Nach den Enthüllungen und Vorwürfen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) stand die türkis-grüne Regierung vor dem Ende. Der der Beteiligung zur Untreue und Bestechlichkeit verdächtigte Bundeskanzler Sebastian Kurz war für die Grünen nicht mehr tragbar, die ÖVP-Regierungsmitglieder wollten ohne Kurz nicht weiterregieren.

Sebastian Kurz tritt als Kanzler zurück, um einen Bruch der Regierung zu verhindern. Kurz bleibt Parteichef und wechselt als Klubchef der ÖVP in den Nationalrat. Als seinen Nachfolger schlägt er Außenminister Alexander Schallenberg(ÖVP) vor. Die Grünen wollen die Regierung unter Schallenberg fortführen. Die Opposition sieht eine Fortsetzung des "System Kurz".

Der Samstag zum Nachlesen:

22.35 Uhr: Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft könnten durch den Wechsel von Sebastian Kurz aus dem Bundeskanzleramt in den Nationalrat erschwert werden. Der ÖVP-Parlamentsklub hat zwar bereits angekündigt, dass Kurz um die Aufhebung seiner Immunität im entsprechenden Ausschuss ersuchen werde. Bis dahin müssen die Ermittlungen allerdings ruhen, so Verfassungsjurist Heinz Mayer. Und auch neue Ermittlungsschritte müssten genehmigt werden.

22.20 Uhr: Nach seinem Abgang als Kanzler geht Kurz in den Nationalrat zurück. Damit wird er sein über die Bundesliste der ÖVP erworbenes Mandat annehmen. Für einen Kollegen bedeutet das den Verlust des Parlamentssitzes. Wird nicht auf den Listen herumgeschoben, trifft es den Oberösterreicher Werner Saxinger. Der Mediziner war erst im April des Vorjahres für den früheren Justizminister Josef Moser nachgerückt.

22.09:August Wöginger soll geschäftsführender Klubobmann der ÖVP bleiben, Kurz und Wöginger wollen den türkisen Klub gemeinsam anführen, berichtet Der Standard.

21.20 Uhr: Kurz ist nicht mehr Bundeskanzler, sondern Schattenkanzler, sagt SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Es sei viel Vertrauen verloren gegangen, in der Bevölkerung, aber auch in der Regierung, so die SPÖ-Chefin. Sie glaubt nicht, dass die Koalition länger halten wird und spricht von Monaten statt Jahren.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht Kurz künftig als ´Schattenkanzler´.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht Kurz künftig als ´Schattenkanzler´. © APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)

21.18 Uhr: "In Wahrheit ist das eine Fortsetzung einer Regierungsarbeit mit dem türkisen System", befindet Pamela Rendi-Wagner. "Es ist vor einer Stunde das eingetreten, was ich gestern bereits gesagt habe, nämlich dass die ÖVP Sebastian Kurz als Kanzler Opfern wird, um weiter in der Regierung bleiben zu können."

21.15 Uhr: Die türkis-grüne Regierung bleibt. Kogler sagt, die Grünen hätten diese Variante vorgeschlagen, morgen will er sich mit dem designierten Bundeskanzler Alexander Schallenberg treffen.

Der grüne Vizekanzler Werner Kogler will die Regierung unter Schallenberg fortführen.
Der grüne Vizekanzler Werner Kogler will die Regierung unter Schallenberg fortführen. © APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

21.13 Uhr: "Der Rücktritt von Sebastian Kurz ist ein wichtiger und richtiger Schritt", Werner Kogler spricht nun - recht klar. "Es ist die Variante gewählt worden, die wir dem Regierungspartner ÖVP vorgeschlagen gaben", betonte Kogler. "Dies bedeutet, dass wir die Regierungsarbeit fortsetzen können." So könne nun ein Budget verabschiedet und die "ökologisch-soziale" Steuerreform weiterverfolgt werden.

