Die SPÖ bekommt mit Pamela Rendi-Wagner 130 Jahre nach der Gründung die erste Vorsitzende - und damit steht Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) dann eine ganz weiblich dominierte parlamentarische Opposition gegenüber. Denn die NEOS führt jetzt Beate Meinl-Reisinger und die Liste Pilz Maria Stern. Die ÖVP ist künftig die einzige Partei, die noch nie eine Chefin hatte.

Seit 100 Jahren dürfen Frauen in politischen Vereinen aktiv sein; 1918 wurde das Verbot der offiziellen Mitgliedschaft von "Ausländern, Frauenspersonen und Minderjährigen" aus dem Vereinsgesetz gestrichen. Aber der Weg an die Spitze der Parteien ist lang und mühsam. Im Parlament vertretene Parteien setzten (ohne Rendi-Wagner) bisher nur neun Mal auf Chefinnen, aber 47 Mal auf Chefs. Das ergibt einen Frauenanteil von nur 16 Prozent.

Ganz männerdominiert ist seit ihrer Gründung 1945 die ÖVP (und war auch ihr Vorläufer in der Ersten Republik, die Christlichsoziale Partei): Sebastian Kurz ist der 16. Parteiobmann seit 1945. Ausschließlich auf Männer gesetzt hat bisher seit ihrer Gründung 1888/1889 auch die SPÖ. Auch in der Zweiten Republik kamen zunächst neun Männer zum Zug, bis am 24. November 2018 Rendi-Wagner zur ersten Bundesparteivorsitzenden gekürt wird.

Schon zweimal Frauen an die Spitze holte die FPÖ bzw. ihr früher Parteichef Jörg Haider: Er übergab 2000 das Ruder an Susanne Riess-Passer, um den Weg in die schwarz-blaue Koalition zu ebnen. In den Turbulenzen, die die Regierungsbeteiligung den Blauen bescherte, kam im Sommer 2004 dann Haiders Schwester, Ursula Haubner, ans Ruder. Sie trat aber schon im April 2005 zurück - und ins BZÖ über.

Bei den Orangen gab es während ihrer Zeit im Parlament ausschließlich Parteiobmänner, erst in den zwei Jahren vor der Auflösung 2017 eine Chefin, Johanna Trodt-Limpl. Auch in der KPÖ kamen Frauen erst (lang) nach dem Abschied aus dem Hohen Haus zum Zug.

Die Partei mit den bisher weitaus meisten Frauen an der Spitze sind die Grünen. Sie kommen auf fast auf 50 Prozent: Seit der Gründung 1986 standen fünf Männer (ohne den jetzigen Interims-Chef Werner Kogler) und vier Frauen vorne. "Parteichefs" im klassischen Sinn kennen die Grünen allerdings nicht: Gründerin Freda Meissner-Blau (1986 bis 1988) und Madeleine Petrovic (1994 bis 1996) waren "Parteisprecherinnen", Eva Glawischnig (2009 bis 2017) und Ingrid Felipe (Juni bis Oktober 2017) "Bundessprecherinnen".

Auch die neuen Parlamentsparteien vertrauten bald auf weibliche Führungskraft: Bei den NEOS übergab Parteigründer Mathias Strolz im heurigen Juni an Beate Meinl-Reisinger, bei der Liste Pilz ist - nach Gründer Peter Pilz - Maria Stern seit August gewählte Parteichefin.

Die Pionierin der weiblichen Polit-Spitzen-Präsenz war Heide Schmidt: Sie wurde die erste Parteichefin Österreichs, als sie sich 1993 mit dem Liberalen Forum (LIF) von der FPÖ abspaltete - und blieb dies bis zum Parlamentsrauswurf im Jahr 1999. Schon in der FPÖ war sie zuvor einmal die "erste Frau" - nämlich im Generalsekretariat einer österreichischen Partei, von 1988 bis 1990.

Den Posten des Generalsekretärs vertraute auch die ÖVP schon Frauen an: Ingrid Korosec (1991 bis 1995), Maria Rauch-Kallat (1999 bis 2003) und Elisabeth Köstinger (2017) fungierten als rechte Hand der Parteichefs.

In der SPÖ gab es bisher vier Bundesgeschäftsführerinnen: Brigitte Ederer (1995-1997), Andrea Kuntzl (2000-2003), Doris Bures (2000-2007) und Laura Rudas (2008-2014). Der weibliche Anteil (13 Prozent) ist hier allerdings nicht sehr viel höher als in der Parteiführung - weil nämlich 24 Männer Zentralsekretäre bzw. Bundesgeschäftsführer waren.