Das Parlament in der kosovarischen Hauptstadt Prishtina hat am Freitagvormittag für die Schaffung einer eigenen Armee gestimmt. Dazu wurden drei Gesetze verabschiedet, mit denen die Grundlage dafür geschaffen werden soll. Bisher sind die Sicherheitskräfte des Kosovo (KSF) nur für den Katastrophenschutz zuständig. Der Aufbau der regulären Streitkräfte dürfte noch Jahre dauern. Serbien, das die Unabhängigkeit seiner einstigen Provinz Kosovo nach zehn Jahren immer noch nicht anerkennt, läuft jedoch Sturm gegen die Schaffung einer Armee.

Der Parlamentssitzung wohnten 107 der 120 Abgeordneten bei. Sie alle stimmten für die Schaffung einer eigenen Armee. Die Abgeordneten der mitregierenden, belgrad-treuen "Serbischen Liste", die gegen die Armee sind, boykottierten die Sitzung. Die derzeitigen Sicherheitskräfte haben 2.500 Angehörige, die künftige Armee soll laut Medienberichten etwa 5.000 Angehörige im aktiven Militärdienst und etwa 3.000 Reservisten haben.

Nach dem Beschluss des kosovarischen Parlaments für eine eigene Armee will die NATO-Militärallianz ihren dortigen Einsatz überprüfen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am Donnerstag, er bedauere die Entscheidung, die trotz Bedenken der NATO gefasst worden sei.

Nato-Chef fordert Dialog

Die Umwandlung der leicht bewaffneten, nur für den Katastrophenschutz zuständigen Kosovo-Sicherheitskräfte (FSK) in eine reguläre Armee sei zwar Pristinas Angelegenheit. Die NATO habe aber klar gemacht, dass dies zu einem schlechten Zeitpunkt erfolge. Notwendig seien Fortschritte durch Reformen und Dialog. 

Deshalb müsse die Allianz nun das Ausmaß ihrer Unterstützung für die FSK erneut prüfen. Die NATO bleibe durch die von ihr geführte KFOR-Truppe, an der auch Österreich beteiligt ist, der Sicherheit im Kosovo und der Stabilität auf dem westlichen Balkan verpflichtet.

Angespannte Situation

Die Armeegründung fällt in eine Zeit, in der die Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo wieder einmal dem Siedepunkt zustreben. Vor drei Wochen führte Pristina einen faktischen Blockadezoll in Höhe von 100 Prozent auf Waren aus Serbien ein. Der umstrittenen Maßnahme waren zahllose Schikanen Belgrads gegenüber dem Kosovo vorausgegangen. So kämpft Serbien - zusammen mit Russland - beharrlich dafür, dass der Kosovo nicht in internationale Organisationen aufgenommen wird. Erst im Vormonat scheiterte das Ansuchen Pristinas, Mitglied im Weltpolizeiverbund Interpol zu werden.

Die neuen Gesetze sehen vor, die bisherige Katastrophenschutz-Truppe schrittweise in eine reguläre Armee umzuwandeln. Es ist ein Prozess, der auf zehn Jahre angelegt ist. Und an dessen Ende eine Streitmacht stehen wird, die gerade mal über eine Handvoll Haubitzen und Helikopter verfügen wird, aber weder über Kampfpanzer noch Flugzeuge.

Trotzdem sorgt der Schritt für starke Irritationen in der Region.

Belgrad ist über das Ansinnen der Kosovaren, sich eine eigene Armee zu schaffen, empört. Die serbische Minderheit im Kosovo laufe Gefahr, gewaltsam vertrieben zu werden, heißt es alarmistisch.