Am Nachmittag ist der "Anwalt der Republik", der Leiter der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn, geladen. Peschorn gehört nahezu zum Standardinventar eines U-Ausschusses, soll die Finanzprokuratur doch die Republik rechtlich beraten. Daher sagte Peschorn bereits zu Hypo, Eurofighter, BVT und Ibiza aus.

Die Opposition erhofft sich vom ehemaligen Innenminister Erkenntnisse zu diversen Ermittlungen, etwa im Ibiza-Verfahren, als auch Vorgängen im Finanzministerium. Peschorn war auch Vermittler des Finanzministeriums, was Aktenlieferungen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss angeht.

Er ist weiterhin der Meinung, mit seinem Vorschlag wäre alles für den U-Ausschuss relevante geliefert worden. "Ich weiß bis heute nicht, was über die Exekution geliefert wurde", sagte Peschorn.

Seine Entscheidung, den Bericht der Internen Revision des Finanzministeriums in der Causa Beinschab für die Öffentlichkeit zu kürzen, verteidigte Peschorn. Er habe damit die Ermittlungen der WKStA schützen wollen.

Kritik an teuren Beratern

In seinem Eingangsstatement holte Peschorn aus und spricht von "Berater- und Interessensnetzwerken", die "das schleichende Gift für einen Rechtsstaat", seien. Die Verfolgung von Korruption sei wichtig, doch zu Verhinderung von Korruption sei es nötig, die Verwaltung entsprechend auszustatten. Es bedürfe nicht nur gesetzlichen Regelungen und Transparenz, sondern es müsse auch sichergestellt sein, dass jeder Amtsträger "gegen unlautere Ansinnen anderer immunisiert, also geimpft ist".

Es werde mitunter aktiv unterlassen, die Finanzprokuratur hinzuzuziehen, stattdessen werde auf willfährige Berater gesetzt, kritisierte Peschorn. Die Republik Österreich sei daher mit der "Kleinstaaterei des Vormärz" zu vergleichen. "Wer die richtigen Fragen stellt, hat die halbe Antwort", sagte Peschorn und wünschte den Abgeordneten, die richtigen Fragen gefunden zu haben. Er sei der Republik verpflichtet, er handle für die Republik und die Steuerzahler "und niemand anderen", wies Peschorn .

Generell fände er regelmäßige Überprüfungen, ob noch alles funktioniere, gut, betont Peschorn - das gelte "im Beruf wie im Privatleben". Dem früheren Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gab Peschorn rund zwei Wochen vor einer Hausdurchsuchung bei Löger "in einem rein menschlichen Gespräch" Rat. Löger habe Sorgen gehabt, Teile der Ermittlungen zu werden, Peschorn beriet ihn dazu, wen er als Anwalt nehmen sollte. Da er nicht viele Strafverteidiger kenne, habe er Löger aber nicht helfen können.

Ermittlungen in Causa Beinschab

SPÖ-Fraktionsführer Krainer sprach im Vorfeld der Befragung einmal mehr die Rolle der Soko-Tape an, die mittlerweile von der WKStA entmachtet wurde. Dazu werde man den früheren Innenminister Peschorn befragen. Der Bericht der Internen Revision zur Causa Beinschab, der von 146 auf 19 Seiten gekürzt wurde, sei ebenfalls interessant, so Krainer. Peschorn selbst soll die Unterlage gekürzt haben.

Auch der FPÖ-Abgeordnete Christian Ries will dem Leiter der Finanzprokurator in der Umfragenaffäre auf den Zahn fühlen. Immerhin hatte der Leiter der Internen Revision im U-Ausschuss beklagt, nicht einmal die Anordnung der Hausdurchsuchung wurde ihr zur Verfügung gestellt. Ihr Leiter musste sie von einem Onlinemedium herunterladen.

Peschorn wollte Ermittlungen schützen

Peschorn weist entsprechende Vorwürfe von sich. Er habe Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) empfohlen, Verfehlungen im eigenen Bereich zu untersuchen. Der "Anwalt der Republik" erklärt, dass er den Bericht für die Öffentlichkeit kürzen ließ, um die Ermittlungen der WKStA nicht zu gefährden. Aus demselben Grund hatte er auch empfohlen, die ganzen 146 Seiten, die als "Anhang" bezeichnet werden, nicht dem U-Ausschuss vorzulegen.

Außerdem sei der Bericht nicht Teil des Untersuchungszeitraums. Die Finanzprokuratur hätte dem U-Ausschuss nichts vorenthalten und auch nichts verzögert, fasst Peschorn zusammen. Immerhin sei die Republik Österreich in der Causa Beinschab Opfer, argumentiert der "Anwalt der Republik". Zur Erinnerung: Das Finanzministerium hatte mehrere hunderttausend Euro an Steuergeld für offensichtlich parteipolitische Studien ausgegeben.

