Fast hatten die vergangenen Wochen ein bisschen etwas von einem Nichtangriffspakt in der heimischen Politik: Keiner der Parteichefs nutzte sein ORF-„Sommergespräch“ – immerhin die meistgesehenen Auftritte, die die meisten von ihnen haben – für markige Ansagen, auch große Pressekonferenzen blieben die Ausnahme. Wäre nicht die Situation in Afghanistan eskaliert und eine kleine Migrations- bzw. Asyldebatte in Österreich gefolgt, wäre der August heuer wohl der politikärmste Monat seit Jahren geworden.

„Die Politik macht jetzt ein paar Wochen Pause – und vielleicht tut das der Republik ganz gut“, erklärte eine Mitarbeiterin eines Parlamentsklubs der Kleinen Zeitung beispielsweise.

Ministerrat und Corona-Beratungen

Diese Zeit des Stillhaltens dürfte nun aber vorbei sein: Diese Woche stehen am Mittwoch gleich zwei größere Ereignisse an, die in Summe das Ende der politischen Sommerpause einläuten. Die türkis-grüne Regierung trifft sich nicht nur zum ersten Ministerrat nach der Sommerpause, sondern lädt am selben Tag auch noch die Landeshauptleute zu Beratungen, um über die immer schlechter werdende Corona-Situation zu beraten.

Vorangehen dürften diesem Treffen aber auch noch koalitionsintere Abstimmungen. Denn wie die Kleine Zeitung erfahren hat, ist die Regierung vorerst alles andere als einig, wie man mit der Krisenlage umgehen soll, dass die ansteckende Delta-Variante des Coronavirus vor allem Ungeimpfte befällt, gleichzeitig aber die Impfrate nur noch im Schneckentempo steigt. Aus dem Gesundheitsministerium von Wolfgang Mückstein (Grüne) kommt Druck auf eine Verschärfung der Maßnahmen – wozu auch Experten raten –, während im Umfeld von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorerst noch keine allzugroße Bereitschaft bestehen soll, der Bevölkerung neuerliche Einschränkungen zu verkünden.

Muss Kurz seinen Kurs korrigieren?

Gut möglich jedenfalls, dass der Bundeskanzler, der heute Abend den Reigen der Parteichefs in den Sommergesprächen vollendet, seinen Kurs korrigieren muss. Anfang Juli hatte Kurz in einem Gespräch mit der Kleinen und den anderen Bundesländerzeitungen erklärt, die Covid-Krise redimensioniere sich: „Sie wandelt sich von einer akuten gesamtgesellschaftlichen Herausforderung zu einem individuellen medizinischen Problem“.

Eine Einschätzung, die viele Experten damals teilten – seither hat sich aber einiges getan. Seit Mitte August schließen Prognostiker nicht mehr aus, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems doch noch eintreten könnte – wenn nicht in den kommenden Wochen die Impfrate noch anzieht. Die Folge wäre, dass Spitalskapazitäten für die – großteils Ungeimpften – Covid-Patienten gebraucht würden, wodurch andere Patienten hintangestellt werden müssten.

Ende der Gratistests?

Am Mittwoch beraten deswegen nun also Bundesregierung und Landeshauptleute über die aktuelle Situation, teilweise werden die Länderchefs dafür auch persönlich nach Wien reisen.
Diskutiert wurden zuletzt Maßnahmen wie die Rückkehr zur FFP2-Maskenpflicht in allen Innenräumen sowie eine generelle Verkürzung der Gültigkeit von Coronatests (nach Vorbild Wiens, das hier vorangegangen ist). Auch das vor allem von den ÖVP-Ländern eingeforderte Ende der Gratistests wird wohl gesprochen – das soll Ungeimpfte vor die Wahl stellen, sich impfen zu lassen oder für jeden Eintritt in Lokale usw. Geld in die Hand nehmen zu müssen.

Ebenfalls intensiv wieder aufgenommen werden hinter den Kulissen die Beratungen der Taskforce der Bundesregierung zur ökosozialen Steuerreform. Die mutmaßlich größte türkis-grüne-Reform soll mit Jahreswechsel in Kraft treten – besonders bei ihrem Kernstück, der CO2-Bepreisung, ist aber noch vieles offen (siehe folgende Seiten).
Wie aus Verhandlerkreisen verlautet, habe man sich aber inzwischen auf einen Modus verständigt, wie man in den kommenden Wochen die noch offenen Fragen klären möchte – wenn nicht abermals die Pandemie dazwischenkommt.