Am Tag nach den Hausdurchsuchungen überschlagen sich die Ereignisse. Am Mittwoch marschierten die Ermittler bei einigen engen Mitarbeitern des Kanzlers, in der ÖVP-Zentrale, im Kanzleramt und im Finanzministerium ein. Die detaillierte Anordnung zur Hausdurchsuchung mit allen Verdachtsmomenten gegen den Kanzler und sein Umfeld ließ bei der Politik die Alarmglocken schrillen.

Vizekanzler Werner Kogler ging in die Offensive und lädt gemeinsam mit der Grünen Klubobfrau Sigrid Maurer alle Klubobleute zu Einzelgesprächen. Gespräche aller Parteichefs mit dem Bundespräsidenten sind im Gange. Es geht um die Amtsfähigkeit des Bundeskanzlers.

21:50: Die ÖVP-Landeshauptleute und -Länderchefs haben Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auch in persona noch einmal "deutlich den Rücken gestärkt". Dem steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zufolge wolle man "mit aller Kraft für Österreich weiterarbeiten und stelle sich jeder Herausforderung", heißt es nach Beratungen der Landeschefs mit Kurz in der Politischen Akademie in Wien. In einem kurzen Statement erklärte Tirols Landeshauptmann Günther Platter, man stehe "zu hundert Prozent hinter Sebastian Kurz". August Wöginger, Klubobmann der ÖVP im Parlament, ergänzte: "Es liegt an den Grünen".

21:20: Eine beträchtliche Zahl an Demonstranten hat Donnerstagabend vor der ÖVP-Zentrale in Wien gegen eine Fortsetzung der Regierung unter Kurz demonstriert. Laut der Sozialistischen Jugend (SJ) als eine der veranstaltenden Organisationen waren 7.000 Teilnehmer vor Ort, die Polizei sprach - zumindest zu Beginn - von 1.000 bis 1.200. SJ-Vorsitzender Paul Stich kündigte weitere Protestaktionen bis zur Sondersitzung des Nationalrats am Dienstag an.

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20.30: In Wien beraten die ÖVP-Länderchefs mit Kurz über das weitere Vorgehen. Die Sitzung hat am Abend in der Politischen Akademie der ÖVP in Wien-Meidling begonnen. Stellungnahmen gab es zumindest vorerst nicht, auch ist noch unklar, ob im Anschluss an die Sitzung ein Pressestatement geplant ist.

Die türkisen Landesobleute haben sich am Nachmittag via Aussendung bereits "geschlossen" mischte sich auch Kritik in die Stellungnahmen: "Die Härte der Vorwürfe ist unfassbar. Sie hat eine Dimension erreicht, die an die Grenzen des Möglichen heranreicht", konstatierte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer.

19.20: Inoffiziell war es schon länger bekannt, nun ist es auch offiziell bestätigt: Kanzler Kurz sagt seine geplante Israel-Reise Anfang kommender Woche ab.

18.40: Die SPÖ hat am Nachmittag eilig ein Präsidiumssitzung einberufen. Vor dem Parlamentsklub erscheint auch ein Überraschungsgast, wie Heute berichtet: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Er hatte im April per Brief seine Funktionen in der Bundespartei zurückgelegt.

18.30: Vor der ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse in Wien findet eine Kundgebung der Sozialistischen Jugend Österreich (SJÖ), LINKS, Junge Generation, VSStÖ mit dem Thema 'Es reicht - Kurz muss gehen!' statt.

Demonstranten vor der ÖVP Parteizentrale
Demonstranten vor der ÖVP Parteizentrale © (c) AP (Lisa Leutner)

18.00: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist als letzte Parteichefin für heute bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen eingetroffen. "Ein Weiter wie bisher gibt es nicht aus meiner Sicht", so Rendi-Wagner vor dem Gespräch - sie bittet alle "konstruktiven Kräfte", zusammenzuarbeiten.

16.57: Die türkise Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck macht sich keine Sorgen: "Die österreichische Regierung ist nicht in Gefahr, wir streben keine Neuwahlen an. Meiner Meinung nach sind die Vorwürfe haltlos und werden sich in Luft auflösen."

