 Prozent dagegen. MHF-Chef Mark Rowland sagte, dass das Angstgefühl unter den Brexit-Gegnern in der Umfrage drei Mal so hoch gewesen sei wie unter den Brexit-Befürwortern. Beim Gefühl der Machtlosigkeit sei aber bei beiden Lagern praktisch kein Unterschied zu sehen.

Geografisch zeigte sich in der Umfrage zudem: Je näher die Menschen an London wohnen, desto besorgter sind sie. "Und das trotz der Tatsache, dass sich der Brexit wahrscheinlich weniger stark auf die städtischen Gegenden auswirken wird", sagte Rowland.

Für die YouGov-Umfrage wurden zwischen dem 12. und 13. März insgesamt 1.823 erwachsene Briten befragt.

Große Anti-Brexit-Demo

Mit einer großen Demonstration will die Kampagne "People's Vote" an diesem Samstag in London für ein zweites Brexit-Referendum demonstrieren. "Wir erwarten bis zu 700.000 Teilnehmer", sagte ein Sprecher der Kampagne, Barney Pell Scholes, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Demonstranten versammeln sich ab 14 Uhr MEZ. Eine halbe Stunde später soll sich der Protestzug in Bewegung setzen. Die Strecke führt mitten durch die britische Hauptstadt bis zum Parlament.

Kurz: EU-Wahl-Teilnahme wäre absurd

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat bekräftigt, dass er eine Teilnahme der Briten an der EU-Wahl für absurd halten würde. "Definitiv, wenn ein Land aus der Europäischen Union aussteigen möchte, wäre es mehr als verwunderlich, wenn sie trotzdem an der Wahl zum Europäischen Parlament teilnehmen", sagte Kurz am Freitag am zweiten Tag des EU-Gipfels in Brüssel.

Dies sei auch die Mehrheitsmeinung bei den EU-Staats- und Regierungschefs, betonte Kurz. "Der Ball bliebt beim britischen Unterhaus, und uns bleibt wieder einmal zu hoffen, dass es vielleicht doch eine Mehrheit dort geben könnte. Wenn es diese nicht gibt, dann rückt der Hard Brexit wieder einen Schritt näher."

Noch kein Datum für dritte Abstimmung

Nach einem Ausschluss eines harten Brexit ohne Vertrag mit 29. März und einer Verschiebung der Entscheidung bis zumindest 12. April gab es Freitagfrüh in London noch kein Datum für die dritte Abstimmung über den von Premierministerin Theresa May mit der EU ausverhandelten Deal. Dieser Deal wurde bereits zwei Mal von britischen Parlamentariern abgelehnt.

Laut BBC soll die Debatte darüber am Montag stattfinden, ein Datum für die Abstimmung sei aber noch nicht fixiert. Unklar ist auch, wie sich der britische Parlamentspräsident John Bercow verhält. Er hatte zuletzt ausgeschlossen, ein drittes Mal über den gleichen Vertrag abstimmen zu lassen.

Bettel: Chancen für Deal 50:50

Der luxemburgische Premier Xavier Bettel sieht die Chancen für das Erreichen eines Brexit-Deals 50:50. Vor Beginn des zweiten EU-Gipfeltags sagte Bettel am Freitag in Brüssel, das "beste Ergebnis wäre ein Verbleib" der Briten in der EU. Lob gab es von Bettel für die britische Premierministerin May. Bettel sagte, May sei derzeit noch in London und versuche die Abgeordneten zu überzeugen.

"Sie tut alles, um den Deal durch das Unterhaus zu bekommen", so Bettel. May habe ihm eine SMS geschickt. Dies zeige, dass sie eine Vereinbarung haben wolle. Angesprochen auf die Verlängerung des Brexits meinte der luxemburgische Premier, "wenn wir es fertig bringen, in den nächsten Tagen eine Zustimmung zu bekommen, hat sich das schon rentiert, ein paar Wochen mehr zu geben. Wenn nicht, haben wir einen Fehler" gemacht.

Jedenfalls "habe ich sehr gut geschlafen". Scherzhaft fügte Bettel hinzu, die "Uhr tickt schon richtig. Wir haben zwar einen Zeitunterschied mit London, aber der ist gestern näher gekommen".