Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Sonntag Gerüchte über vorgezogene Neuwahlen zurückgewiesen: "Unser klares Ziel ist 2024, Herbst, wie das gesetzlich vorgesehen ist", meinte der ÖVP-Chef in der ORF-"Pressestunde".  In Sachen Corona will er einen anderen Weg als Niederösterreich beschreiten. Um zusätzliche Arbeitskräfte zu finden, plant der Kanzler ein "Scouting" im Ausland und den Abschluss von "Pflegekontingenten". Ein Autogipfel ist in Erwägung.

Vermutungen, wonach die Volkspartei die Krise der SPÖ für einen vorgezogenen Urnengang nützen könnte, dementierte Nehammer: "Ich habe eine Legislaturperiode fertig zu machen." Die Regierung habe noch sehr viel vor, hätten er und Vizekanzler Werner Kogler erst jüngst gemeinsam festgestellt. Ob man in der kommenden Periode mit den Grünen weiter machen könnte, wollte der VP-Obmann nicht sagen. Dafür müsse man erst einmal das Ergebnis der Wahl abwarten.

Die Koalition der niederösterreichischen ÖVP mit den Freiheitlichen verteidigte Nehammer. Er verwies darauf, dass die Forderungen der SPÖ nicht leistbar gewesen seien, hätten sie doch Milliarden gekostet: "Dann muss man eben entsprechend handeln, auch aus Verantwortung für das Land."

Keine Coronafonds

Den umstrittenen Coronafonds in Niederösterreich sieht er nicht als Vorbild für den Bund: "Wir wählen nicht diesen Weg." Ihm gehe es um einen Dialog-Prozess, der sich an jene richte, denen die Maßnahmen zu viel oder zu wenig gewesen seien: "Wir wollen beide Gruppen abholen." Details soll es nach Ostern geben.

Arbeitskräfte im Ausland "scouten"

Was den Arbeitskräftemangel angeht, blickt Nehammer über die österreichischen Grenzen hinaus: "Wir müssen auch im Scouting unterwegs sein." Neben der Vereinbarung mit Indien über Fachkräfte, an denen man hoch interessiert sei, werde man etwa bei der Pflege den "Horizont erweitern" müssen, er denke über "Pflegekontingente" mit Drittstaaten nach. Als Beispiel sprach der Kanzler Marokko an.

Grundsätzlich geht es Nehammer darum, dass man jene Arbeitskräfte ins Land holen müsse, die man auch hier brauche. Illegal nach Österreich gelangte Personen sollten hingegen abgeschoben werden. Verteidigt wurde vom Regierungschef auch sein Vorstoß, Sozialleistungen erst nach fünf Jahren zu gewähren. Zwar legte er sich nicht auf eine bestimmte Leistung fest, nannte aber wiederholt die Mindestsicherung.

Rechtlich wäre es aus seiner Sicht umsetzbar, weil man hier keine diskriminierende Regel plane. Die fünf Jahre sollten einfach für alle gelten, für EU-Bürger sei die Wartefrist ja jetzt schon der Fall. Daher ist für ihn nicht erklärbar, warum bei Asylberechtigten ein anderer Modus angewendet werde.

Nehammer brachte auch die Idee eines Autogipfels ins Spiel. Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel war vereinbart worden, dass Pkws mit Verbrennungsmotoren über das Jahr 2035 hinausgehend betrieben werden können, allerdings ausschließlich mit E-Fuels.

Dass es keine Mietkosten-Bremse gibt, verteidigte Nehammer. Von dieser hätten 800.000 Personen im freien Wohnbau gar nicht profitiert, hält er die nun beschlossenen Zuschüsse für zielgerichteter. Für den Koalitionspartner erklärte die Abgeordnete Nina Tomaselli hingegen in der Sendung "Hohes Haus" einmal mehr, dass für die Grünen die Bremse die wesentlich bessere Variante gewesen wäre.