16.50: Der grüne Vizekanzler Werner Kogler wird am morgigen Freitag Gespräche mit allen Parteien führen - also der Opposition und der ÖVP. "Es freut mich, dass alle Parteien ohne Vorbehalte zu solchen Gesprächen bereit sind", so Kogler in einer Aussendung.

16.45: "Es war ein gutes Gespräch, wir kennen uns seit vielen Jahren, haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und haben gemeinsam die Situation analysiert", sagt Kurz über das Gespräch mit dem Bundespräsidenten doch. In Folge wiederholt er sein Statement vor dem Eintritt in die Hofburg. Auf die Frage, ob er selbst mit Neuwahlen rechnet, antwortet der Kanzler nicht und fährt weg.

Bundeskanzler Sebastian Kurz gibt nach seinem Gespräch mit dem Budnespräsidenten doch ein kurzes Statement ab.
Bundeskanzler Sebastian Kurz gibt nach seinem Gespräch mit dem Budnespräsidenten doch ein kurzes Statement ab. © APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)

16.43: Sebastian Kurz verlässt die Hofburg wieder - ohne Statement aber unter Protestschreien gegen ihn.

16.35: Am Flughafen Wien spricht die Niederösterreichische Landeshauptfrau und VP-Chefin Johanna Mikl-Leitner von einer "schwierigen Situation". Es sei jetzt "wichtig, dass es zu einer raschen Aufklärung kommt".

16.30: "Die Härte der Vorwürfe ist unfassbar. Sie hat eine Dimension erreicht, die an die Grenzen des Möglichen heranreicht", sagt der steirische Landeshauptmann und ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfergegenüber der Kleinen Zeitung. Ein Abrücken vom Kanzler ist das aber offenbar (noch) nicht. Kurz habe ihm versichert, "in die behaupteten Vorgänge nicht involviert zu sein und er genießt mein Vertrauen."

16.14: Die ÖVP-Landesobleute haben sich gemäß Informationen aus mehreren Landesorganisationen am Donnerstag zu einer Besprechung mit der Führungsspitze um Kurz nach Wien begeben.

16.00: Nach seinem kurzen Statement bahnt sich der Bundeskanzler durch die Menge an Journalistinnen und Journalisten seinen Weg vom Bundeskanzleramt in die Hofburg. Dort trifft er Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen.

15.58: Sebastian Kurz sieht sich mit falschen Vorwürfen konfrontiert und appelliert an die Unschuldsvermutung. Der Bundeskanzler will die Regierungszusammenarbeit mit den Grünen fortsetzen. Wenn die Grünen dazu nicht bereit sind, "müssen sie sich andere Mehrheiten suchen", sagt Kurz.

Bundeskanzler Sebastian Kurz gibt nur ein kurzes Statement bevor er den Bundespräsidenten in der Hofburg trifft.
Bundeskanzler Sebastian Kurz gibt nur ein kurzes Statement bevor er den Bundespräsidenten in der Hofburg trifft. © Veronika Dolna

15.55: Bundeskanzler Sebastian Kurz tritt vor die Kameras.

15.44 Uhr: Um 16:00 Uhr wird Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Alexander von der Bellen erwartet. Es sind nur wenige Schritte vom Bundeskanzleramt zur Präsidentschaftskanzlei. Ein Statement will er vor seinem aktuellen Büro im Bundeskanzleramt abgeben.

15.42 Uhr: Der Erklärung der ÖVP-Regierungsmitglieder gingen intensive Telefonate hinter den Kulissen voraus. Dem Vernehmen nach bemühte sich Vizekanzler Werner Kogler auch im direkten Gespräch mit einzelnen ÖVP-Regierungsmitgliedern um eine Fortsetzung der Koalition ohne Kurz.

15.40 Uhr: Der Treueschwur klingt schon fast wie ein Abgesang, es ist herauszuhören, dass die ÖVP-Regierungsmannschaft fast davon ausgeht, dass Kurz zum Abgang gezwungen wird.

