Mit einem Besuch im Vorzeigeland Äthiopien hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag seine dreitägige Ostafrika-Reise gestartet. Man erwarte sich vor allem stärkere Handelsbeziehungen, Investitionen und technischen Austausch, erklärten Kurz und der äthiopische Premier Abiy Ahmed bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in der Hauptstadt Addis Abeba.

Österreich sei einer der "ältesten Freunde" Äthiopiens, betonte Premier Abiy, der Kurz mehrmals als seinen "Bruder" bezeichnete und von einem "historischen Besuch" sprach. Das Gespräch sei "sehr ergiebig" gewesen. Er hoffe nun, dass dem auch Resultate folgen werden, so der äthiopische Premier, der jüngste Regierungschef Afrikas. Kurz wiederum sprach Abiy seine Anerkennung für die Reformen der vergangenen Monate aus.

Premier Abiy ist erst seit dem heurigen April im Amt - und er hat große Pläne. Nachdem er sich in diesem Sommer scheinbar über Nacht mit dem Nachbarland Eritrea aussöhnte und einen Kompromissvorschlag für die Grenzziehung akzeptiert hatte, versucht er, demokratische Reformen voranzutreiben. Ein viel kritisiertes NGO-Gesetz wurde erneuert und soll der Zivilgesellschaft wieder mehr Raum geben. Die Hälfte der neuen Regierung ist weiblich, so auch das Staatsoberhaupt, die Vorsitzende der Wahlkommission und des Obersten Gerichtshofes. Hier sei Äthiopien jedenfalls ein Vorbild, dem Österreich folgen werde, scherzte Kurz in Anspielung auf den vergleichsweise geringen Frauenanteil in der österreichischen Regierung.

Ruanda

In Äthiopien, so auch in Ruanda - zweite Station des Trips - herrsche eine "Aufbruchsstimmung", so Kurz. Beobachter sprechen von einem Wandel "gigantischen" Ausmaßes. In Abiy wird große Hoffnung gesetzt, die Bevölkerung sieht ihn gerne als "Messias". Ob er den Erwartungen auch entsprechen kann? "So lange die Leute an unserer Seite sind, schaffen wir das", zeigte sich Abiy zuversichtlich. Er wolle die positive Energie aufgreifen und diese "Hand in Hand" mit der Bevölkerung für den Wandel des Landes nutzen.

Problematisch war bisher die Menschenrechtslage. Den Aspekt wolle er auf jeden Fall zur Sprache bringen, versicherte Kurz zu Beginn der Reise vor Journalisten, bei der Pressekonferenz war dies allerdings kein Thema. Bis vor der Öffnung des Landes wurde das Land am Horn von Afrika immer wieder wegen seiner autokratischen Regierungsführung kritisiert.

Den derzeitigen Veränderungsprozess gilt es nun von internationaler Seite her zu unterstützen, sagte Astrid Wein, Leiterin des Koordinationsbüros der Austrian Development Agency (ADA) in Addis Abeba, im Gespräch mit der APA. Denn Veränderung bringe immer auch Konfliktpotenzial mit sich. In den vergangenen zehn Jahren unterstützte Österreich die Region Ostafrika und das Horn von Afrika über die ADA mit 61,5 Millionen Euro. Für 2019 beläuft sich das Budget für rund 7,5 Millionen Euro. Äthiopien ist seit 1992 Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA).

Ignoranz

Bisher sei Afrika von Europa oft ignoriert worden, kritisierte Abiy. Kurz wolle dies nun ändern, er sei ein "großer Visionär", lobte der 42-Jährige Äthiopier. Die dreitägige Afrika-Reise des Kanzlers dient vor allem der Vorbereitung des für 18. Dezember in Wien geplanten EU-Afrika-Forums. Dieses steht unter dem Motto "Innovation und Digitalisierung".

Tatsächlich sind Besuche österreichischer Kanzler in Subsahara-Afrika ziemlich rar. Seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Äthiopien und Österreich vor mehr als 100 Jahren ist Kurz laut Botschaft in Addis Abeba der erste Regierungschef, der das Land besucht. Entsprechend aufwendig war deshalb auch Empfang der Delegation, zu der auch einige Wirtschaftstreibende zählen, am Donnerstag: Bereits am Flughafen wurde Kurz von Außenminister Workneh Gebeyehu, später mit militärischen Ehren beim Präsidentenpalast von Abiy empfangen. Entlang der gesamten Strecke vom Flughafen zum Regierungssitz wehten zudem sowohl zahlreiche österreichische als auch die äthiopische Fahnen, daneben Bilder von Kurz und Abiy.