Postenbesetzungen und Ermittlungen (allenvoran jene im Ibiza-Komplex) im Innenministerium (BMI) stehen diese Woche im Fokus der Befragungen im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Die Abgeordneten interessieren sich vor allem für die sichergestellten Handy-Chats des ehemaligen Kabinettschefs Michael Kloibmüller, der am Nachmittag als Auskunftsperson geladen ist.

Der für Mittwoch geladene Chef des Bundeskriminalamts (BK), Andreas Holzer, sagt dem U-Ausschuss aus gesundheitlichen Gründen ab. Die zweite Auskunftsperson Dieter Csefan wird vorgezogen und wird ab 9 Uhr aussagen.

In seinem Eingangsstatement erklärte Kloibmüller, dass er zu der "Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren" sowie der "Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit" keine Wahrnehmungen habe. Der frühere Kabinettschef des BMI führte seinen beruflichen Werdegang aus, seit 2018 sei er vom Ministerium für zehn Jahre karenziert worden.

"Keine Wahrnehmung" zu Sobotkas Interventionsliste

Zu Postenbesetzungen erklärte der Beamte ausführlich, wie eine Stelle im BMI bestellt wird. Seiner Wahrnehmung zufolge sei "jede Bundesministerin und jeder Bundesminister" unter der er arbeiten durfte "der Empfehlung der Besetzungskommission gefolgt". In seinem Fall wären das als Kabinettschef Maria Fekter, Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka (alle ÖVP) gewesen.

Gegen Letzteren ermittelt die WKStA nach einer Besetzung aus dem Jahr 2017 wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Auch Kloibmüller wird hier als Beschuldigter geführt und kündigt daher an, sich dazu "und zu anderen, konkreten Personalentscheidungen" zu entschlagen. Immerhin prüfe die Staatsanwaltschaft seit Februar in sechs Fällen einen Anfangsverdacht wegen möglicher Anstiftung zum Amtsmissbrauch gegen ihn, informierte Kloibmüller den U-Ausschuss heute. Die Daten, die 2017 von seinem in der Donau abgesoffenen Handy abgesaugt wurden, habe er nicht.

Zu einer "Interventionsliste", die Sobotka geführt haben soll, habe er keine Wahrnehmung. Er selbst habe keine solche Liste geführt, sagte Kloibmüller, verstehe die mediale Berichterstattung aber so, dass der damalige Innenminister eine Art "Abarbeitungsliste" geführt habe, um Anliegen der Bevölkerung aufzulisten und abzuarbeiten. "Die Wünsche und Anliegen wurden auf unterschiedlichste Weise kommuniziert", erklärte Kloibmüller - per Post, per Mail, aber auch im persönlichen Gespräch vor Ort.

Da seien auch "mit großer Wahrscheinlichkeit" Leute mit Postenwünschen an Sobotka herangetreten. Wie oft der Minister wegen einer "Prüfung eines Anliegens" (kein Wunsch, "weil man prüft, ob es geht"), an ihn herangetreten sei, wisse er nicht mehr. Eine ÖVP-Mitgliedschaft sei bei Postenbesetzungen aber "nie" Kriterium gewesen.

Lang wollte Sonderkommission

Den Beginn machte aber der frühere Direktor des Bundeskriminalamts (BK), Franz Lang. Er sollte zur "Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit" befragt werden, vor allem drehte es sich dabei um die "Ibiza"-Ermittlungen und die "Soko Tape". Wie der "Kurier" berichtet, steht die Sonderkommission, die unter anderem das "Ibiza"-Video suchen sollte, unmittelbar vor der Einstellung. Befangenheit der ermittelnden Polizisten - etwa durch politische Tätigkeiten auf Gemeindeebene - hält er für "an den Haaren herbeigezogen".