15.34 Uhr: Jetzt ist er da, der Treueschwur der ÖVP-Regierungsmitglieder: Alle wollen nur dann in der Regierung weiterarbeiten, wenn Sebastian Kurz weiter Kanzler bleibt.

15.00 Uhr: Mehr als eine Stunde lang konferierte Vizekanzler Werner Kogler mit dem Bundespräsidenten. Danach verließ er die Hofburg, von den wartenden Journalisten unbemerkt, durch einen Hinterausgang. Diese warten vergeblich auf ein Statement. Auch von der ÖVP gab es nach der Präsidiale keine Stellungnahme.

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14.56 Uhr: Welches Risiko geht der Bundeskanzler ein, wenn er und seine Partei daran festhalten, dass er im Amt bleibt? Politologe Peter Filzmaier brachte es schon Mittwoch Abend im ORF auf den Punkt: Falls Kurz politisch überlebe, zahle er dafür einen hohen Preis. Er wäre fortan einem dreifachen Risiko ausgesetzt: Dem Risiko, dass ihm doch irgendwann der Koalitionspartner abhanden kommt, dem Risiko, dass es neun weitere Angeklagte gibt, die plaudern könnten, und dem Risiko, dass die eigene Partei die Belastung nicht mehr aushält und sie sich gegen ihn wendet.

14.50 Uhr: Es ist die Stunde des Parlaments, aber auch die Stunde der Aktivisten und Liebhabern von Spontan-Aktionen in den Parteien: Die SPÖ rief eine Online-Petition unter dem Titel "Stoppt Kurz" ins Leben, um "all jenen Menschen eine Stimme zu geben, die nicht mehr länger zuschauen wollen, wie Kurz & Co dem Land und der Bevölkerung schaden", so SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Vize Jörg Leichtfried bei einer Pressekonferenz: Im Umfeld von Kurz "sammeln sich fast 100 Jahre an potentiellen Gefängnisstrafen".

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14.48 Uhr: Der Termin für die Sondersitzung im Parlament steht - sie findet am kommenden Dienstag statt. Die Oppositionsparteien fordern geschlossen den Rücktritt von Kurz. Sollte dieser das nicht tun, werde man einen gemeinsamen Misstrauensantrag stellen, sagten die Vizeklubchefs von SPÖ, FPÖ und NEOS.

14.42 Uhr: Die grüne Klubchefin Sigrid Maurer auf dem Weg in die Präsidiale: Von den Grünen hängt es ab, wie es weitergeht

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14.15 Uhr: Hinter den Kulissen wird an einer Regierung ohne Sebastian Kurz gebastelt. Das könnte eine Regierung von ÖVP und Grünen sein, mit einem neuen Kanzler. Oder alle Parteien gemeinsam bilden eine Mehrheit gegen die ÖVP.

14.10 Uhr: Die Parlamentsparteien haben das Ruder übernommen, Vizekanzler Werner Kogler hat ihnen dafür die "Rutsche" gelegt. Die Frage ist, welche Mehrheiten sich im Parlament für welche Lösung finden können. Hier die Verteilung der Nationalratssitze:

Es gibt 183 Sitze, die Mehrheit sind als 92 Stimmen. Die Stimmen von Grünen und ÖVP reichten für eine Mehrheit, die die Regierung stützt. Die Opposition (SPÖ, FPÖ und Neos) bräuchten die Stimmen der Grünen, um den Kanzler zu stürzen. Die offene Frage ist, wie lange die Volkspartei selbst am Kanzler festhält.

14.05 Uhr: Hinter verschlossenen Türen wird getagt, die Telefone laufen heiß, die Causa Kurz erschüttert die Republik. Kaum jemand glaubt, dass der Bundeskanzler und diejenigen, die sich hinter ihn stellen, die neuen Fesseln noch abstreifen können. Am Beispiel Tirols und des dortigen Landehauptmannes Günther Platter: FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger zeigte sich "erschüttert", dass Platter dem "Skandalbundeskanzler" die Mauer mache, auch Neos und Liste Fritz sehen Platter in der Pflicht. Die Oppositionsparteien werden alle Politiker der ÖVP mit in das Boot des Kanzlers nehmen, und auch die Grünen sind unter Druck.

