Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sind sich nun darin einig, dass sie künftig keine geheimen Nebenabsprachen mehr wollen. „Nicht öffentliche Sideletter und Nebenvereinbarungen sollen der Vergangenheit angehören", sagte Kogler am Mittwoch.

In den Regierungsverhandlungen mit Sebastian Kurz sei diese "vollumfängliche" Transparenz "mit unserem Gegenüber nicht möglich gewesen", so Kogler. Er räume aber ein, dass die Grünen durch den Sideletter hinter ihren eigenen Ansprüchen zurückgeblieben sind: "Das sehe ich auch und das tut mir leid."

Schon zuvor hatte sich Kanzler Karl Nehammer ähnlich geäußert:  "Es wird keine geheimen Sideletter mehr geben", sagte er der Kronen Zeitung. Gelten solle dies für alle künftigen Regierungskoalitionen mit ÖVP-Beteiligung, egal wer der Partner ist.

Offener Brief der Justiz

Maßgebliche Justizvertreter reagierten unterdessen mit einem Offenen Brief auf die jüngst bekannt gewordenen Chats und Sideletters. In diesen waren bekanntlich auch Spitzenposten in Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof per Kuhhandel verteilt worden.

Bei der Postenbesetzung in der Justiz bestehe offensichtlich ein "guter Grund für eine Reform", sagt Sabine Matjeka, die Präsidentin der Richtervereinigung. Sie und die Justiz-Gewerkschaft fordern in einem Offenen Brief an die Regierung deshalb, dass alle Ernennungen nur mehr auf Basis verbindlicher Vorschläge richterlicher Gremien erfolgen sollen.

"Als Standesvertretung lehnen wir parteipolitische Erwägungen in Besetzungsverfahren ab", heißt es in dem von Matejka und Justiz-Gewerkschaftschef Martin Ulrich unterzeichneten Schreiben. Um die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit - und damit deren Akzeptanz - zu sichern, dürfe nur die Eignung der Bewerber maßgeblich sein.

Es gelte, "jeden Anschein einer Möglichkeit, aus parteipolitischen bzw. unsachlichen Erwägungen Einfluss auf solche Besetzungen nehmen zu können", strukturell auszuschließen. Deshalb solle bei der Bestellung von Präsidenten und Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes und der Verwaltungsgerichte die Kontrolle durch unabhängige Gremien gestärkt werden.

Alma Zadic folgt diesen Wünschen: Sie kündigte am Mittwoch eine Reform an. Eigene Personalkommissionen sollen künftig für eine transparente Kür von Präsidenten und Vizepräsidenten an den Höchstgerichten sorgen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Auch das Übernahmeverfahren in den richterlichen Vorbereitungsdienst müsse den unabhängigen Personalsenaten übertragen werden, verlangen die Standesvertreter. Diese Senate bestehen mehrheitlich aus (alle vier Jahre) von den Richtern gewählten Kollegen bzw. Kolleginnen des jeweiligen Gerichts.