Vor einer gewaltigen Herausforderung steht nach Auskunft des Komplexitätsforschers und Modellrechners Niki Popper Österreich in den kommenden zwei Monaten. Derzeit sind Impfwillige mit schmerzhaften Lieferengpässen und unerträglichen Verzögerungen konfrontiert, in den nächsten Wochen dürfte Österreich in Impfdosen untergehen.

In den letzten vier Monaten trafen drei Millionen Impfdosen in Österreich ein, bis Ende Juni ist mit drei Millionen pro Monat zu rechnen. „Wir müssen das Tempo vervierfachen“, erklärt Popper unter Bezugnahme auf eine Studie, die er und sein Team verfasst haben und die der Kleinen Zeitung vorliegt. In den letzten Monaten wurden bisweilen 50.000 Dosen pro Tag verimpft, im Mai und Juni werden es täglich 100.000 Dosen sein.

Derzeit noch kleiner Effekt

Popper sieht zwei gewaltige Herausforderungen. Zum einen müssen die Bundesländer ihre Impflogistik ausweiten und optimieren, zum andere dürfe die Impfbereitschaft der Bevölkerung nicht nachlassen, andernfalls würden die Impfstellen auf Impfdosen sitzen bleiben. Bis Ende Juni sollten 65 Prozent der, wie es in der Popper-Studie heißt, „Impfbaren“ geimpft sein – davon sind bekanntlich Jugendliche unter 16 und alle Schwangeren ausgenommen. 

Bis die Durchimpfung der Bevölkerung einen dämpfenden Effekt auf das Infektionsgeschehen hat, müsse man allerdings die zweite Maihälfte bzw. eher Ende Mai abwarten. Derzeit hätten die Impfungen nur einen marginalen Effekt auf den Reproduktionsfaktor, nämlich in Höhe von bescheidenen fünf Prozent, so die Studie. In ungefähr vier Wochen dürfte der Impfeffekt plötzlich an Fahrt aufnehmen und den Reproduktionsfaktor um 20 Prozent nach unten drücken.  

Weichen für "ruhigen Herbst"

Wie gering die Wirksamkeit der Impfungen zum aktuellen Zeitpunkt ist, zeigt ein anderes Phänomen aus der Popper-Studie. Derzeit sind 25 Prozent der Österreicher immunisiert, nur sieben Prozent entfallen auf die Impfung, 18 Prozent auf überstandene Covid-19-Erkrankungen. Mitte Mai dürften die Impfungen bei der Immunisierung der Bevölkerung die Oberhand gewinnen. Sollten Ende Juni 65 Prozent immunisiert sein, wären 40 Prozent auf die Impfung, 20 Prozent auf Infektion zurückzuführen.  

„Die Impfmaschine ist jetzt am Beschleunigen und der Weg noch nicht vorbei“, heißt es in der Popper-Studie. „Wenn die Logistik gut und die Impfbereitschaft hoch ist, können in den kommenden Monaten die Weichen für einen ,ruhigen‘ Herbst 2021 gestellt werden.“