Laut Statistik sind die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) in Österreich im vergangenen Jahr zwar gestiegen. Hauptgrund dafür ist aber die massive Zunahme der mit eingerechneten Flüchtlingskosten. Diese Einrechnung ist laut OECD (Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit) erlaubt, wird aber politisch kritisiert.
Die Hilfsorganisationen begrüßten den Anstieg der öffentlichen Entwicklungshilfegelder (Official Development Aid, ODA) auf 0,41 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE). Das Rote Kreuz kritisierte aber die "Kreativität bei der Anrechenbarkeit", Licht für die Welt zeigte sich enttäuscht über die "kurzsichtige Politik" der Bundesregierung. Die für Flüchtlingsbetreuung in Österreich eingerechneten Gelder seien zehnmal so hoch wie die direkt durch Österreich finanzierten Projekte in afrikanischen Partnerländern. "Leider wurden keine zusätzlichen Mittel für die Hilfe in Afrika vorgesehen und in den letzten Jahren wurden die Mittel für Afrika von 40 auf 30 Millionen gekürzt", erklärte die Licht-für-die-Welt-Geschäftsführerin Johanna Mang via Aussendung.
Die Anstieg der Flüchtlingskosten in der Statistik der OECD helfe den "verhungernden Menschen in Ostafrika leider nicht", betonte auch Annelies Vilim, Geschäftsführerin des Dachverbandes AG Globale Verantwortung. Diese "Budgetkosmetik" trage nichts zur unmittelbaren, projektbezogenen Entwicklungszusammenarbeit bei.
Gerald Schöpfer, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes, stieß ins gleiche Horn: "Von Kreativität bei der Anrechenbarkeit haben von Armut betroffene Menschen in unseren Partnerländern rein gar nichts." Österreich sei zu einem guten Teil "Empfängerland seiner eigenen Entwicklungsgelder".
Die Hilfsorganisation Care forderte deshalb mehr EZA-Mittel, "die vor Ort Hunger und Armut bekämpft und Hilfe leistet", so Geschäftsführerin Andrea Barschdorf-Hager mit Blick auf die Hungerkrise in Ostafrika und im Jemen.
Die Hilfsorganisationen Jugend Eine Welt erklärte, Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in seinen Vorhaben zu unterstützen, erinnerte aber daran, dass ein konkreter Umsetzungsplan für Nachhaltige Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) noch ausständig sei. Ähnlich World Vision: Präsident Sebastian Corti begrüßte die Entwicklung, mahnte aber die Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels der Vereinten Nationen ein.
Die Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz (KOO) verwies laut Kathpress darauf, dass es für die Zukunft wichtig sei, Entwicklungszusammenarbeit nicht nur unter der Brille der "Flüchtlingskrise" und "Flüchtlingsabwehr" zu sehen.
SPÖ-Bereichssprecherin für globale Entwicklung Petra Bayr bezeichnete die neue ODA-Statistik als "trauriges Zeugnis". "Erst wenn Fluchtbewegungen auf die reichen Länder treffen, erreichen die Mittel der EZA einen traurigen Rekord, um damit Flüchtlinge zu stoppen, zu versorgen und zurückzustellen". Österreich sei dank massivem Einrechnen der Flüchtlingsbetreuungskosten ein Sprung auf 0,41 Prozent des BNE gelungen, eine "Trendumkehr in der gestaltbaren Entwicklungszusammenarbeit ist das aber nicht", so Bayr.
Der ÖVP-Sprecher für EZA, Franz-Joseph Huainigg, gab sich angesichts der neuen ODA-Zahlen positiv. Österreich befinde sich auf dem richtigen Weg zur 0,7-Quote. Die Kosten für Flüchtlinge stünden in keiner Konkurrenz "zu dem Ziel, den Menschen vor Ort zu helfen".
Kritisch äußert sich die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Tanja Windbüchler: "Wir fordern Außenminister Kurz auf, die Behübschung der Zahlen zu unterlassen."