In einer Parlamentsdebatte warf Oppositionspolitiker Jair Lapiddem israelischen Langzeitpremier Benjamin Netanjahu einmal vor: „Sie sind seit 32 Jahren in der Politik. Seit 32 Jahren haben Sie keinen Parkplatz mehr suchen müssen. Seit 32 Jahren mussten Sie beim Arzt nicht warten. Am Ende macht das etwas mit einem Menschen. Es sind zu viele Jahre.“

Netanjahu ist seit zwölf Jahren Premier, doch seine Frist für eine erneute Regierungsbildung lief bereits ohne Einigung ab. Daher beauftragte Israels Präsident Reuven Rivlin Oppositionsführer Jair Lapid, dessen liberale Partei Jesch Atid („Es gibt eine Zukunft“) bei der Wahl im März zweitstärkste Kraft geworden war, mit dieser Aufgabe. Der 57-jährige Parteichef der Zukunftspartei und Netanjahu kennen einander als Koalitionspartner.

Yair Lapid
Yair Lapid © AFP

2013 war Lapid sogar Finanzminister unter Netanjahu. Doch es kam zum Bruch und Netanjahu freute sich damals, dass die „Fackel“ im Zuge der Macht erloschen sei: Lapid heißt auf Hebräisch „Fackel“. Doch der Wind hat gedreht, nun macht Lapid seinem Kontrahenten Dampf. Der ehemalige Journalist, Autor und TV-Moderator erklärte: „Wir werden alles tun, um Israel wieder zu befrieden.“

Bennett for Premier

So hat der Liberale dem nationalistischen Hardliner Naftali Bennett von der Jamina-Partei eine Partnerschaft mit rotierenden Ministerpräsidenten angeboten. In diesem von der israelischen Presse als „Block für den Wandel“ bezeichneten Bündnis soll der 49-jährige Bennett als Erster den Posten des Regierungschefs übernehmen.

Naftali Bennett
Naftali Bennett © AP

Am Sonntagabend gab Rechtspolitiker Bennett dann in Jerusalem eine Erklärung ab: Er habe sich im Ringen um eine neue Regierungskoalition auf die Seite von Oppositionsführer Jair Lapid geschlagen. Bennett begründete seinen Schritt damit, dass es keine Mehrheit für eine Rechtsregierung gebe.

Weitere Partner gesucht

Allerdings brauchen Bennett und Lapid nun noch weitere Bündnispartner. Lapids Bündnis für den Wandel würde auch die Liste Blau-Weiß von Netanjahus einstigem Regierungspartner Benny Gantz angehören. Hinzu kämen die laizistisch-nationalistische Partei Israel Beitenu („Unser Haus Israel“) von Ex-Verteidigungsminister Avigdor Liebermansowie die Arbeitspartei und die linksgerichtete Meretz-Partei. Auch wäre eine solche Regierung auf Unterstützung von arabischen Israelis angewiesen, die zwar Lapid positiv gegenüberstehen, nicht aber Bennett.

Die sich abzeichnende Regierung ähnelt einem politischen Fleckerlteppich mit vielen Bruchstellen. Doch alle eint die Ablehnung gegenüber einer Person: Benjamin Netanjahu, gegen den ein Korruptionsprozess läuft.
Nach der offiziellen Verkündung des Bündnisses mit Bennett muss Lapid zuerst Präsident Rivlin informieren. Dann hat er sieben Tage Zeit für die Vereidigung der Regierung im Parlament. Dafür ist eine einfache Mehrheit der 120 Abgeordneten in der Knesset notwendig.

Benjamin Netanjahu will sich noch nicht geschlagen geben
Benjamin Netanjahu will sich noch nicht geschlagen geben © AP