Der Premier des Kosovo, Ramush Haradinaj, kann dem Vorschlag des kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci, für ein Abkommen mit Serbien auch Grenzkorrekturen und einen Gebietsaustausch in Kauf zu nehmen, nichts abgewinnen. "Die Grenzfrage erneut zu öffnen würde nicht nur den Kosovo, sondern die ganze Region destabilisieren", sagte Haradinaj im Interview mit der Tagezeitung "Die Presse" (Dienstag).

"Keine Grenze auf dem Balkan ist alt oder stabil", hielt Haradinaj fest. Dem Kosovo sei an einem dauerhaften Abkommen mit Serbien gelegen. "Aber wir werden dafür nicht um Gebiete und Grenzen zocken. Das ist keine Lösung, das ist gefährlich. Dazu wird es nicht kommen." Enttäuscht zeigte sich der Politiker der "Allianz für die Zukunft des Kosovo" (AAK) von der EU. "Die letzte Bedingung der EU zur Gewährung eines visafreien Regimes für Kosovaren war ein Grenzabkommen mit Montenegro. Wir erfüllten diese Bedingung. Aber die EU hat bis heute nicht geliefert."

Dialog auf Abwegen

Unter der Führung der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini sei der Dialog mit Serbien vielmehr auf Abwege geraten. "Statt über die Normalisierung der Beziehungen wurde über Grenzen, Territorien und andere Bedrohungen für die Region gesprochen. Niemand hatte erwartet, dass ausgerechnet von Brüssel diese Debatten der Vergangenheit erneut zu uns kommen würden. Diese Herangehensweise ist völlig verkehrt."

Das 20 Jahre nach dem Kosovo-Krieg in Den Haag erneut gegen Mitglieder der ehemaligen Kosovo-Befreiungsarmee UCK wegen des Verdachts von Kriegsverbrechen ermittelt wird, nimmt der frühere UCK-Kommandant mit "Ermüdung" zur Kenntnis. "Schon seit 20 Jahren wird immer aufs Neue ermittelt." Erst sei dies durch die Ankläger der UN-Verwaltung UNMIK geschehen, dann durch das Jugoslawien-Tribunal sowie die EU-Rechtsmission EULEX. Nun komme es "mit dem neuen UN-Sondergerichtshof" zu einem vierten Anlauf, so Haradinaj zur "Presse". "Es gibt hier eine gewisse Ermattung. Aber es gibt für uns als Staat natürlich keinerlei Grund, das Recht zu missachten. Wir werden alle Verpflichtungen erfüllen." Sollte er selbst auch wieder nach Den Haag vorgeladen werde, werde er jedenfalls "hinfahren".