Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) haben am Mittwoch im Nationalrat den Ausstieg Österreichs aus dem UN-Migrationspakt verteidigt. Hauptgrund sei die Sorge um die Vermischung von Schutzsuche und Arbeitsmigration, so Kurz. Eine Abkehr vom Multilateralismus sei die Entscheidung aber nicht. Von der Opposition setzte es geharnischte Kritik.

An die Spitze setzten sich dabei die NEOS, die den Pakt zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht hatten und Kurz vorwarfen, Österreichs Ruf am diplomatischen Parkett zu ruinieren. Er tue dies "in einer Weise, die meiner Meinung nach dem Populismus und dem Haschen nach Applaus am Stammtisch Vorschub leistet in unseren Land", sagte Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. Die Begründung sei abenteuerlich und abstrus, sie mache die Lügen rechter Medien salonfähig.

Strache dankte Kurz dafür. "Wir vertreten die Souveränitätsrechte der österreichischen Bevölkerung", betonte er. Mit dieser "selbstbewussten Entscheidung" erfülle man den Auftrag der Wähler.

Der Nationalrat segnet am Mittwoch jene Bund/Länder-Vereinbarung ab, die den Ausbau der Kindergartenplätze bzw. eine Ausweitung der Betreuungszeiten finanziert. Jährlich sollen dabei mehr als 180 Millionen fließen. Debattiert wird auch über ein Kopftuchverbot für Volksschülerinnen, wie es die Regierungsparteien einführen wollen.

Zu Beginn der Sitzung werden zwei "Aktuelle Stunden" durchgeführt, die erste davon dreht sich auf Antrag der NEOS um Österreichs Position zum UN-Migrationspakt, die zweite gemäß Wunsch der Liste "Jetzt" um den österreichischen EU-Vorsitz. Zudem plant die vormalige Liste Pilz eine "Dringliche Anfrage" in der BVT-Affäre.

Die Regierung wird das geplante Kopftuchverbot in Volksschulen wohl ohne die Stimmen von SPÖ und NEOS und damit nur als einfaches und nicht als Verfassungsgesetz beschließen. Vertreter von ÖVP und FPÖ lehnte am Rande des Ministerrats am Mittwoch die von den Oppositionsparteien geforderten Verhandlungen über Integrationsmaßnahmen ab. Die Opposition will über ein Gesamtverbot verhandeln.

Merkel verteidigt Migrationspakt

Unterdessen hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)  den besonders in der Union umstrittenen Migrationspakt vehement verteidigt. Er sei ein "Antwortversuch", globale Probleme miteinander und global zu lösen, sagte Merkel am Mittwoch in der Haushaltsdebatte des Bundestages.

Souveränität und Gesetzgebung Deutschlands würden durch die Vereinbarung nicht berührt. Es sei aber im nationalen Interesse, dass sich die Bedingungen auf der Welt für Flüchtlinge und Arbeitsmigranten verbessern, fügte die Kanzlerin hinzu.

Merkel verwies in ihrer Rede auf die Leistungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst Flüchtlingen aus europäischen Ländern wie Ungarn oder der Tschechoslowakei geholfen habe. Sie nannte als aktuelles Beispiel Flüchtlinge, die von Libyen nicht nach Europa gingen, sondern in ihr Herkunftsland zurückkehrten. Menschlich mit Migration umzugehen, sei ein Ansatzpunkt in diesem Pakt.