13.40 Uhr: Intern gehen innerhalb der ÖVP die Wogen hoch. Das Bild, das die Staatsanwaltschaft vom Kanzler und seinem Umfeld zeichnet, ist desaströs. Nach außen hin wich einzig Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner von der vorgegebenen Sprachregelung, wonach die Vorwürfe nur "konstruiert" seien, ab: Er steht zwar ebenfalls (noch) hinter Kurz, erklärt aber auch: "Wenn's passiert ist, braucht 's Konsequenzen." Die Vorwürfe seien "schwerwiegend", es müsse volle Aufklärung geleistet werden.

13.31 Uhr: Das geflügelte Wort vom "Ibiza der ÖVP" machte schon Mittwoch Abend die Runde. Einer, der es wissen muss, wie man sich fühlt, ist der ehemalige FPÖ-Parteichef Norbert Hofer. Auf dem Weg zur Präsidiale meinte der Dritte Nationalratspräsident: „Ja, ich fühle mich an Ibiza erinnert."

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13.30 Uhr: Parallel dazu trifft Bundespräsident Alexander Van der Bellen am heutigen Donnerstag und morgigen Freitag im Laufe des Tages alle Chefs der Parlamentsparteien zu "Gesprächen aufgrund der aktuellen Situation". Den Auftakt macht um 13.30 Uhr Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler, um 16 Uhr erscheint Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz beim Präsidenten, gefolgt von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner um 17.30 Uhr. Am Freitag sind um 11.30 Uhr Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und um 15 Uhr FPÖ-Chef Herbert Kickl dran.

13.25 Uhr: In wenigen Minuten treffen im Rahmen der Präsidiale im Parlament die Klubchefs aller Parteien zusammen. Die Klubchefs haben in den kommenden Stunden viel zu tun. Sie werden von Vizekanzler Werner Kogler zum Einzelgespräch geladen. 

13.16 Uhr: Mühsam aber doch gelingt es der ÖVP vorläufig noch, die Dämme zu halten. Auch der mächtige steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer stärkt Kurz den Rücken, äußerte sich aber nicht selbst sondern unterzeichnete die von allen ÖVP-Landeshauptleuten unterzeichnete Erklärung.

13.14 Uhr: Politikbeobachter Thomas Hofer sagt:  "Tatsache ist, dass die Regierungsspitze mit dem Thema permanent konfrontiert und davon okkupiert wäre."  Allen Parteien gemeinsam sei, dass sie von Neuwahlen auf dem falschen Fuß erwischt werden würden.

13.09 Uhr: Es ist nicht die Unschuldsvermutung, die dem Kanzler abgesprochen wird, und es wird auch nicht das Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen vorweggenommen. Das Credo aller Parteien außer der ÖVP ist, dass seine Handlungsfähigkeit nicht mehr gegeben ist, wenn seine Autorität und die Autorität des Amtes untergraben sind. Die entscheiden Rolle kommt dabei den Grünen zu. Meinungsforscher Peter Hajek sagt:"Die Regierung ist handlungsfähig und wird das auch bleiben, bis die Grünen für sich entscheiden, dass der Partner nicht mehr handlungsfähig ist."

13.05 Uhr: Die Chefredakteure räumten zudem mit der bis in höchste politische Kreise verbreiteten irrigen Annahme auf, wonach es für Inserate Gegenleistung in Form von redaktioneller Berichterstattung gebe. Auch wenn einzelne Gratistitel auf Basis dieses Konzepts ihre Geschäftsmodelle und Verlagsimperien aufgebaut haben sollten, gebe es in den allermeisten Medienhäusern rote Linien und eine strikte Trennung zwischen Redaktion und Anzeigenabteilung. 

13.00 Uhr: Die Affäre Kurz ist auch eine Affäre "Österreich" und damit nicht nur Objekt der Berichterstattung sondern auch eine Causa, die die Medien ganz unmittelbar berührt. Praktisch zeitgleich mit dem Treueschwur der ÖVP-Landeshauptleute ging eine Erklärung der Chefredakteurinnen und Chefredakteure hinaus. Kernaussage: "Die in den Justizunterlagen beschriebenen Zustände sind unethisch, unmoralisch und verwerflich. Medienkonsumenten wurden dadurch getäuscht, der Ruf der Medienbranche beschädigt."

