Der Grüne Vizekanzler Werner Kogler verteidigt den Kompromiss mit der ÖVP zur Steuerreform, auch wenn der CO2-Preis am Anfang niedrig ist und der Mobilitätsbonus aufs erste ungerecht erscheint.

Wichtig für Kogler ist, dass ins System der CO2-Bepreisung einmal eingestiegen werde, nachdem seit Jahrzehnten davon geredet werde. "Der Preis wird ja steigen", schon in wenigen Jahren werde er doppelt so hoch sein wie heute. "Wir haben ja diesmal nicht nur an einem Schräubchen gedreht, sondern ein großes Rad an die Maschine drangebaut, an dem wir weiterdrehen werden", erklärte Kogler im ORF-Morgenjournal.

Entscheidende sei, dass die österreichische Regierung einen "verlässlichen Preispfad" beschreite, an dem sich die Unternehmen mit ihren Investitionsplänen auch orientieren könnten. "Es gibt den Einstiegspreis und den Preispfad", Österreich sei eines der wenigen Ländern in der EU, die hier einen konsequenten Weg gingen.

Der CO2-Preis sei im übrigen nur eine von vielen Maßnahmen, die den Umstieg des Systems beförderten, so Kogler. Viele Milliarden flössen in andere Maßnahmen wie Klimaticket, Förderungen der E-Mobilität, den Infrastrukturausbau.

Warum gibt es beim Mobilitätsbonus gleich viel Geld für alle, in Abhängigkeit von der Region? Befördert das nicht die Abwanderung reicherer Menschen aufs Land? Der Vizekanzler betont, dass die Summen im Verhältnis für ärmere Menschen mehr seien als für reichere. Der CO2-Preis wirke sich ja auf die Endprodukte aus, auf Gas und Mineralöl etwa, und Besitzer von schwereren Autos, die am Land wohnten, verbrauchten und zahlten entsprechend mehr. "Da können dann alle durch ihr Verhalten selber steuern, ob sie mehr zahlen oder nicht, ob ihnen also vom Mobilitätsbonus etwas bleibt oder nicht."

Die Abschaffung des Dieselprivilegs bleibe auf der Agenda, sei ja auch im Regierungsprogramm verankert. Bisher habe man schon durch die Erhöhung der Normverbrauchsabgabe viel verändert, und auch die Flugticketabgabe etwa bereit umgesetzt.

Preis laut ÖAMTC-Studie zu niedrig

Der CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne ab Juli 2022 wird im Verkehrssektor nicht reichen, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Wie selbst der Autofahrerclub ÖAMTC bereits vor einem Jahr in einer Studie errechnete, müssten Benzin und Diesel vier Euro pro Liter kosten. Erst ab diesem Preis würden Autofahren stark genug reduziert.

"Wenn wir die Klimaziele wirklich erreichen möchten, müssen wir den Spritpreis so stark anheben, dass Autofahrten eingeschränkt werden", sagte Studienautor Christian Helmenstein vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung bei der Präsentation der vom ÖAMTC beauftragten Studie im September 2020.

Die von der türkis-grünen Regierung angekündigten 30 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid bedeuten, dass Benzin um 7 Cent pro Liter teurer wird und Diesel um 8 Cent. Heuer im August kostete Benzin im Schnitt 1,317 Euro und Diesel durchschnittlich 1,234 Euro.

MÖSt nicht mitgerechnet

In den am Sonntag vorgestellten Plänen der Regierung sieht der ÖAMTC "Licht und Schatten". "Enttäuscht" zeigte man sich darüber, dass man die bestehende Mineralölsteuer (MöSt) nicht als CO2-Bepreisung berücksichtigt habe. Würde man nämlich die MöSt umrechnen, wären es bei Benzin 162 Euro pro Tonne CO2 und bei Diesel 226 Euro.

Treffsicherheit bei Mobilitätsbonus

Das arbeitnehmernahme Momentum-Institut hält in einer ersten Analyse fest: Der geplante CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne, also ca. 8 Cent pro Liter Benzin, ist zu niedrig, um die notwendigen Lenkungswirkungen zu erreichen. Hier wäre ein Einstiegspreis von 50–60 Euro mit mittelfristigem Anstieg auf über 100 Euro notwendig gewesen. Große Lenkungseffekte ließen sich mit einem so geringen CO2-Preis nicht erzielen - noch dazu, wenn das Dieselprivileg unangetastet bleibe.

Die Rückverteilung über einen pauschalen Klimabonus ist besonders für niedrige Einkommen wichtig, die regionale Komponente sorgt für Treffsicherheit. Es werde allerdings mehr rückverteilt als eingenommen.

Was fehlt, sei eine gezielte Unterstützung für Mieterinnern und Mieter. Diese können nicht direkt entscheiden, womit sie heizen wollen, denn der Heizungstausch obliege den Vermietern.

Vor allem Mittelschicht profitiert

Zur geplanten Lohnsteuersenkung hält das Momentum-Institut fest: Die Senkung der Steuersätze der zweiten und dritten Tarifstufe lasse vor allem die oberen Mittelschicht profitieren. Mit einem Einkommen von 2.100 Euro bekomme man EUR 137 pro Jahr mehr. Ab 6.000 Euro seien es dagegen jährlich EUR 1.230 mehr. 

© Momentum Institut, SORESI

Die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge sei grundsätzlich eine effektive Maßnahme, gerade für kleine und mittlere Einkommen - ein Ausgleich der Mindereinnahmen für die Sozialversicherung sei aber unbedingt nötig.

Die Erhöhung des Familienbonus werde etwa bei zwei Kindern erst ab einem Bruttoeinkommen von ca. 2.500 Euro spürbar. Sie nutze vor allem höheren Einkommen. In den beiden untersten Einkommensfünfteln komme so gut wie gar nichts an, sagt das Momentum-Institut.