Ab morgen kann in der Hauptstadt jeder, bei dem die zweite Impfung schon sechs Monate her ist, eine Booster-Impfung bekommen. Derzeit empfiehlt das Nationale Impfgremium (NIG) Drittstiche nach sechs Monaten nur für über 65-Jährige. Für jene darunter liegt die Empfehlung bei neun bis zwölf Monaten. Das könnte sich in einer Sitzung des NIG am Dienstag ändern, da treffen sie wieder zu Beratungen zusammen, hieß es im Gesundheitsministerium.

Drittimpfung soll Ansteckungszahlen einbremsen

Für eine Empfehlung zum "Dritten Stich" für alle ab 18 spricht sich der Vorstand der Universitätsklinik für klinische Pharmakologie der Medizin-Uni Wien, Markus Zeitlinger aus. Die Infektionszahlen werden zwar aktuell ganz eindeutig von den Ungeimpften getrieben, "aber man sieht, dass es auch bei den Durchbruchsinfektionen (bei Geimpften, Anm.) nach oben geht", sagte der Experte - und zwar bei jungen und älteren Menschen gleichermaßen. Daher mache eine Unterscheidung bei der Auffrischungsimpfung nach diesen Altersgruppen keinen Sinn.

Die Auffrischung mit dem dritten Stich werde laut Zeitlinger auch Auswirkung auf das Verbreitungsgeschehen haben. Es habe sich gezeigt, dass der "volle Schutz" nach der Zweitimpfung (nicht nur vor schweren Verläufen, sondern auch vor Ansteckung und damit der Weitergabe) zwei Monate anhalte. Danach gehe die Wirkung stetig zurück (womit dann auch Geimpfte wieder zu Überträgern werden können). "Indem wir Personen boostern, schützen wir wieder einmal indirekt die Nichtgeimpften", so Zeitlinger.

Zeitlinger betonte aber, dass jeder neu Geimpfte "epidemiologisch wichtiger als jemand, der sich geboostert hat". Denn es gebe einen "Riesenunterschied" bei den Infektionen zwischen Geimpften und Ungeimpften, verwies er auf aktuelle Daten. Die Inzidenz bei den Ungeimpften liege in etwa bei 600 bis 700, jene der Geimpften hingegen bei rund 150. Der Booster alleine "werde nicht reichen, um gut über den Winter zu kommen", so Zeitlinger. 

Wirkung lässt nach sechs Monaten nach

Klar für die Booster-Impfung sechs Monate nach dem Zweitstich tritt auch der Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien ein. Wagner betonte, dass sechs Monate nach dem Zweitstich schon ein deutliches Nachlassen der Impfwirkung zu verzeichnen sei. Vor allem der Schutz vor einer Ansteckung (und damit einer möglichen Weitergabe) gehe dann "sehr weit runter", auch bei Jüngeren.

Der Mikrobiologe verwies auch auf aktuelle Daten aus Israel, wo sehr frühzeitig und breitflächig der Bevölkerung Boosterimpfungen angeboten wurden: An diesen sehe man, dass quer durch alle Altersgruppen zwölf bis 14 Tage nach dem Drittstich der Schutz vor Infektionen enorm ansteigt. "Das ist schon sehr beeindruckend". Österreich stehe am Beginn der vierten Welle und es gelte zu handeln, daher plädiere er für die rasche Auffrischung für alle. Denn dies habe neben einer starken zusätzlichen Schutzwirkung vor schweren Verläufen zumindest für eine gewisse Zeit auch einen stark dämpfenden Effekt auf die Übertragung des Virus. "Man kann sich aus der Delta-Welle schon rausboostern."

Auch Geimpfte sollen testen

Um die Weitergabe zu verhindern, plädiert Wagner auch vehement dafür, dass sich auch Geimpfte regelmäßig (PCR-)testen, vor allem wenn sie sich mit vielen anderen Personen in Innenräumen aufhalten oder mit Risikogruppen zu tun haben. Hinsichtlich der Impfung für Kinder von fünf bis elf Jahren hofft der Experte auf eine baldige Zulassung der auch in dieser Altersgruppe "hoch effektiven" Impfung. Man müsse im Auge behalten, dass es nicht darum gehe, ob Covid-19 für Kinder ähnlich gefährlich wie für Erwachsene oder Ältere ist, sondern man müsse die Erkrankung in Relation zu anderen (Kinder-)Krankheiten setzen. In den USA, wo am Freitag die Notfallzulassung für den Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer für Kinder zwischen fünf und elf Jahren erteilt wurde, stelle Covid-19 bei Kindern ein nicht zu unterschätzender Grund für Krankenhauseinweisungen dar und gehöre zu den zehn häufigsten Todesursachen in dieser Bevölkerungsgruppe.

Impflotterie im Burgenland

Das Burgenland hat sich unterdessen dem vorgegebenen Ziel der Corona-Impflotterie von 10.000 zusätzlichen Stichen ordentlich angenähert. Am Montagvormittag fehlten laut dem Online-Countdown auf burgenlandimpft.at nur noch 93 Impfungen, damit die Lotterie nach dem Landesfeiertag am 11. November auch tatsächlich über die Bühne geht.

Zu gewinnen gibt es für die Geimpften insgesamt 1.000 Preise, darunter drei Autos, 15 E-Bikes oder Gutscheine für Gastronomie, Wellness und Kultur. Wie der Koordinationsstab Coronavirus am Montag berichtete, haben insgesamt 215.765 Personen im Bundesland bisher zumindest den ersten Stich erhalten, 195.782 sind doppelt geimpft. Verabreicht wurden außerdem 11.389 Drittstiche.

Das Burgenland ist mit 71,2 Prozent das Bundesland mit der höchsten Durchimpfungsrate. Schlusslicht ist Oberösterreich mit 59,2 Prozent. In der Steiermark haben 64,4 Prozent der Menschen, in Kärnten 60,7 Prozent ein gültiges Impfzertifikat.