Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich im Puls 4-Sommergespräch gegen Kritik an der im Ministerrat fixierten Sozialversicherungs-Reform verteidigt. Man sei bei der Reform "keinen Millimeter vom Regierungsprogramm abgewichen", sagte er. Bei anderen Themen wie etwa der Migration sieht er seine Position gegenüber früheren Jahren weitgehend unverändert.

Kurz zeigte sich im Gespräch mit Moderatorin Corinna Milborn, das am Mittwoch Abend ausgestrahlt wurde, angesichts kritischer Stimmen unbeeindruckt. Im Regierungsprogramm habe man ein Bekenntnis zur Selbstverwaltung abgegeben, gleichzeitig auch das Ziel genannt, die Träger von 21 auf vier, maximal fünf zu reduzieren. Dies werde jetzt auch umgesetzt. Eine - von manchen geforderte - Zusammenlegung auf einen einzigen Träger wäre "rechtlich viel schwieriger gewesen", so der ÖVP-Obmann.

"Bin Funktionären nicht verpflichtet"

Zu im Raum stehenden Kampfmaßnahmen der Gewerkschaft, der die Maßnahmen deutlich zu weit gehen, sagte Kurz, es sei "legitim, dass gewisse Interessensgruppen ihre Interessen wahren. Ich bin denen aber nicht verpflichtet, die dort ihre Jobs und Funktionen haben, ich fühle mich den Österreicherinnen und Österreichern verpflichtet" - und in diesem Fall den Patienten. "Wir setzen das um, was wir angekündigt haben", so der Kanzler.

Gefragt, was er zu tun gedenke, sollte es Streiks geben, sagte Kurz: "Ich sehe keinen Grund, die Reform nachzuverhandeln." Es sei doch legitim, dass die Regierung ein schlankes Systeme schaffe. "Wer das nicht so sieht, der hat das gutes Recht zu demonstrieren, sich dagegen zu wehren", sagte der Bundeskanzler. "Aber es ist auch unser gutes Recht als Regierung, das umzusetzen, was wir versprochen haben vor der Wahl."

"Integration funktioniert durch Leistung"

Unverändert sieht Kurz seine Position beim Thema Integration. Er habe auch schon in seiner Zeit als Integrationsminister dieselbe Haltung gehabt wie jetzt: "Heute wie damals sage ich, Integration funktioniert durch Leistung." Dass er in den letzten Jahren öfters als früher die illegale Migration thematisierte, räumte er ein: "Warum sage ich das heute öfter? Weil es damals keine Flüchtlingskrise gab."

Wichtig sei, das Thema Zuwanderung nicht mit dem Thema Asyl zu vermischen. Bei der Zuwanderung sage er "damals wie heute: Ja, für Menschen, die wir dringend am Arbeitsmarkt brauchen." Asyl hingegen sei "ein Menschenrecht, aber sicher kein Recht auf illegale Migration."

"Strache kenne ich jetzt"

Geändert habe sich sein Verhältnis zu FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache: "Man lernt sich kennen, hat viel miteinander zu tun, verhandelt miteinander", so Kurz. "Heinz-Christian Strache kenne ich jetzt, das konnte ich vor einem Jahr nicht behaupten." Der Kanzler würdigte insbesondere das Bestreben des Vizekanzlers, die Vergangenheit der FPÖ mittels der eingesetzten Historikerkommission aufzuarbeiten. Kurz äußerte auch die Hoffnung, dass dies dazu beitragen könnte, Israel davon zu überzeugen, die offizielle Zusammenarbeit auch mit FPÖ-Regierungsmitgliedern aufzunehmen.

Keine Schwarz-Weiß-Bilder

Im Hinblick auf die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs bat Kurz, "auf totale Schwarz-weiß-Bilder zu verzichten. Es bringt auch dem europäischen Gedanken nichts, wenn wir sagen, hier die guten Westeuropäer, die bösen Osteuropäer; die guten Pro-Europäer, die bösen Anti-Europäer". So habe etwa die deutsche Kanzlerin Angela Merkel "vollkommen recht, wenn sie Budgetdisziplin einfordert, und Viktor Orban hat recht, wenn er Außengrenzschutz einfordert". "Sinnvoll ist , die besten Ideen aus jedem Staat herauszupicken, und das wollen wir auch während unseres Ratsvorsitzes tun."

Kritisch äußerte sich der Bundeskanzler zu einzelnen Kampagnen in seiner politischen Anfangszeit als JVP-Chef: So sei die "Schwarz macht Geil"-Kampagne samt "Geil-o-mobil" die "erste Kampagne, die schief gegangen ist" gewesen. "Es gab schon größere Erfolge in meinem Leben", so Kurz.