ÖVP-Chef Sebastian Kurz weist entschieden den Vorwurf zurück, die ÖVP hätte dem Statthalter von Tal Silberstein in Österreich, Peter Puller, 100.000 Euro angeboten. „Das ist der nächste Anpatzversuch. Ich habe keinen Grund, meinem Mitarbeiter nicht zu glauben. Wir haben   auch Klage eingereicht“, erklärt der Außenminister beim Kleine Zeitung-Wahlkampf-Talk Freitagnachmittags im Spielfeld

Kurz führt aus, sein Mitarbeiter habe Puller getroffen, „um ihn zu stellen und um herauszufinden, was gegen mich vorgeht. Wir hatten immer schon den Verdacht, dass da was läuft. Als die Seiten aufgetaucht sind, haben wir bei Facebook versucht, diese zu sperren.“

Kurz greift in der Causa massiv die SPÖ an. „Wir lassen uns das nicht bieten. Die, die Silberstein nach Österreich geholt haben, machen sich zum Opfer. Man hat Silberstein engagiert, um mich anzupatzen und mich mit perfiden Methoden schlecht zu machen.“

Kurz schließt neuerliche große Koalition nicht aus

Kurz weist energisch den Verdacht von sich, die ÖVP habe die Sache auffliegen lassen, um dem Kanzler zu schaden. „Ich wünschte mir, die SPÖ hätte Tal Silberstein nie nach Österreich geholt. Wem nutzt es? Der, der den Auftrag erteilt hat. Wem nutzt es nicht, wenn es auffliegt? Dem Auftraggeber.“ Der ÖVP-Chef insinuiert, dass der Kanzler die Öffentlichkeit angeschwindelt hat. „Er hat immer gesagt, Silberstein mache nur Meinungsfrage, sonst nichts. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Berater 500.000 Euro bekommen  und der Parteichef davon nichts weiß."

Dass mit der aktuellen Zuspitzung eine Neuauflage einer große Koalition unmöglich sei, stellt Kurz in Abrede. „Sollten wir stärkste Partei werden, werden wir mit allen anderen Parteien Gespräche führen. Ich werde nicht aus einer Emotion entscheiden. Es gibt auch in der SPÖ aufrechte Politiker, die davon nichts gewusst haben.“ Und mit einem Seitenhieb auf Kern, der bei einer Niederlage womöglich die Sachen packen muss: „Warten wir ab, wer am Tag nach der Wahl bei den anderen Parteien noch Parteichef ist.“

Mitten im Grenzland

Die Grenzanlage in Spielfeld wirkt wie ein Monument einer verhangenen Epoche. Erste grüne Halme erobern die asphaltierte Fläche zurück. Flüchtlinge kommen hier längst nicht mehr an, trotzdem entfalten die für ein besseres Grenzmanagement errichteten Zelte auch im leeren Zustand ihre Wirkung. Bevor Sebastian Kurz an diesem geschichtsträchtigen Ort  sein politisches Konzept für die Zukunft erläuterte, waren etliche Zuhörer auf eine Führung hinter die Kulissen der praktischen Politik der Vergangenheit mitgekommen. Es ist eine Politik, die viel mit dem Außenminister zu tun hat.

Martin Christian Huber, Katja Heine und Ziyad Osman von der jungen Jury nahmen Sebastian Kurz Seite an Seite mit Moderatorin Claudia Gigler ins Kreuzverhör. Als Experte war der Generalsekretär von Amnesty International in Österreich, Heinz Patzelt, mit auf der Bühne.

Das Wort „Resettlement“ habe ihn im Wahlprogramm überrascht, gab der AI-Chef zu. Nun wolle er aber konkret werden. Wie viele Menschen denn nach Österreich geholt werden sollen, fragte er nach. Kurz wollte sich nicht festlegen. Ihm sei wichtig, dass zunächst die illegale Migration gestoppt werde, dann „diejenigen, die schon bei uns sind“, integriert werden. Und erst dann könne man sagen, wie viel mehr wir holen wollen“, sagte Kurz. Patzelt fragte nach, ob Kurz sich als Verteidiger der Menschenrechte sehe. „Ich bin ein totaler Menschenrechtsverteidiger.“ Auf das, so Patzelt, werde er in den nächsten Jahren zurückkommen.

Auf den Vorwurf, Kurz verknüpfe alle Themen mit Migrationsfragen, reagiert er mit „Ja“. – Und liefert die Begründung gleich mit: „Es ist ein Thema, das in viele Bereiche hineinspielt. Ich spreche viel darüber, weil ich es für relevant halte.“ Migration sei wie die Digitalisierung das Thema der Zukunft. Wenn Österreich darauf keine Antwort finde, werde das Arbeitsplätze kosten.