Sein Aufstieg ist untypisch für japanische Verhältnisse, wo die Politik stark dynastisch geprägt ist. Yoshihide Suga wuchs als Sohn von Erdbeerbauern im kühlen Norden Japans auf – am Mittwoch wird er vom Parlament zum neuen Ministerpräsidenten bestimmt werden. „Ich habe einst bei Null angefangen“, betonte er bei seiner Nominierung durch die Regierungspartei LPD. Am Mittwoch wurde vom Parlament offiziell zum Regierungschef gewählt. Dass er es jetzt, im 71. Lebensjahr, an die Spitze schafft, könnte er Disziplin und seinem Kampfgeist zu verdanken haben. Suga, leidenschaftlich dem Karate zugetan, ist Träger des Schwarzen Gürtels. Seinen Tag beginnt er mit 100 Rumpfbeugen, und er beendet ihn mit 100 Rumpfbeugen.


Regelmäßigkeit wird wohl auch seine Politik bestimmen: Fast acht Jahre stand Suga seinem Vorgänger, Premier Abe, als dessen Kabinettssekretär zur Seite – er vertrat dessen Kurs öffentlich gegenüber der Presse und setzte ihn auch hinter den Kulissen in die Praxis um.

Er verteidigte Abe auch, als diesem Günstlingswirtschaft vorgeworfen und der Ton rauer wurde. Abe war kürzlich aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten; er kann sich darauf verlassen, dass Suga seinen Kurs fortsetzt – vor allem auch die nicht unumstrittene Wirtschaftspolitik, „Abenomics“ genannt, die unter anderem auf schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme und eine lockere Geldpolitik setzte. Suga argumentiert, diese habe Millionen von Arbeitsplätzen geschaffen. Abe selbst lobt seine einstige rechte Hand: Er habe beobachtet, wie dieser „hart und still für die Nation und das Volk arbeitete“, sagte Abe.

Abendschule

In seiner Jugend hielt sich Suga mit Gelegenheitsjobs über Wasser, um eine Abendschule besuchen zu können. Er studierte in Tokio Rechtswissenschaften; 1987 wurde er in sein erstes Amt gewählt –als Mitglied der Gemeindeversammlung in Yokohama. Er gilt als Pragmatiker, nicht unbedingt als Visionär. Möglicherweise um seinem Image als trockener Bürokrat entgegenzuwirken, kursierten vor seiner Nominierung Bilder, die ihn als volksnahen Politiker zeigen, mit einer Schwäche für die süßen, fluffigen japanischen Palatschinken. Angesichts seiner Rumpfbeugen-Intensität ja kein Problem.