Ausreisesperre für Alexej Nawalny: Der russische Oppositionsführer ist am Moskauer Flughafen an der Reise zu einem Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gehindert worden. Grenzbeamte hätten ihn vor dem Abflug gestoppt und über ein Ausreiseverbot informiert, erklärte Nawalny am Dienstag über den Kurzbotschaftendienst Twitter.

Der Föderale Dienst Russischer Gerichtsvollzieher bestätigte später das Ausreiseverbot für Nawalny, erklärte aber, dieses sei inzwischen wieder aufgehoben.

Der 42-Jährige wollte nach eigenen Angaben einen Flug nach Frankfurt am Main nehmen und von dort weiter nach Straßburg reisen. "Es gibt eine Art Brief, der besagt, dass mir das Verlassen des Landes verboten wurde", erklärte Nawalny. Eine Begründung für das Verbot habe das Schreiben nicht enthalten.

Der Kreml-Kritiker veröffentlichte ein Foto des Dokuments. Dieses zeigt, dass die Ausreisesperre durch einen Gerichtsvollzieher angeordnet worden war.

Nach russischem Recht können Bürger wegen offener Schulden am Verlassen des Landes gehindert werden. Nawalny versicherte jedoch, dass er alle Strafzahlungen geleistet habe. "Als ich das Land vor zwei Wochen zum letzten Mal verließ, war alles gut." Seine Anwälte hätten bei den Gerichtsvollziehern angerufen und sich nach den Gründen erkundigt. Die Beamten hätten nach eigenen Angaben das Dokument aber gar nicht ausgestellt.

Nach Angaben der russischen Gerichtsvollzieher-Behörde wurde das Ausreiseverbot im Zusammenhang mit einer Strafe aus dem Jahr 2013 in Höhe von umgerechnet 27.000 Euro verhängt. Einige Stunden später erklärte die Behörde dann, Nawalny habe die Strafe bezahlt und sei nun wieder frei, ins Ausland zu reisen. Er habe "schnell und vollständig" seine Schulden bezahlt und "jegliche Beschränkungen und Verbote wurden aufgehoben", berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Tass.

Der Blogger war 2013 in einem Betrugsprozess zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe wurde später aber zur Bewährung ausgesetzt. Im Februar 2017 wurde er in einem neu aufgerollten Prozess abermals zu fünf Jahren Haft auf Bewährung wegen Veruntreuung verurteilt. Nawalny hat die Vorwürfe stets abgestritten.

Nawalnys Anwalt Iwan Schdanow sagte der Nachrichtenagentur AFP, es lägen keine "offiziellen Dokumente" in dem Fall vor. Das Schreiben, das dem Kreml-Kritiker gezeigt wurde, enthalte sprachliche und formelle Fehler. Die Entscheidung für die Ausreisesperre sei offenbar kurzfristig an der Grenze getroffen worden, sagte Schdanow.

Am Donnerstag wird die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über Nawalnys Antrag erwartet, seine Festnahmen durch die russische Polizei in diesem Jahr als "politisch motiviert" anzuerkennen. Nawalny wollte nach eigenen Angaben persönlich bei der Urteilsverkündung vor Ort sein und deshalb nach Straßburg reisen.

Der Kreml-Kritiker musste in diesem Jahr bereits zwei Mal ins Gefängnis. Er war wegen des Aufrufs zu Demonstrationen gegen Präsident Wladimir Putin zu jeweils mehrwöchigen Haftstrafen verurteilt worden