12.56 Uhr: Jetzt gibt es auch eine gemeinsame Erklärung der ÖVP-Landeshauptleute: „Die ÖVP-Landesparteiobleute stehen geschlossen hinter Sebastian Kurz und er hat weiterhin unsere volle Unterstützung. Wir sind davon überzeugt, dass alle damit befassten Personen zur raschen Aufklärung beitragen werden. Wir gehen zudem davon aus, dass sich die strafrechtlich relevanten Vorwürfe als falsch herausstellen werden und auch aufklären lassen. Gerade in der jetzigen Situation ist es jedenfalls ganz entscheidend für unser Land, dass wir weiterhin über eine stabile Bundesregierung mit Bundeskanzler Sebastian Kurz an der Spitze verfügen, die für das Wohl dieser Menschen im Land arbeitet.“

12.51 Uhr: Die SPÖ ist gegen Neuwahlen, ebenso wie die Neos. Rendi-Wagner: "Es wären die dritten Neuwahlen innerhalb von vier Jahren. Nur weil das türkise System in einem Korruptionssumpf versinkt, heißt das nicht, dass wir alle zwei Jahre wählen müssen. Nein, ich bin gegen Neuwahlen." Zum jetzigen Zeitpunkt erwarte sich auch nicht vom Bundespräsidenten, dass er Kurz absetzt: "Jetzt haben wir einmal die Sondersitzung, da muss sich der Kanzler erklären." Danach bringe die SPÖ allenfalls einen Misstrauensantrag ein.

12.50 Uhr: Rendi-Wagner-Vize Jörg Leichtfried setzt nach: Er listet die Verdachtsmomente der WKStA und die Personen, gegen die ermittelt wird, auf und formuliert: "Da sammeln sich fast 100 Jahre Gefängnisstrafe im Umfeld des Kanzlers." Und auch der Kanzler sei bekanntlich unter Verdacht.

12.44 Uhr: Und die SPÖ-Vorsitzende stellt der Regierung eine Rute ins Fenster: Es werde sich in den kommenden Stunden herausstellen, "ob wir bei der Sondersitzung des Parlaments nur einen Misstrauensantrag gegen den Kanzler einbringen, oder auch gegen andere Regierungsmitglieder." Es sei eine Richtungsentscheidung, die hier zu fällen sei.

12.41 Uhr: SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner ist am Wort. "Es ist Zeit, dass Kurz das Amt niederlegt." Und stellt die Frage in den Raum: "Was muss eigentlich noch passieren, damit die ÖVP endlich aufwacht?" Es sei offenbar jeglicher Anstand in der türkisen ÖVP verloren gegangen. Die Menschen wünschten sich eine Politik des Anstandes, der Ehrlichkeit und des Respekts zurück. "Österreich braucht einen Neuanfang." Das würde auch der ÖVP gut tun. Der Ball liege aber bei den Grünen. Diese müssten sich überlegen, "ob sie weiterhin Partner des Systems Kurz sein wollen". Die Gespräche mit den anderen Parteien würden Licht ins Dunkel bringen: "Die Grünen werden dabei eine entscheidende Rolle spielen."

12.40 Uhr:Auch für die Meinungsforscher steht die Handlungsfähigkeit der Regierung auf dem Prüfstand. Für Politikberater Thomas Hofer ist die Regierung "nicht wirklich handlungsfähig", und das sei daran zu sehen, "dass die Grünen das selbst infrage stellen". 

12.30 Uhr: Für die Grünen ist klar: "Ein Grüner Politiker würde mit Rücktritt reagieren". Das sagt die Kärntner Grünen-Chefin Olga Voglauer. Die Grenzen der Amtsfähigkeit von Sebastian Kurz seien erreicht.

