Der Dritte Nationalratspräsident und Ex-FPÖ-Chef Norbert Hofer spricht sich dagegen aus, dass die Politik medizinische Tipps gibt. "Ich persönlich gebe keine medizinischen Ratschläge. Ich bin kein Mediziner", sagte Hofer im APA-Interview - angesprochen darauf, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl anstelle der Impfung zur Corona-Behandlung auch (umstrittene) Präparate wie etwa Ivermectin in Betracht zieht. Gleichzeitig stellte er sich klar hinter Kickl und lehnte eine Impfpflicht ab.

"Wenn jemand mit mir in ein Flugzeug einsteigt, dann muss er sich verlassen können, dass ich das Ding fliegen kann", sagte der Hobbypilot. "Und wenn ich einen Ratschlag haben will, der meine Gesundheit betrifft, dann frage ich einen Arzt, so gehe ich damit um."

Vor der Einnahme des Entwurmungsmittels Ivermectin warnen etwa das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) oder auch die Europäische Arzneimittelagentur. Auch der Hersteller MSD sah sich Mitte November gezwungen, vor einer falschen Anwendung zu warnen und betonte, dass es "keine aussagekräftige Evidenz für die Anwendung von Ivermectin (Stromectol) bei SARS-CoV-2" gibt.

Auch Hofer gegen Impfpflicht

Gleichzeitig ließ Hofer keinen Zweifel daran, dass er bei der Impfpflicht auf Parteilinie liegt. Kickl habe ja auch "klar gemacht, es geht ihm nicht darum, den Menschen zu sagen, lasst euch impfen oder lasst euch nicht impfen". Es müsse der Arzt des Vertrauens den Patienten beraten und der müsse dann "frei entscheiden können", so Hofer. Bei jenem Bevölkerungsteil, der hinsichtlich der Impfung noch überlegt, halte er eine Impfpflicht "für eher schädlich, weil dann eine gewisse Abwehrhaltung eintritt". "Ich glaube, man muss überzeugen." Und diese Überzeugungsarbeit sollten Mediziner leisten, nicht Politiker oder Sportler.

Die Schutzimpfung gegen das Coronavirus wird breit empfohlen: Alle in Österreich zugelassenen Impfstoffe wurden genau geprüft und durch die milliardenfache Verabreichung der Impfstoffe sind auch seltene Nebenwirkungen mittlerweile bekannt. Mit der Impfung schützt man nicht nur sich selbst, sondern auch sein Umfeld.

Hofer ortet bei Van der Bellen "nicht zulässige Parteilichkeit"

Zur Seite sprang Hofer seinem Parteichef Kickl bezüglich der zuletzt von Bundespräsident Alexander Van der Bellen am blauen Bundesparteiobmann geübten scharfen Kritik. Der Präsident hatte Mitte Dezember erklärt, Kickl sei rückblickend als Innenminister "wirklich eine große Belastung" gewesen, außerdem habe sich der FPÖ-Chef selbst und mit ihm die Freiheitlichen politisch aus dem Spiel genommen. "Ich teile diese Meinung von Van der Bellen überhaupt nicht", betonte Hofer.

"Ich habe Herbert Kickl als Regierungskollege erlebt, auch im Ministeramt. Mir ist bis heute nicht klar, warum gefordert wurde, dass er aus diesem Amt zurücktreten muss. Umgekehrt würde das bedeuten, dass auch jetzt die ÖVP den Innenminister nicht stellen darf, weil ja gegen Personen aus dem ÖVP-Umfeld ermittelt wird. Hier höre ich nichts vom Bundespräsidenten. Für mich ist das eine Parteilichkeit - und eine nicht zulässige Parteilichkeit."

Verständnis für Demo-Teilnehmer

Für die Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen hat Hofer Verständnis - ebenso für die Teilnehmer am Lichtermeer in der Wiener Innenstadt, das den Opfern und den Helfern gewidmet war. Er glaube aber auch, "dass beide Seiten Verständnis füreinander haben müssen. Denn wir sind ja nicht Geimpfte und Ungeimpfte, sondern wir sind alle Österreicher. Und wir haben jetzt auch eine Virusvariante, wo es mehr Impfdurchbrüche geben wird - obwohl die Ungeimpften im Lockdown sind und die Ungeimpften werden wohl nicht für dieses Virus verantwortlich gemacht werden können", meinte der Dritte Nationalratspräsident. Der Streit um Corona gehe oft bis in die Familien hinein - "das muss aufhören", ebenso die "echte Gehässigkeit" in sozialen Netzwerken.