21.12 Uhr: Die Landesobleute der ÖVP heißen den "Schritt zur Seite" von Sebastian Kurz gut und danken Kurz für seine Arbeit als Kanzler. Tirols Landeshauptmann Günther Platter betonte die "staatspolitische Verantwortung der ÖVP", wegen der Kurz "gemeinsam" mit den Landeschefs entschieden, "einen Schritt zur Seite" zu treten, "bis die gegen ihn erhobenen Vorwürfe geklärt sind". "Sebastian Kurz war ein hervorragender Bundeskanzler für Österreich", resümmiert der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer zollte gleichzeitig Kurz "Respekt". Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer erklärte, Kurz Rücktritt schaffe "stabile Verhältnisse" in Österreich. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte, nun sei der Weg geebnet, damit in der Bundesregierung weitergearbeitet werden könne.

21.02 Uhr: Bundespräsident Alexander Van der Bellen war vom Rücktritt des Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) informiert. Auch vom Vorschlag, Alexander Schallenberg zum neuen Kanzler zu machen, wusste Van der Bellen. Zur weiteren Vorgehensweise äußern wird sich das Staatsoberhaupt aber wohl frühestens am Sonntag. Formal nötig ist vor der Angelobung auch ein Rücktrittsschreiben des scheidenden Kanzlers Kurz. Damit dürfte dessen Amtsenthebung und die Angelobung seines Nachfolgers wohl erst am Montag zu erwarten sein.

20.59 Uhr: Die Zeichen stehen auf eine Fortsetzung der türkis-grünen Koalition. Denn Kogler schreibt zum Rückzug des Kanzlers: Er halte diesen "für den richtigen Schritt für eine zukünftige Regierungsarbeit in der Verantwortung für Österreich und das Ansehen Österreichs im Ausland".

20.44 Uhr: Der grüne Vizekanzler Werner Kogler begrüßt den Rücktritt von Kurz als Kanzler und kündigt für Sonntag ein Gespräch mit dem neuen Kanzler Alexander Schallenberg an.

20.40 Uhr: Das "System Kurz" wird aus Sicht der Opposition fortgesetzt. Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, zeigt der Wechsel von Kurz vom Kanzler zum ÖVP-Klubchef, dass die ÖVP "unverdrossen das 'System Kurz' fortsetzen will". Für FPÖ-Chef Herbert Kickl bricht Kurz mit seiner "Flucht in die parlamentarische Immunität" sein Versprechen, für rasche Aufklärung zu sorgen. "Als Klubobmann hält er weiter alle Fäden der Macht in seiner Hand", sagt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

20.33 Uhr: "Wir brauchen einen Neustart", fordert Meinl-Reisinger. Das System Kurz habe in den letzten Monaten Chaos gebracht und würde das auch weiterhin tun. Meinl-Reisinger ist selbst Klubchefin im Nationalrat und fordert auch im Parlament "untadelige" Personen. "Unser schönes Österreich hat besseres verdient", sagt die pinke Chefin - und geht.

20.32 Uhr: Meinl-Reisinger zeigt sich besonders betroffen, dass Kurz die flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung sabotiert habe. Das zeige, dass es Kurz nicht um den Menschen in Österreich gehe.

20.30 Uhr: Meinl-Reisinger tritt vor die Kameras. Neos stellen sich die Frage: "Reicht das?" Die pinke Chefin empfiehlt, die 104-Seiten zu lesen. Die Vorwürfe seien sehr konkret.

20.21 Uhr: Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wird sich um 20.55 Uhr in einem Statement zu Wort melden.

20.15 Uhr: Die Klubchefin der Neos, Beate Meinl-Reisinger gibt ein Statement zur aktuellen Lage ab.

20.10 Uhr: Der bisher jüngste Kanzler der zweiten Republik wird nun schon zum zweiten Mal der jüngste Altkanzler: Mit 641 Tagen ist Kurz' zweite Amtsperiode etwas länger als die erste (526 Tage). In Summe kommt der 35-Jährige auf derzeit 1.167 Amtstage - der 8. Platz unter den bisher 15 Regierungschefs der Zweiten Republik.

