Konrad Pesendorfer verlässt die Statistik Austria. Er stehe nicht für eine weitere Funktionsperiode als fachstatistischer Generaldirektor zur Verfügung, teilte Pesendorfer Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein in einem Brief mit, den er am Dienstag auf Twitter veröffentlichte. Zum Abschied hinterlässt er den Koalitionsverhandlern Reformvorschläge. So fordert er mehr Unabhängigkeit.

Der Brief sei "auf Grund der Kommunikationslosigkeit" notwendig gewesen, "die hier leider geherrscht hat", erklärt Pesendorfer im Ö1-"Morgenjournal". Dass die Bierlein in Sachen Bestellung seines Nachfolgers der neuen Regierung nicht vorgreifen will, lässt Pesendorfer nicht gelten. Es brauche jemanden, der den Job "objektiv und neutral" macht. "Ich hätte mir gewünscht, dass gerade eine Expertenregierung hier einen entsprechenden Schritt setzt."

"Losgelöst von politischen Zyklen"

Nun sei für die Mitarbeiter unklar, wer am 1. Jänner kommt. "Es müsste jedenfalls eine professionell unbestrittene Person sein." Erneut betonte Pesendorfer, wie wichtig die Unabhängigkeit der Statistik Austria sei. Denn Statistik müsse "losgelöst von politischen Zyklen" sein, denn "es gibt keine rote oder grüne Statistik".

Die Funktionsperiode der Geschäftsleitung endet mit 31. Dezember 2019. "Da einen Monat vor diesem Zeitpunkt weder eine Ausschreibung zur Besetzung dieser Positionen durch das Bundeskanzleramt als Aufsichtsressort vorgenommen wurde und man auch mit der derzeitigen Geschäftsleitung bezüglich einer Übergangsregelung bis zu einer etwaigen Ausschreibung und Besetzung der neuen Geschäftsleitung keinen Kontakt gesucht hat, möchte ich Ihnen auf diesem Weg mitteilen, dass ich für die Funktion als fachstatistischer Generaldirektor bei Statistik Austria nach dem 31.12.2019 nicht mehr zur Verfügung stehe", schreibt Pesendorfer.

Regierung plant keine Ausschreibung

Die Übergangsregierung, die wichtige Personalbesetzungen grundsätzlich der künftigen Regierung überlassen will, schob die Neubesetzung auf. "Die Bundesregierung plant zum jetzigen Zeitpunkt keine Ausschreibung, da dafür keine Notwendigkeit besteht. Die Ausschreibung hat bis Ende Jänner zu erfolgen", teilte eine Sprecherin von Minister Alexander Schallenberg Ende Oktober der APA mit. Damals hatte Pesendorfer noch erklärt, dass er sich noch einmal bewerben wolle.

Pesendorfer bekräftigt in dem Brief seine Forderung nach einer Stärkung der Unabhängigkeit der Statistik Austria. Diese sollte in der Verfassung verankert und die Institution in Analogie zum Rechnungshof direkt dem Nationalrat unterstellt werden. Er spricht sich außerdem dafür aus, dass die fachlich-inhaltliche und die finanzielle Verantwortung zusammengeführt werden. Die Trennung dieser beiden Verantwortlichkeiten habe sich aus seiner Sicht nicht bewährt. Derzeit wird die Statistik Austria von einem Führungsduo geleitet: Kaufmännische Geschäftsführerin ist Gabriela Petrovic.

Fehlende Finanzierung

Darüber hinaus fordert er, dass Datenlücken, etwa in den Bereichen Gesundheitszustand von Kindern oder Zeitverwendung, geschlossen werden und der Datenzugang für die Wissenschaft verbessert wird. Außerdem warnt Pesendorfer davor, dass der bisherige Leistungsumfang ohne eine Verbesserung der Finanzierung nicht aufrechterhalten werden könne. Die Statistik Austria werde 2019 erstmals seit der Ausgliederung im Jahr 2000 Verluste schreiben. Bis 2021 könnten die "erwarteten Jahresverluste in Millionenhöhe" noch durch Rücklagen abgedeckt werden, darüber hinaus nicht mehr.

Pesendorfer, der ehemalige wirtschaftspolitische Berater von Kanzler Werner Faymann (SPÖ), war unter der ÖVP-FPÖ-Regierung ins Abseits geraten. Eine Neuorganisation der Statistik Austria war im Februar ohne ihn, aber mit Einbindung von Petrovic beschlossen worden. Damals wurde die Presseabteilung verkleinert und die Abteilung für Analyse aufgelöst. Betroffen waren nur sieben von knapp 800 Mitarbeitern, davon vier in der Presseabteilung und drei in der Analyse, aber es hatte eine große Aufregung gegeben, weil die Opposition der Regierung vorwarf, die Unabhängigkeit der Statistik Austria beschneiden zu wollen. Die Regierung hat das dementiert.