12.29 Uhr: Das Bild das Österreich und der Kanzler in den internationalen Medien abgeben, ist desaströs. Die Südddeutsche Zeitung schreibt: "Sollten sich die jüngsten und hammerharten Vorwürfe der Korruptionsstaatsanwaltschaft, die ohnehin schon zahlreiche Verfahren gegen Politiker aus Kurz' Regierungspartei ÖVP führt, bewahrheiten, ginge es - juristisch - um Beihilfe zur Untreue und Bestechlichkeit. Und ethisch ginge es um die Manipulation der öffentlichen Meinung und damit der demokratischen Willensbildung."

12.28 Uhr: In Kürze beginnt die Pressekonferenz der SPÖ mit Klubchefin Pamela Rendi-Wagner:

12.25 Uhr: Jetzt steht auch der Zeitplan für die kommenden Stunden fest:

  • Um 13.30 Uhr findet die Präsidiale mit allen Klubobleuten statt, in der die Details zur Sondersitzung vereinbart werden. Eigentlich war der Dienstag in Aussicht genommen worden, aber es könnte auch schon der kommenden Samstag sein.
  • Davor oder danach treffen Vizekanzler Werner Kogler und die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen zusammen.
  • Danach gibt es Einzelgespräche von Kogler und Maurer mit jeder Fraktion - nicht nur der oder die Vorsitzende ist geladen, sondern eine größere Abordnung des jeweiligen Klubs. Diese Gespräche werden sich über den heutigen und den morgigen Tag ziehen.

12.20 Uhr: Es ist die Stunde des Parlaments: Die Parteien entsinnen sich ihrer eigentlichen Stärke, des Umstandes, dass sie es sind, die gewählt wurden und an denen es jetzt liegt, in der Krise für Stabilität zu sorgen. Auch Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig meldete sich bereits in diesem Sinne zu Wort: In innenpolitisch turbulenten Zeiten müsse die Gesprächsfähigkeit zwischen den politischen Parteien gegeben sein. "Diese müssen nun in Zusammenarbeit mit dem Bundespräsidenten im Sinne der Stabilität unserer Republik an einem Strang ziehen."

12.11 Uhr: In der ÖVP ist Bunkerstimmung angesagt. Tirols ÖVP-Chef Günther Platter konnte noch nicht überredet werden, eine Stellungnahme im Namen der Länder abzugeben, aber für die Bünde ließ sich Ingrid Korosec, die Präsidentin des Seniorenbundes, breitschlagen: Stellvertretend für alle Bünde erklärte sie, der Kanzler werde "mit immer neuen, konstruierten Vorwürfen" belastet. Es werde offenbar das Ziel verfolgt, "einen erfolgreichen, durch Wahlen legitimierten Bundeskanzler zu stürzen". Kurz habe jedoch "unsere volle Unterstützung".

12.06 Uhr: Ein erstes Statement aus den Reihen der Ländergranden der SPÖ: Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser sagt: "Wenn es stimmt, was die Ermittlungen gegen Kurz und die Bundes-ÖVP jetzt zutage fördern, ist das ungeheuerlich. Sie zeichnen ein Bild des moralischen Verfalls: Eine Machtübernahme ohne Skrupel und ohne jede Rücksichtnahme, ein Überschreiten moralischer Grenzen bei mutmaßlicher strafrechtlicher Relevanz. Ein insgesamt erschütterndes Sittenbild." Es liege nun an der unabhängigen Justiz, sich nicht von den, im Lichte der jetzigen Enthüllungen sich selbst erklärenden, Attacken der Bundes-ÖVP, von ihrer Arbeit abbringen zu lassen, sondern für schonungslose, transparente Aufklärung zu sorgen.  Der Schaden für die liberale Demokratie und das Ansehen Österreichs sei enorm. Kaiser setzt allerdings nicht auf Rücktrittsforderung sondern auf Selbstreinigung: "Es liegt jetzt am Bundeskanzler selbst, zu entscheiden, was für die Republik Österreich am besten ist.“