Ihm sei schon früh klar gewesen, dass es für die Ermittlungen eine Sonderkommission brauche, sagt das Mitglied der schwarzen Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG). Im Mai 2019 habe man annehmen müssen, dass es vor der Veröffentlichung des "Ibiza"-Videos "eine längere Geschichte gibt". Erfahrungsgemäß werde in solchen Fällen etwa versucht, die Hauptdarsteller eines solchen Videos - in diesem Fall die früheren FPÖ-Granden Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus - zu erpressen. Es sei Polizei-intern auch nicht ausgeschlossen gewesen, "dass Geheimdienste dahinterstecken", sagte Lang.

Ex-BKA-Direktor Franz Lang
Ex-BKA-Direktor Franz Lang © APA/HELMUT FOHRINGER

Lang: Eine Staatsanwaltschaft reicht

Er habe den Wunsch gehabt, "dass man die Ermittlungen auf eine Staatsanwaltschaft konzentrieren soll", denn man habe "historisch sehr schlechte Erfahrungen" mit einer doppelten Leitung gehabt: Die Staatsanwaltschaften würden sich "auf gleiche Zeugen, gleiche Unterlagen" stürzen. "Dort sagt der Zeuge das aus, dort das, das muss durch eine dritte Befragung abgeglichen werden", dieser Vorgang würde Ermittlungen verzögern, erklärte Lang. Der frühere Chef des BK spricht in der Befragung immer wieder an, dass er sich eine unabhängige Untersuchungskommission wünsche, die die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei prüfen solle.

In einer ersten Besprechung am 24. Mai war dann die Staatsanwaltschaft (StA) Wien, nicht aber die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) anwesend. Es habe im "Mai, Juni, Juli" aber auch Termine mit Vertretern der WKStA gegeben, konkret erinnere er sich an zwei Treffen. Bestätigt wurde von Lang, dass er im Dezember 2019 SoKo-Leiter Holzer mit einem Sachstandsbericht über die Spannungen zwischen der Staatsanwaltschaft Wien und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beauftragt hat.

Es sollte damals "möglichst genau" dokumentiert werden, "welche Fragestellungen und Schwierigkeiten mit den Staatsanwaltschaften aufgetreten sind". Gefragt, ob im Sachstandsbericht die Arbeit mit der StA Wien als "reibungslos, vertrauensvoll" beschrieben wurde, jene mit der WKStA als "verbesserungswürdig", sagte Lang, dem müsse er "zustimmen". Die WKStA durfte diesen internen Bericht nicht sehen.

Befangenheitsvorwürfe "an den Haaren herbeigezogen"

Andreas Holzer als Leiter der Soko-Tape sei sein Vorschlag gewesen, erklärte Lang. "Wir sind gute Kollegen, aber die Familien treffen sich nicht", die medial berichtete "Hallein-Connection" rund um Holzer, Lang und den Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, sei "Humbug". Die weiteren Mitglieder der Soko habe sich dann Holzer ausgesucht. Warum, wird der frühere Soko-Chef morgen darlegen können.

Ihn würden die "an den Haaren herbeigezogenen Befangenheitsvorwürfe" gegen die ermittelnden Beamten stören, sagte Lang im U-Ausschuss. Das habe er der Leiterin der WKStA, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, zu der er ein gutes Verhältnis habe, auch direkt gesagt. Wenn man damit anfange, einen Gemeindepolitiker für befangen zu erklären, müsse man "tausende Polizisten für befangen erklären".

Ex-BK-Chef erklärte Pilnacek, wie die Polizei Leaks "entschärft"

Der suspendierte Sektionschef Christian Pilnacek habe ihn oft zu Leaks aus der WKStA kontaktiert, so Lang nach Fragen zu Chats zwischen Pilnacek und dem Leiter der StA Wien, Johann Fuchs, in denen etwa "Observationen" der WKStA angedacht wurden. Er könne sich nicht daran erinnern, mit Pilnacek oder Fuchs konkret über Observationen gesprochen zu haben.