"Sie wissen, ich bin geimpft, ich habe mich für die Impfung entschieden. Und es gibt Menschen, die Sorgen haben vor Nebenwirkungen - und andere, die große Sorgen haben zu erkranken an diesem Virus. Und da muss man eben füreinander auch Verständnis haben", so Hofer.

Regierung hat Vertrauen selbst verspielt

Ein Problem ortet er beim mangelnden Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung, die Schuld sieht er aber bei ÖVP und Grünen selbst: "Weil so viele Dinge gesagt worden sind, die sich nicht bewahrheitet haben." Als Beispiel brachte er, dass Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu Beginn der Pandemie gesagt habe, es werde zu keiner Maskenpflicht kommen, die später aber durchgesetzt wurde. Auch sei erklärt worden, dass es zu keinem Lockdown kommen werde und auch zu keinem zweiten.

"Ich habe dann gesagt, es kommt ein weiterer Lockdown, dann hat der Vizekanzler (Werner Kogler, Anm.) gemeint, ich sei ein Fall für den Sektenbeauftragten", verwies Hofer auf die Historie. Auch habe es geheißen, es werde niemals zu einer Impfpflicht kommen. "Jetzt kommt diese Impfpflicht. Das war nicht gut für das Vertrauen in die Regierung."

Sorge über Jahre "auch ungesund"

Zur neuen Virus-Variante Omikron merkte Hofer an, diese müsse man natürlich ernst nehmen, aber: "Man kann nicht jahrelang besorgt sein, das ist auch ungesund." Experten würden sagen, dass "im Laufe der Zeit, im Laufe der Jahre", dieses Virus weniger gefährlich werden wird. "Und das ist die große Hoffnung, dass am Ende des Tages das eine Erkrankung sein wird, die zwar jedes Jahr auftreten wird, aber nicht so viele Todesfälle fordern wird." Ob das jetzt mit Omikron schon der Fall sein könnte, wollte Hofer nicht beurteilen.

Gefragt, wie er heute zu Maßnahmen wie etwa 3G am Arbeitsplatz stehe, sagte Hofer, er sei vor allem froh, dass es dort keine 2G-Pflicht gibt. Aber auch hier müsse man in eine Phase kommen, "dass jemand, der gesund ist, sich auch frei bewegen kann". Er sage nicht, dass bereits jetzt der Zeitpunkt reif ist, alle Maßnahmen zu beenden - aber man sollte das so früh wie möglich tun.

Hofer gegen neue Lockdowns

Von Lockdowns halte er aber auch zum jetzigen Zeitpunkt "überhaupt nichts". Es sollte auf andere Maßnahmen wie Abstand halten und Hygieneregeln gesetzt werden. Ein Lockdown führe nur dazu, dass man das öffentliche Leben ins Private verdränge. "Ob man sich dort weniger ansteckt, wage ich zu bezweifeln."

Auch verwies Hofer auf andere Staaten mit weniger strikten Maßnahmen, wo aber die Infektionswellen dennoch wieder zurückgegangen seien. Er sei jedoch "fest davon überzeugt, dass es in den Schubladen der Ministerien bereits fertige Pläne (für einen weiteren Lockdown, Anm.) gibt", sagte er.

Späte Entscheidung für Bundespräsidentenwahl

Als größte Herausforderung für 2022 und darüber hinaus betrachtet Hofer die "soziale Frage". "Denn auch durch die Corona-Krise haben wir verstärkte Armut in Österreich", außerdem ein "Riesenproblem im Pflegebereich", bemängelt er etwa die Nicht-Umsetzung der angekündigten Pflege-Reform.

Zur Frage, ob für ihn ein neuerliches Antreten bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022 denkbar ist, blieb Hofer zurückhaltend. Es sei "sehr interessant", dass seit einigen Wochen bei den Zuschriften, die er erhalte, dieses Thema wieder sehr im Vordergrund stehe. "Ich persönlich habe mich noch nicht entschieden und ich werde sehr, sehr spät entscheiden", sagte er.