In einem Wiener Hotel hat am Samstag der "Klimarat der Bürgerinnen und Bürger" begonnen. Er wurde als Reaktion auf das Klimavolksbegehren initiiert. 100 per Zufallsprinzip ausgewählte Menschen treffen sich dabei sechs Wochenenden lang alternierend in Wien und in Salzburg, um als "Mini-Österreich" umweltpolitische Zukunftsfragen zu besprechen und Empfehlungen an die Politik abzugeben.

Zum Auftakt um 13.00 Uhr richteten Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen Begrüßungsworte an die anwesenden Ratsmitglieder. Anschließend werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Einführung in die Abläufe erhalten.

"Schubladisieren" wird nicht möglich sein

"Ich bin sehr gespannt, wie das ausgeht. Das ist ein Experiment für Österreich", zeigte sich der Bundespräsident in seiner Rede erwartungsfroh. Der Klimarat, so hob er hervor, würde sich einem zentralen Thema der nächsten Jahrzehnte widmen. Zwar sei man aktuell mit "Corona und seinen Mutanten" beschäftigt: "Aber deswegen schläft die Klimakrise nicht und wir dürfen das auch nicht tun."

Er selbst werde die ärgsten Auswirkungen wohl nicht mehr erleben, konstatierte der Bundespräsident. Wenn man über Maßnahmen nachdenke, tue man dies für "unsere Kinder, Enkel und Urenkel". Er stellte fest, dass der Klimarat einen Querschnitt der Bevölkerung repräsentiere. "Sie sind sowas wie ein kleines Österreich."

Die Resultate des Gremiums zu "schubladisieren", werde nicht möglich sein, versicherte er. Denn es handle sich nicht um "irgendeine kleine Diskussionsgruppe". "Nützen sie die Chance, ist meine Bitte. Sie nehmen an etwas neuem Teil, machen sie etwas daraus."

"Wir müssen die Emission von Treibhausgasen reduzieren und zwar drastisch und rasch", hielt er fest. Einfach seien die Lösungen dabei nicht. Experten hätten ihm etwa erläutert, dass das Stromnetz zusammenbrechen würde, wenn man sofort auf Elektroautos umstelle. Auch auf internationale Beispiele verwies er - etwa auf den pazifischen Inselstaat Kiribati, dem der Untergang durch steigenden Meeresspiegel drohe.

"Demokratie in Österreich ein Stück besser machen"

Auch Umweltministerin Gewessler bedankte sich bei den Gästen im Saal für ihr Engagement. Es sei nicht selbstverständlich, in Summer sechs Wochenenden gemeinsam zu verbringen. Sie zeigte sich überzeugt, dass im Raum wohl "ganz unterschiedliche Standpunkte" zu finden seien.

Eine Einrichtung wie den Klimarat habe es in dieser Form noch nie gegeben. "Sie werden die Art, wie wir Demokratie leben in Österreich ein Stück besser machen." Die Mitglieder wurden aufgerufen, Ideen zu sammeln, etwa zum Thema klimafreundliche Mobilität oder zu Energiesparkonzepten.

Die Auswirkungen des Klimawandels, so betonte die Ressortchefin, seien auch in Österreich spürbar. In den Städten werde es immer heißer, auch stelle sich die Frage, was die Situation für die Ernten bedeute. Auch an den großen Waldbrand im Rax-Gebiet im Herbst erinnerte sie.

Ab dann blieben die Mitglieder unter sich und diskutierten in Gruppen, wobei sie nicht gänzlich auf sich allein gestellt sind: Unterstützung bekommen sie von einem 15-köpfigen Wissenschaftlergremium, einer Sozialpartner- und Umwelt-NGO-Gruppe und einem Moderatorenteam.

Strenge Sicherheit zum Start

In den Beratungen, für die sich alle Nationalratsfraktionen außer der FPÖ ausgesprochen haben, soll es um Ernährung, Landwirtschaft, Energie, Produktion, Konsum, Wohnen, Mobilität und soziale Gerechtigkeit gehen. Die Ergebnisse will man zu Jahresmitte der Bundesregierung übergeben.

Streng waren heute die Sicherheitsvorkehrungen: Zur Eröffnung waren nur Personen zugelassen, die gegen Corona geimpft oder genesen sind und die auch PCR-getestet waren. Während der gesamten Veranstaltung herrscht Maskenpflicht. Zehn Personen waren heute – unter anderem aus Krankheitsgründen – nicht dabei. Sie sollen dann beim nächsten Termin in Salzburg dazustoßen. Beim heutigen Auftakt sollen alle auf den gleichen wissenschaftlichen Stand gebracht werden.

FPÖ kritisiert Kosten

Die FPÖ kritisiert bereits die Kosten des Projekts. "Dieses Pseudo-Gremium kostet den österreichischen Steuerzahlern schon jetzt einige Hunderttausend Euro", sagt der freiheitliche Umweltsprecher Walter Rauch. Die Regierung solle "lieber die gesamte Bevölkerung direkt demokratisch befragen, ob sie weitere Belastungen möchte", fordert der Nationalratsabgeordnete.