Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) hatte es schon am Freitag angekündigt, aber Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) wollte dem heutigen Krisengipfel mit den Landeshauptleuten nicht vorgreifen. Am Samstag tat er es doch: Er schickte den Verordnungsentwurf, der heute vom Hauptausschuss des Nationalrats beschlossen werden soll, an die Parlamentsparteien. Der Entwurf, der auch der Kleinen Zeitung vorliegt, macht deutlich: Ab morgen gilt in ganz Österreich - und nicht nur in einigen Bundesländern - ein Lockdown für alle Menschen, die noch nicht geimpft oder von einer Covid-Infektion genesen sind. Ausgenommen sind nur Kinder unter 12 Jahren. Sie müssen keinen 2G-Nachweis vorweisen.

Die Regeln für den Lockdown für Ungeimpfte sind schon aus früheren Lockdowns bekannt: In der Nacht auf morgen treten Ausgangsbeschränkungen in Kraft. Menschen ohne 2G-Nachweis dürfen die eigenen vier Wände dann nur mehr aus bestimmten Gründen verlassen: Um zur Arbeit oder Ausbildung zu gehen, um einen Spaziergang oder Sport im Freien zu machen, um anderen zu helfen oder in die Kirche zu gehen. Und zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse. Dazu zählen der Kontakt mit dem Partner oder engen Angehörigen ebenso wie Arztwege, oder Besorgungen in Lebensmittelgeschäften, Apotheken oder auf der Post.

In allen anderen Geschäften - also etwa in Möbelhäusern, Buchhandlungen oder Boutiquen - herrscht ab morgen 2G-Pflicht. Öffentliche Verkehrsmittel dürfen mit FFP2-Maske auch von Ungeimpften verwendeten werden - Seilbahnen, Reisebusse oder Ausflugsschiffe jedoch nicht. Zu Restaurants, Hotels, Frisören, Yogastudios oder Fitnesscenter haben ungeimpfte Personen bereits seit der vergangenen Woche keinen Zutritt mehr.

Wie viele Menschen betrifft der Lockdown?

In ganz Österreich sind 5.660.000 Menschen doppelt geimpft. Nach Informationen des Statistikprofessors Erich Neuwirth gelten 825.000 Menschen als genesen. Sie sind vom Lockdown nicht betroffen. Auch Kinder unter 12 Jahren sind keinen Beschränkungen unterworfen, insgesamt rund eine Million Personen. Zieht man in Betracht, dass sich einerseits unter Genesenen auch viele Geimpfte befinden und andererseits Genesene ohne Impfung nur dann einen 2G-Status haben, wenn die nachgewiesene Infektion höchstens sechs Monate zurück liegt, kommt man im Summe auf etwa 2 Millionen Menschen. Auch Berechnungen der APA zufolge bleiben von 8,9 Millionen Österreicher rund zwei Millionen Menschen, die der Lockdown in der einen oder anderen Form betreffen dürfte. 

Der Lockdown für Ungeimpfte gilt in ganz Österreich, und nicht nur in den Bundesländern mit den höchsten Infektionszahlen. Auch in Wien, wo die Sieben-Tage-Inzidenz mit 456 weit unter dem Österreich-Schnitt von 814 liegt, oder dem Burgenland, das mit Abstand die höchste Impfquote hat, gelten ab morgen Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte.

Weitere Verschärfungen in Planung

Beim heutigen Krisengipfel mit den Landeshauptleuten dürfte das für Diskussionen sorgen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte sich allerdings für bundeseinheitliche Maßnahmen ausgesprochen und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (ebenfalls SPÖ) werde die Maßnahme dem Vernehmen nach „zähneknirschend“ mittragen. Dass der Entschluss zum bundesweiten Lockdown allerdings schon vor dem Krisengipfel gefällt wurde, sorgt in mehreren Bundesländern für Ärger. Im Gesundheitsministerium erklärt man das damit, dass die Parlamentsparteien vorab informieren werden mussten.

Besprochen werden sollen heute allfällige weitere Maßnahmen, die nicht über die Lockdown-Verordnung geregelt werden. Konkrete Forderungen stellte eine breite Front an namhaften Expertinnen und Experten, die meinen: „Der Lockdown für Ungeimpfte ist nicht genug“. Im Raum stehen etwa eine Ausweitung der PCR-Testpflicht auch auf Geimpfte oder strengere Regeln bei Großveranstaltungen.

Auch Bundespräsident Alexander van der Bellenwandte sich vor dem Gipfel an die Bundes- und Landesregierungen und appellierte: "Hören Sie auf den Rat unserer Expertinnen und Experten. Nehmen Sie deren Vorschläge ernst.“ Die Lage sei ernst, es dürfe keine Zeit mehr verschwendet werden: „Bitte handeln Sie jetzt rasch. Bitte handeln Sie klar und kommunizieren Sie nachvollziehbar“, gab van der Bellen der Regierung mit.

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels war von 2,4 Millionen Betroffenen die Rede und der gezeichnete Rechenweg zu dieser Summe missverständlich dargestellt. Wie man auf die Zahl von rund 2 Millionen Betroffenen kommt, wurde im vierten Absatz im Detail ergänzt. (dol)