19.58 Uhr: Wer ist der neue Bundeskanzler Alexander Schallenberg? Der aktuelle Außenminister im Porträt.

Sebastian Kurz übergibt die Kanzlerschaft an Alexander Schallenberg.
Sebastian Kurz übergibt die Kanzlerschaft an Alexander Schallenberg. © APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)

19.52 Uhr: Sebastian Kurz will aber Parteichef der Volkspartei bleiben. Im Nationalratsklub will er Klubchef werden.

Sebastian Kurz geht aus der Kanzlerschaft.
Sebastian Kurz geht aus der Kanzlerschaft. © APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)

19.48 Uhr: Kurz geht. Das war es.

19.47 Uhr: "Es geht nicht um mich, es geht um Sie alle", sagt Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sich jetzt als Partei- und Klubchef der ÖVP auf die Entlastung der Vorwürfe gegen ihn konzentrieren will.

19.47 Uhr: "Ich habe das Regierungsteam der ÖVP gebeten, ihre Arbeit fortzusetzen und ich habe dem Bundespräsidenten Alexander Schallenberg als Bundeskanzler vorgeschlagen." ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg wird als Bundeskanzler übernehmen.

19.46 Uhr: "Mein Land ist mir wichtiger als meine Person." Kurz tritt zurück.

19.44 Uhr: Kurz stellt sich klar gegen eine vier-Parteien-Regierung. Er sei dankbar für die Loyalität der türkisen Regierungsmitglieder, die ihren Rücktritt versprochen haben.

19.43 Uhr: Dass Politiker mit derartigen Vorwürfen konfrontiert seien, sei nichts Neues. Der Koalitionspartner würde ihm nun aber kein Vertrauen mehr schenken. "Viele sagen, das ist ungerecht." Er wäre selbst froh, wenn für alle die Unschuldsvermutung gelten würde.

19.42 Uhr: Die letzten Jahre seien fordernd für die Regierung, aber auch Kurz selbst gewesen. "Sie haben alle mitverfolgt, dass gegen mich strafrechtliche Vorwürfe erhoben worden sind." Die Vorwürfe seien falsch, er sei sicher, das auch aufklären zu können, sagt Kurz.

19.41 Uhr: Der Kanzler tritt vor die Medien.

19.34 Uhr: Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger kündigt ein eigenes Statement zur Regierungskrise um 20.15 Uhr an.

19.32 Uhr: Das Pult im Bundeskanzleramt bleibt noch leer.

18.37 Uhr: Kurz hat nun für 19.30 Uhr eine Stellungnahme zur Zukunft der Regierung angekündigt. Zuvor hatten sich die Regierungsmitglieder seiner Partei zu einer Sitzung zusammengefunden, die noch andauert. Auch Gespräche auf Landesebene hatten im Laufe des Tages stattgefunden. Laut Informationen der APA könnte Kurz die Konsequenzen aus den Ermittlungen gegen ihn ziehen und einen "Schritt zur Seite" machen.

Kurz war aufgrund der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen ihn in der Inseratenaffäre zunehmend unter Druck geraten, auch durch den eigenen Koalitionspartner, den Grünen. Vizekanzler Werner Kogler hatte Kurz zuletzt als "nicht amtsfähig" bezeichnet und diesem ein Ultimatum gestellt: Sollte der Kanzler nicht von selbst Konsequenzen ziehen, droht ein Misstrauensvotum aller anderen Parteien bei einer Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag.

Nicht nur Grüne und Opposition zeigten sich über die jüngsten Enthüllungen empört und verlangten Konsequenzen. Auch aus den Bundesländern wurde der Druck zunehmend größer. So befürwortete etwa Tirols Landesrätin Beate Palfrader einen Rückzug aus der Kanzlerschaft.

Zuletzt war Karoline Edtstadler als mögliche Kanzlerin gehandelt worden. Allerdings sollen manche Ländervertreter der ÖVP den im Ton zumeist ruhigen und sachlichen Schallenberg bevorzugen. Eine definitive Einigung gibt es vorerst aber nicht. Noch tagen die Regierungsmitglieder der ÖVP im Kanzleramt.