Herr Vizekanzler, Ihr Partner in der EU-Rechtsfraktion ENF, Lega-Chef Matteo Salvini, will bei der EU-Wahl im Mai mit dem ehemaligen Trump-Mastermind Steve Bannon kooperieren. Ist so eine Kooperation auch für die FPÖ denkbar?

Heinz-Christian Strache: Ich kenne Herrn Bannon nicht persönlich, ich kann daher Herrn Bannon nicht beurteilen und auch nicht bewerten. Im Vorfeld der EU-Wahl zeichnet sich aber ab, dass nach dem Brexit eine Art Neuordnung der Fraktionslandschaft passiert. Es kann sein, dass die europäischen Freiheitsparteien drittstärkste Kraft in der EU werden. Das wäre die Fortsetzung eines demokratisch gewünschten Bewusstseins- und Veränderungsprozesses, zu dem auch wir mit unserer Arbeit in Österreich beitragen.

Wird es bei der Europawahl einen gemeinsamen Spitzenkandidaten der Rechtsparteien geben wie etwa bei den Konservativen und Sozialdemokraten?

Nein, weil das nicht vorgesehen ist. Solange es die Rechtsform einer europäischen Partei mit einem europäischen Spitzenkandidaten nicht gibt, stellt sich dieses Thema für uns nicht.

Sie haben Europa bisher immer infrage gestellt. Gäbe es ein Ziel, für das es sich lohnen würde, über den Nationalstaat hinaus zusammenzuarbeiten?

Wir haben Europa nie infrage gestellt, im Gegenteil. Wir liegen im Herzen Europas und sind als glühende Patrioten und Österreicher auch glühende Europäer, haben Europa im Herzen. Es gibt aber unterschiedliche Vorstellungen, einen Wettstreit der Ideen über die Entwicklung und Zukunft der EU.

Was wäre ein Ziel, für das man zusammenarbeiten sollte?

Punkt vier des Weißbuches von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Da schlägt er vor, dass die Union weniger Aufgaben haben sollte, aber die dafür effizienter durchführt – wie den Außengrenzschutz. Dafür sollen aber wieder Aufgaben an die Nationalstaaten zurückgegeben werden.

© Stanislav Jenis

Gemeinsamer Außengrenzschutz hieße auch, dass österreichische Soldaten unter nichtösterreichischem Kommando im Einsatz sein können.

Damit meine ich Frontex, für deren Ausbau wir sind. Ich habe immer kritisiert, dass Frontex nicht die klare Aufgabe hatte, illegal aufbrechende Schiffe von Afrika konsequent zurückzuweisen. Darüber hinaus wollen wir bis 2020 eine Aufstockung der Frontex-Sicherheitsleute auf über 10.000. Die müssen sich natürlich aus den EU-Staaten speisen, da könnten wir einen Beitrag leisten.

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch forderte, in Nordafrika einzumarschieren, um Platz für Anhaltelager zu schaffen. Ist er als Wehrsprecher noch tragbar?

Wenn man das Zitat genau liest, sagt er etwas anderes. Er hat es ungeschickt formuliert, aber er hat gemeint, dass gegebenenfalls auch europäische Einheiten die Anlandeplattformen in Afrika sichern sollen. Ich halte diese Idee für diskussionswürdig, aber nicht für unterstützungswert, denn ich glaube, dass Anlandeplattformen in Afrika von den dortigen Behörden zu schützen sind.

Was könnte man solchen Staaten bieten, damit sie solche Lager einrichten und sichern?

Konkrete Hilfestellungen und Projekte vor Ort. Es geht um Infrastruktur – Schulen, Ausbildungsstätten, Lehrlingsausbildungen –, aber auch um den landwirtschaftlichen Bereich, wenn es darum geht, in Afrika eine nachhaltige Perspektive für die Menschen zu schaffen. Da sollte man auch mit Israel zusammenarbeiten. Die haben langjährige Erfahrung darin, Wüsten fruchtbar zu machen und so blühende Landschaften zu ermöglichen.

Die FPÖ ist in Umfragen zuletzt gefallen. Ist es ein Naturgesetz, dass Sie in der Regierung verlieren?

Im Gegenteil. Schauen Sie sich an, welche freiheitlichen Kernthemen justament von Rot und Schwarz über Jahre hinweg abgelehnt worden sind – und jetzt von uns umgesetzt werden. Die größte Familiensteuerentlastung der Zweiten Republik, die Einführung der Mindestpension und die Erhöhung der Pensionen über der Inflationsrate.

Warum verliert die FPÖ dann trotzdem in Umfragen?

Wir haben bei allen Landtagswahlen seit der Regierung prozentuell dazugewonnen. Umfragen sind interessantes Kaffeesudlesen, aber die einzige Umfrage, die Wertigkeit und Gültigkeit hat, ist der Ausgang am Wahlsonntag. Wir sind bei 26 Prozent, auf Kopf- und Augenhöhe mit SPÖ und ÖVP, drei mittlere Parteien – und freuen uns schon auf die nächste Wahl.

© Stanislav Jenis

Der BVT-Ausschuss hat in seinen ersten Tagen den Eindruck verstärkt, dass das Innenministerium derzeit mehr für Instabilität als für Stabilität sorgt.

Da haben wir völlig unterschiedliche Wahrnehmungen. Wenn ich draußen mit Bürgerinnen und Bürgern Kontakt habe, sagen die, sie sind so froh, dass es endlich einen Innenminister gibt, der für 4200 neue Exekutiv-Planstellen sorgt, für moderne und zeitgemäße Ausrüstung, der endlich eine Grenzschutzeinheit installiert, konsequent rechtskräftig abgelehnte und straffällige Asylwerber abschiebt und mehr Sicherheit für die Bürger garantiert.

Die Zusammenarbeit mit Partnerdiensten hat gelitten.

Da habe ich eine andere Wahrnehmung. Es ist sogar die Zusammenarbeit mit Russland besser geworden, wenn es um die Zurückweisung von rechtswidrig aufhältigen Tschetschenen geht. In der BVT-Causa geht es um die Aufklärungspflicht. Die Ermittlungsverantwortung hat im Sinne einer Gewaltenteilung das Justizressort. Zum Glück haben wir eine unabhängige Justiz. Die Staatsanwaltschaft hat keine vorherige Berichtspflicht dem Justizminister gegenüber.

Das würde der gerne ändern.

Das ist genau eine Frage, die man wird diskutieren müssen.

Sie sind nicht dafür?

Ich glaube, man braucht wieder Untersuchungsrichter. Aber mit der Hausdurchsuchung war ja ein Richter befasst und hat mit der Staatsanwältin diese Entscheidung getroffen. Das muss man respektieren.