Für Ingrid Betancourt ist der Prozess, der am Freitag in Bogotá gegen hochrangige Mitglieder der ehemaligen kolumbianischen FARC-Guerilla beginnt, ein Stück Gerechtigkeit. „Vergeben bedeutet nicht vergessen und auch nicht Straflosigkeit“, sagt sie.

Das Friedensabkommen zwischen der ältesten und größten Extremistengruppe des südamerikanischen Landes und dem kolumbianischen Staat wurde vor gut vier Jahren global gefeiert, Juan Manuel Santos erhielt dafür den Friedensnobelpreis.

Am Tag ihrer Befreiung 2008: Betancourt und der damalige Verteidigungsminister Juan Manuel Santos, dem späteren Präsidenten Kolumbiens, der für sein Friedensabkommen mit den Farc-Rebellen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde
Am Tag ihrer Befreiung 2008: Betancourt und der damalige Verteidigungsminister Juan Manuel Santos, dem späteren Präsidenten Kolumbiens, der für sein Friedensabkommen mit den Farc-Rebellen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde © APA/AFP/FILES/RODRIGO ARANGUA

Am Freitag müssen sich nun erstmals Kommandanten der marxistischen Farc-Guerilla wegen Entführungen vor Gericht verantworten. Es ist ein Anfang der Aufarbeitung von 50 Jahren Bürgerkrieg, bei dem mehr als 200.000 Menschen ums Leben kamen, 21.000 entführt und Millionen innerhalb Kolumbiens vertrieben wurden.

Die ehemalige kolumbianische Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt ist die bekannteste Geisel des Terrorkommandos, ihre Entführung im Jahr 2002 jährte sich dieser Tage. Im Jahr 2008 waren für Betancourt 2321 Tage in Gefangenschaft vorbei: „Ein Albtraum geht zu Ende“, sagte damals auch Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy, der viel zur Befreiung von Ingrid Betancourt beigetragen hatte.

Betancourt mit Frankreichs ehemaligem Präsidenten Nicolas Sarkozy
Betancourt mit Frankreichs ehemaligem Präsidenten Nicolas Sarkozy © EPA

Die Tochter eines kolumbianischen Diplomaten wuchs in Bogotá und Paris auf und studierte Politikwissenschaften an einer Pariser Eliteuniversität. 1990 ging sie mit ihrer Mutter, ebenfalls Diplomatin, wieder zurück nach Kolumbien und stieg 1994 selbst in die Politik ein.

2002 trat Ingrid Betancourt schließlich als Präsidentschaftskandidatin der Grünen an, dann wurde sie entführt. Im Jahr ihrer Befreiung traf sich die zweifache Mutter mit einer Geisel, die sogar 3096 Tage eine Gefangene war, mit Natascha Kampusch. Betancourt erklärte später, das Treffen sei heilend gewesen. Für beide. Heute hält sie „Survival“-Vorträge vor Managern, die sich von der Farc-Gefangenen Ezzes erhoffen dafür, wie man in Extremsituationen nicht durchdreht.