Leaks seien "fast ein Dauerzustand in der öffentlichen Verwaltung", klagte aber auch Lang. Er habe sich "immer heftig dagegen gestreut und versucht, meinen eigenen Stall sauber zu halten". Wie gut er das gemacht habe, habe auch Pilnacek und Fuchs beeindruckt. Er könne sich aber nicht an konkrete Pläne erinnern, er habe aber immer gesagt "das muss jeder in seinem eigenen Stall machen" - die Justiz solle das folglich selbst klären.

"Soweit ich mich erinnern kann, hat Pilnacek immer gefragt, wie wir sogenannte Innentäter im Bundeskriminalamt entschärfen". Er habe dem Sektionschef dann auch erklärt, "wie wir das in der Polizei machen". Es gehe dabei vor allem um Geschwindigkeit, erklärt Lang.

Chats aus den Tiefen der Donau

Die Anfang des Jahres bekannt gewordenen Chats Kloibmüllers waren von Peter Pilz persönlich an den U-Ausschuss übergeben worden, als der Gründer des Online-Mediums "zackzack.at" selbst als Auskunftsperson geladen war. Deren Veröffentlichung ist umstritten, sollen die Handydaten doch mehr oder weniger gestohlen worden sein. Die darauf befindlichen Gespräche mit den ehemaligen Ressortchefs Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) sollen laut Opposition Anhaltspunkte für Postenschacher liefern.

Für NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper zeige sich durch die öffentlich bekannt gewordenen Chats von Kloibmüller, dass im Sicherheitsbereich oft nicht die besten, sondern ÖVP-nahe Personen an wichtige Positionen gehievt worden seien. "Kloibmüller hat dieses System perfektioniert", so Krisper. Eine Folge davon sei, dass im Innenministerium Einfluss auf die Ermittlungen genommen worden sei. Kloibmüller habe etwa auch im Innenministerium als Bindeglied zum mittlerweile suspendierten Sektionschef Christian Pilnacek fungiert, so der freiheitliche Fraktionsführer, Christian Hafenecker.

David Stögmüller von den Grünen wiederum will der Frage nachgehen, welche Fehler die mit den Ermittlungen zum Ibiza-Video betraute SoKo Tape gemacht habe und was hinter den Kulissen zwischen Lang, Oberstaatsanwalt Johann Fuchs und Pilnacek gelaufen sei. Oft seien dabei offensichtlich persönliche Interessen den öffentlichen übergeordnet worden, so Stögmüller.

ÖVP geht gegen Zadic zum VfGH

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger hingegen betonte abermals, dass bis dato keine Auskunftsperson politische Einflussnahme bestätigt habe. Das werde sich auch heute zeigen. Abseits davon berichtete Hanger, dass sich die ÖVP-Fraktion wegen der angeforderten Chats von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid mit SPÖ-Proponenten an den VfGH gewandt habe. Als Konflikt mit dem Koalitionspartner bzw. mit Justizministerin Alma Zadic will er das nicht verstanden wissen.

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger will Chats der SPÖ
ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger will Chats der SPÖ © APA/HELMUT FOHRINGER

Hanger hofft auf eine "zeitnahe" Entscheidung und dass die "SPÖ-Chats" in Kürze vorliegen. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer ortet darin ein Ablenkungsmanöver der ÖVP, um von den eigenen Problemen abzulenken. Auch die Opposition wartet auf weitere Chats aus dem Handy von Thomas Schmid.

Das Thema "Sonderkommisison" sollte sich auch am Mittwoch weiter drehen, dann wäre nämlich Langs Nachfolger als Direktor des Bundeskriminalamts und ehemalige Leiter der "Soko Tape", Andreas Holzer, geladen. Holzer kann jedoch aus gesundheitlichen Gründen morgen nicht vor den Abgeordneten aussagen. So wird am zweiten Befragungstag nur der aktuelle Soko-Leiter Dieter Csefan kommen.