11.55 Uhr: Welche Optionen ergeben sich aus der Regierungskrise?

  • Option 1: Der Kanzler tritt zurück. Diese Absicht ließ er jedenfalls Mittwoch abend im Interview nicht erkennen.
  • Option 2: Der Bundespräsident enthebt ihn des Amtes. Auch Alexander Van der Bellen ließ bisher keine Absicht erkennen, aber die Initiative des Vizekanzlers und die Emanzipation der Parlamentsparteien von der Regierung können ihn in Zugzwang bringen.
  • Option 3: Die Opposition bringt einen Misstrauensantrag ein. Dafür hat sie nur dann die nötige Mehrheit, wenn die Grünen mitspielen.
  • Option 4: Die eigene Partei setzt Kurz unter Druck und zieht einen Alternativ-Kanzler aus dem Hut. Die interne Intrige gegen Vorgänger Reinhold Mitterlehner mit allen Details sorgt für gehörige Unruhe.
  • Option 5: Der Koalitionspartner kündigt der ÖVP die Gefolgschaft auf und es kommt zu Neuwahlen. Oder zu einer Regierung ohne ÖVP.

11.46 Uhr: Und auch FPÖ-Chef Herbert Kickl wiederholt seine Rücktrittsforderung: Der Kanzler sei "untragbar" geworden und auch die Freiheitlichen würden sich der Einladung der Grünen zu Gesprächen nicht verschließen, aber: Die Grünen müssten vor allem ihre eigene Position klären.

11.40 Uhr: Die Pressekonferenz der Neos ist zu Ende, und schon der nächste Termin in Sicht: Um 12.30 Uhr lädt die SPÖ mit Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Vize-Klubchef Jörg Leichtfried zur Pressekonferenz, wir berichten wieder live.

11.37 Uhr: Auf die Frage, ob sie selbst schon konkrete Lösungen auslote, wich die Neos-Frontfrau aus, aber: Sie sehe jedenfalls nicht ein, warum es Neuwahlen geben sollte, denn der gewählte Nationalrat sei nicht betroffen vom Vorwurf der Korruption. Der Kanzler müsse zurücktreten. "Und natürlich geht es nicht um eine Person allein, sondern um das System der Volkspartei, das keine Scheu hat vor Manipulation und Machtmissbrauch, mit dem einzigen Ziel, an der Macht zu bleiben."

11.33 Uhr: Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist am Wort: Sie wiederholt ihr Credo vom Vortag: Es gelte auch für Sebastian Kurz die Unschuldsvermutung, aber es gelte auch, spätestens nach dem Bild, das er in der ZiB 2 abgegeben habe, die Amtsunfähigkeit. "Es braucht einen Neustart in Österreich". Der vergangene Mittwoch sei der Tag 0 für den Neubeginn. Was sie am Abend dieses Tages besonders erschüttert habe: "Dass im Fernsehen ein Sebastian Kurz gesessen ist, der nicht erkennt, wie sehr seine sture Haltung dem Land und dem Ansehen des Landes sowie dem Amt schadet."

11.30 Uhr: Die Pressekonferenz der Neos startet in Kürze. Die interessanteste Frage: Steuert die übrigen Parteien im Parlament auf eine Fortsetzung der Koalition ohne Sebastian Kurz als Kanzler zu? Und akzeptiert die ÖVP das am Ende des Tages, um handlungsfähig und an der Macht zu bleiben? Oder läuft es doch in Richtung Neuwahlen.

11.28 Uhr: In den Ländern rumort es bei den Grünen, aber auch bei der ÖVP. Die Grünen tagten Mittwoch Abend, Rücktrittsforderungen wurden laut. In der ÖVP bemüht man sich verzweifelt darum, den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter als Sprecher der Landeshauptleutekonferenz dazu zu animieren, Stellung zu beziehen. Das ist eigentlich nicht seine Aufgabe, aber über diesen Trick hofft man, um eigene Stellungnahmen herumzukommen.

Der gestrige Mittwoch sei der "Tag 0", hatte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Abend dieses Tages gesagt. Jetzt sei der Tag, an dem die Politik der Korruption ein Ende machen müsse. Der Kanzler müsse zurücktreten, aber es müsse keine Neuwahlen geben: Sie reiche allen anderen Parteien die Hand, gemeinsam müsse eine Lösung gefunden werden.

