ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner tritt zurück. Samstag Vormittag hat die ÖVP zu einer "persönlichen Erklärung" Sachselehners in der Bundesparteizentrale eingeladen. Am gestrigen Freitagabend hatte Sachslehner einen Koalitionskrach um den Klimabonus für Asylwerber derart eskalieren lassen, dass sie von ÖVP-Klubchef August Wöginger zurückgepfiffen wurde.

"Nicht verbiegen"

In ihrem Statement sagte Sachslehner, dass sie die Linie ihrer Partei nicht mehr mittragen könne. So wolle sie sich nicht verbiegen und dem Koalitionspartner "nicht anbiedern". Im Wiener Gemeinderat werde die 28-Jährige der Politik aber auch künftig erhalten bleiben.

Einen äußerst scharfen Ton gegenüber dem Grünen Koalitionspartner hat die nun ehemalige ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner am Freitag angeschlagen: Sollten die Grünen beim Nein zur Streichung des Klimabonus für Asylwerber bleiben, sei "für die Volkspartei eine rote Linie überschritten". Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer reagierte schroff und verlangte von der ÖVP ein Bekenntnis zur Koalition. Das kam umgehend, und zwar von Klubobmann August Wöginger, der die Pakttreue der ÖVP betonte.

Die ÖVP-Generalsekretärin hatte - am Donnerstag in einer Pressekonferenz - die ursprünglich von der wahlkämpfenden Tiroler Volkspartei erhobene Forderung aufgegriffen, das Gesetz zum Klimabonus so schnell wie möglich zu ändern, damit Asylwerber die Leistung nicht mehr erhalten. Vizekanzler Werner Kogler und Umweltministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) erteilten diesem Ansinnen umgehend eine Absage. Es sei "richtig" und "sachlich definiert", dass das Gesetz den Klimabonus für alle Menschen vorsieht, die seit mindestens einem halben Jahr ihren Wohnsitz in Österreich haben, erklärte Kogler. Die ÖVP habe diesem Gesetz auf allen Ebenen eindeutig zugestimmt, merkte er an.

Diese gestrigen Aussagen sind für Sachslehner "nicht hinnehmbar". "Es ist mir unbegreiflich, warum die Grünen nach wie vor auf stur schalten", richtete sie dem Koalitionspartner aus. Es könne "nicht sein, dass Asylwerber, die noch keinen einzigen Cent ins System eingezahlt haben und ja womöglich einen negativen Bescheid erhalten und das Land verlassen müssen, mit einem Geldgeschenk belohnt werden." Es sei "höchst an der Zeit, zu handeln und diese Steuergeldverschwendung abzustellen". Was die ÖVP zu tun gedenkt, wenn die Grünen die "rote Linie" überschreiten, ließ sie in der schriftlichen Reaktion nicht wissen. Auch auf Nachfrage der APA wollte sie dies nicht weiter ausführen.

Grünen-Klubchefin Maurer reagierte via Social Media. Die Zusammenarbeit mit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und seinem Regierungsteam sei konstruktiv und in schwierigen Zeiten von Verantwortungsbewusstsein geprägt, betonte sie Freitagabend: "Wir Grüne stehen bereit, diese Zusammenarbeit fortzusetzen." Nach Sachslehners Äußerung fragte sie allerdings, ob die ÖVP die Koalition in Frage stelle. "Bisher hatten die fragwürdigen Äußerungen von Frau Sachslehner, die weder im Regierungsteam noch im Nationalrat vertreten ist, keinerlei Einfluss auf die Regierungsarbeit. Ich gehe davon aus, dass das so bleibt - der Koalitionspartner muss hier Farbe bekennen", so Maurer.

Ihr ÖVP-Konterpart Wöginger reagierte umgehend und pfiff Sachslehner zurück. "Die ÖVP war immer pakttreu und wird es auch in diesem Fall sein", beteuerte er in einer knappen schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. "Die nunmehrige Regelung wurde letzten Sommer vereinbart und dabei bleibt es." Weitere Erklärungen zur Diskrepanz in den Äußerungen gab es für die APA im ÖVP-Klub nicht.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sah den Streit eskalieren. "Wenn die ÖVP-Generalsekretärin dem grünen Koalitionspartner auf offener Bühne indirekt mit Neuwahlen droht, ist in der Regierung Feuer am Dach", meinte er in einer Aussendung. "Nicht anders sind Sachslehners Aussagen, dass die Grünen eine 'rote Linie überschritten' hätten, sie 'stur' seien und ihr Verhalten 'nicht hinnehmbar' sei, zu interpretieren."

Für die FPÖ erneuerte Parteichef Herbert Kickl den Vorschlag an die ÖVP, den im Regierungsprogramm festgeschriebenen "koalitionsfreien Raum" zu nutzen: "Wenn es die ÖVP tatsächlich ernst meint, kann sie die notwendige Gesetzesänderung jederzeit mit uns Freiheitlichen beschließen", meinte er in einer Aussendung.

Mit der Ernennung eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin will die ÖVP sich Zeit lassen. Interimistisch springt Alexander Pröll, der Sohn des früheren ÖVP-Obmannes und Vizekanzlers, für Sachslehner ein.