Aktenlieferung an "Ibiza"-U-Ausschuss

Vor Peschorn war der Leiter der Gruppe Recht in der Präsidentschaftskanzlei von Alexander Van der Bellen, Georg Frölichsthal, als Auskunftsperson geladen. Er hatte sich angeblich skeptisch bezüglich der Exekution im Finanzministerium wegen nicht erfolgter Aktenlieferungen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss geäußert. Die ÖVP wollte herausfinden, ob die Präsidentschaftskanzlei "politisch instrumentalisiert" wurde. Die anderen Fraktionen erwarteten wenig Erfolg.

Zu Beginn der Befragung zeigte sich: Der geladene Leiter der Gruppe Recht in der Präsidentschaftskanzlei, Georg Frölichsthal, gibt gerne Auskunft – aber nur in nicht medienöffentlicher Sitzung. Er könne öffentlich keine Information zu Akten geben, die als geheim eingestuft seien.

Generell habe aber die Präsidentschaftskanzlei nie die an den Ausschuss zu liefernden Akten des Finanzministeriums gesehen. Der U-Ausschuss hätte hingegen durch die Exekution "hunderte Akten bekommen, die wir davor nicht hatten", sagt SPÖ-Fraktoinsführer Kai Jan Krainer. Nach knapp zwei Stunden kam die Abgeordneten dem Wunsch der Auskunftsperson nach und übersiedeln in das abhörsichere Lokal zu einer nicht medienöffentlichen Sitzung.

Kritik und Lob für zwei Präsidenten

Krainer summierte, dass sich die Rolle von Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in der Nichtlieferungscausa bestätigt hätte. Auch hätten sich neue Fragen an Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Vorsitzenden des U-Ausschusses ergeben, die man dem Nationalratspräsidenten als Auskunftsperson stellen werde.

Gleichzeitig lobte der SPÖ-Abgeordnete die Rolle des Bundespräsidenten: Die Präsidentschaftskanzlei habe eine "doch sehr schwierige Situation sehr gut gelöst", nun gebe es "eine bewährte und juristisch saubere" Lösung, falls erneut ein Minister eine Erkenntnis des VfGH missachten würde.

Die ÖVP sieht hingegen Krainers eigene Rolle kritisch. Der SPÖ-Abgeordnete hatte Mails an die Präsidentschaftskanzlei gerichtet, diese hätten die Entscheidung des Bundespräsidenten beeinflussen können, sagte der ÖVP-Abgeordnete Peter Weidinger. Auf die konkrete Frage, ob sich der Präsident auch beeinflussen ließ, wich der Abgeordnete mit Verweis auf die vertrauliche Sitzung aus.

ÖVP Kritik am U-Ausschuss

Hanger kritisierte in der Früh auch den Ausschuss selbst: Das Parlament solle sich wichtigeren Themen widmen, werde ihm gesagt. "Die Ressourcen des Parlaments sollten wir dorthin legen, wo wirklich die Probleme unseres Landes liegen", findet auch Hanger selbst. Stattdessen würde man sich mit Beraterverträgen aus dem Jahr 2015 beschäftigen. Ein Tag wie gestern sei "nah an der Steuergeldverschwendung", sagt der türkise Fraktionsführer.

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger kritisiert den U-Ausschuss
ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger kritisiert den U-Ausschuss © APA/HELMUT FOHRINGER

Der ÖVP-Abgeordnete betont auch, Anzeigen "als politisches Kampfinstrument" abzulehnen. Seit drei Jahren würde das Casag-Verfahren laufen, irgendwann müssten die Ermittlungen abgeschlossen werden, fordert Hanger und zählt zahlreiche Anzeigen auf, die aufgrund mangelnden Anfangsverdachts oder im Laufe des Ermittlungsverfahrens eingestellt wurden. Zuletzt etwa jene gegen Blümel und Peschorn wegen der verzögerten Aktenlieferung.

"Ein Untersuchungsausschuss ist kein Kaffeeplausch" - weder für die Abgeordneten, noch die Auskunftspersonen, fasst die grüne Fraktionsführerin Tomaselli persönliche Angriffe auf Abgeordnete und Antwortverweigerungen von Auskunftspersonen von gestern zusammen. "Ich nehme wohl an, dass René Benko nicht aus Kunstinteresse nach Russland gereist ist", zweifelt Tomaselli, dass bei einer Reise nach Russland nur über kulturellen Austausch gesprochen wurde.