Er würde die Vorgehensweise von Zadic "nicht als Plagiat werten, sondern als schlechte Wissenschaft bzw. eher sinnbefreites Arbeiten", erklärte Weber auf seinem Weblog. Zadics Büro wies die Vorwürfe als "absolut unseriös und falsch" zurück.

Die Dissertation sei als englischsprachige Dissertation streng nach den Zitierregeln des Harvard Bluebooks - "der führenden US-amerikanischen Autorität für juristische Publikationen" - verfasst worden. Dies entspreche dem in den Rechtswissenschaften international anerkannten wissenschaftlichen Standard.

Frage der Zitierregeln

Auslöser der Debatte waren Textpassagen aus Zadics Dissertation, die die Plagiatssucherin Katharina Renner gesammelt hatte. Aus Webers Sicht keine Plagiate, da Zadic stets die Quellen der von ihr zitierten Arbeiten nannte. Die nunmehrige Justizministerin setzte die Zitate aber nicht unter Anführungszeichen sondern mit Fußnoten zitierte. Weber fordert nun in einem Offenen Brief eine wissenschaftliche Debatte um wörtliches Zitieren ohne Anführungszeichen in der Rechtswissenschaft.

Der ehemalige Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München, Manuel Theisen, würde aber "bei bei strenger formaler Betrachtung dazu neigen", Stellen aus Zadics Arbeit "als Textplagiate zu bezeichnen", wird er in einem ÖVP-nahen Onlinemedium zitiert.

Dem trat die stellvertretende Vorständin des Instituts für Strafrecht und Kriminologie (auf dem Zadic 2017 ihre Dissertation eingereicht hatte), Ingeborg Zerbes, entschieden entgegen. Soweit sie die Arbeit gesehen habe, sei diese "völlig in Ordnung", betonte Zerbes. Die von Zadic verwendeten Zitierregeln des Harvard Bluebooks seien bei englischsprachigen Juristen "lege artis" ("nach den Regeln der Kunst" Anm.), sagte Zerbes. Auch verwies Zerbes darauf, dass die Suchmaschinen, mit denen Plagiate gesucht werden, fehleranfällig sein können - und einer "Nachkontrolle aus fachlicher Perspektive" bedürfen.

Rücktritte nach Plagiatsvorwürfen

Weber war schon in der Vergangenheit mit Kritik an den wissenschaftlichen Arbeiten einzelner Politiker hervorgetreten. 2017 entzog die Universität Graz nach Plagiatsvorwürfen dem damaligen steirischen Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) seinen Doktortitel, Buchmann trat in weiterer Folge zurück.

Im Jänner 2021 erklärte die damalige Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) ihren Rücktritt. Grund waren auch hier Vorwürfe Webers, sie habe Teile ihrer 2020 in Bratislava eingereichten Dissertation kopiert, ohne die Quellen ordentlich auszuweisen. Auch in ihrer Diplomarbeit an der FH Wiener Neustadt wollte er Plagiate entdeckt haben. Die österreichische Hochschule verzichtet nach einer Überprüfung auf eine Aberkennung des Titels, auch ihren in der Slowakei erworbenen Titel dürfte Aschbacher schlussendlich behalten.

Und erst am Freitag vergangener Woche geriet auch die Diplomarbeit von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) ins Visier Webers. Er habe darin "zahlreiche Plagiate und Quatsch" gefunden, schrieb er in seinem Weblog. Sie habe die wissenschaftlichen Grundregeln ihres Fachs nicht beherrscht. Im Büro der Ministerin sprach man von an den Haaren herbeigezogenen Behauptungen, die man nicht kommentiere.