Der wichtigste Mann in diesem Spiel ist ein anderer Vizekanzler Werner Kogler, Koalitionspartner der ÖVP, Chef der "Aufdeckerpartei" der Grünen. Am Mittwochmittag reagierte Kogler noch schaumgebremst, am Abend erklärte er, nach Lektüre der Anordnung zur Hausdurchsuchung, der erste Eindruck sei "verheerend".

Mittwoch Abend kamen die Grünen zur Krisensitzung zusammen, am Morgen des heutigen Donnerstag ergriffen sie die Initiative: Kogler und die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer luden die Klubobleute der anderen Parteien zu einer Besprechung ein, gemeinsam pilgern  Kogler und Maurer zum Bundespräsidenten.

Die Neos geben dazu um 11.30 Uhr eine Pressekonferenz. Wir berichten live:

Die Grünen stellen die Handlungsfähigkeit von Bundeskanzler Sebastian Kurz infrage. In einer Aussendung heißt es: "Der Eindruck ist verheerend, der Sachverhalt muss lückenlos aufgeklärt werden. Das erwarten sich die Menschen in Österreich. Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, die Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers ist vor diesem Hintergrund infrage gestellt. Wir müssen für Stabilität und Ordnung sorgen."

Die Klubobleute aller Parteien seien zu den Gesprächen über die weitere Vorgangsweise eingeladen:  „Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unser Land. Wir müssen gemeinsam für Stabilität und Aufklärung sorgen und darum möchte ich parteiübergreifend das weitere Vorgehen beraten."

Der Unmut in den Länderorganisationen der Grünen ist groß.  In Kärnten wird die weitere Zusammenarbeit mit Kurz als nicht vorstellbar erachtet. Auch in Wien geht man davon aus, dass man nicht so weitermachen könne, als ob nichts geschehen wäre.

Rücktritt gefordert

SPÖ und FPÖ hatten bereits am Mittwoch den Rücktritt des Kanzlers gefordert und im Verein mit den Neos eine Sondersitzung des Parlaments beantragt, bei der sie auch einen Misstrauensantrag gegen Kurz einbringen wollen. Die Sitzung ist für Dienstag geplant.

Auch in der SPÖ ist die Causa Kurz, die innerhalb weniger Stunden zur Regierungskrise wurde, nach einer Schrecksekunde "Chefsache": Am Mittwoch hatten zunächst noch der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried und Parteigeschäftsführer Christian Deutsch Aussendungen ausgesandt. Wenige Minuten später legte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner nach: "Wir alle werden Zeuge des moralischen Verfalls der ÖVP."

Das Bild, das Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Martin Thür in der ZiB 2 abgab, wurde am Donnerstag ebenfalls thematisiert.  Für FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker war es ein "erschütterndes Bild": Der Kanzler argumentierte so, wie es die ÖVP seit Jahren macht. Es seien alles nur falsche Vorwürfe, es würden SMS aus dem Zusammenhang gerissen, und alle wollen nur der ÖVP schaden. "Von Führungsstärke oder Souveränität war Kurz weit entfernt. Aber gerade diese Eigenschaften sind notwendig, um dieses Amt ausführen zu können.“ 

Besonders bemerkenswert sei auch, dass der Kanzler seine ebenfalls mitbeschuldigten engsten Mitarbeiter im Regen stehen lasse. „Der Bundeskanzler will augenscheinlich seine Haut retten und schreckt auch nicht davor zurück, alles auf seine Mitarbeiter zu schieben."

Verdacht & Hausdurchsuchungen

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Kurz und neun weitere Personen wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Am Mittwoch haben Hausdurchsuchungen bei einigen engen Mitarbeitern des Kanzlers, in der ÖVP-Zentrale, im Kanzleramt und im Finanzministerium stattgefunden.

Es geht um Gefälligkeitsberichterstattung der "Österreich"-Gruppe im Austausch für Inserate des Finanzressorts sowie aus Steuergeld finanzierte Umfragen, die nur dem Nutzen des späteren Kanzlers gedient hätten.