Sechs Verhandlungstage dauerte der Bestechungsprozess gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Klinikbetreiber Walter Grubmüller. Am Freitag wurden beide - nicht rechtskräftig - verurteilt. Strache zu 15 Monaten bedingt und Grubmüller zu 12 Monaten bedingt. In den Punkten rund um einen Flug nach Korfu wurden beide freigesprochen.

In der Urteilsbegründung verweist Richterin Claudia Moravec-Loidolt darauf, dass sich Grubmüller lange Zeit erfolglos für eine Änderung des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) eingesetzt habe. Und nach der langen Zeit des Misserfolgs habe er sich, gegen Einsatz von Geld, an seinen Freund Strache gewandt. Bis zur ersten Spende Grubmüllers an die FPÖ und den Einsatz Straches sei der PRIKRAF nie Thema im Parlament gewesen. Das Aktivwerden Straches lasse keinen anderen Schluss zu, als dass ihm die Spende bekannt gewesen sei. Das Argument Grubmüllers zur Spende aus dem Jahr 2017, diese sei für den Wahlkampf, könne für die Spende aus 2016 nicht gelten. Beide legen gegen das Urteil Berufung ein, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Strache: "Fehlurteil"

In einer ersten Reaktion sprach Strache von einem Fehlurteil und zeigte sich "betroffen und schockiert". Das Urteil habe klar bestätigt, dass er sich nie persönlich bereichert habe, unterstelle ihm aber, sich nicht aus "tiefster Überzeugung" für Grubmüller eingesetzt zu haben. Deshalb werde man auch "voll berufen". Grubmüllers Anwalt verwies darauf, dass Grubmüller immerhin zur Hälfte freigesprochen worden sei und man sich den Rest in der Berufung ansehen werde. Für die Initiatoren des Anti-Korruptionsvolksbegehrens ist das Urteil "nur ein Anfang", für Jan Krainer (SPÖ) der Beweis dafür, "dass man sich unter Türkis-Blau Gesetze kaufen konnte".

Staatswaltschaft in Schlussvortrag sicher

Die Staatsanwaltschaft versuchte in ihrem Schlussvortrag, ein eindeutiges Bild zu zeichnen. In der Causa seien einzelne Faktoren zusammengekommen, die letztlich "leicht entflammbar und strafrechtlich relevant waren", sagte Staatsanwalt Bernhard Weratschnig. Unter diesen Faktoren sei etwa das Naheverhältnis von Strache und Grubmüller, das in den sichergestellten Chats dokumentiert ist.

Der PRIKRAF, um den es im Prozess geht, sei das größte konkrete politische Thema in ihrer Kommunikation gewesen. Dazu käme das Eigeninteresse Grubmüllers. Es sei unstrittig, dass Grubmüllers Privatklinik durch die Aufnahme in den PRIKRAF wirtschaftliche Vorteile bekam.

Vorteile "liegen auf der Hand"

Auch die "geldwerten Vorteile", die Strache aus der Sache ziehen konnte, die Parteispenden und die Einladungen für Urlaube, würden auf der Hand liegen. Schließlich sei es "eindeutig" und mehrfach im Verfahren bestätigt worden, dass die Initiative zur Änderung innerhalb der FPÖ von Strache ausging.

Weratschnig sah einen eindeutigen Konnex zwischen den Spenden und dem Engagement Straches, sowohl in seiner Zeit als Abgeordneter, als auch als Vizekanzler. Als Beleg sieht die Staatsanwaltschaft etwa, dass es Strache immer nur explizit um die Klinik Grubmüllers ging.

Von Christoph Leitl und Yogakursen

"Überhaupt keinen Motivationszusammenhang" sah hingegen die Verteidigung Grubmüllers, sein Bruder Helmut Grubmüller, erst recht keine Beweise. Walter Grubmüller habe sich seit Jahren dafür eingesetzt, dass viele Privatkliniken mittels Zusatzvertrag in den PRIKRAF aufgenommen werden, belegt sei das durch unzählige Schreiben ab dem Jahr 2012 beispielsweise an den damaligen Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl oder Ex-Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ). Die erfolgte Gesetzesänderung habe er nie angestrebt. Daneben sei die Spende über 10.000 Euro hochoffiziell erfolgt, gerade damit sie aufscheint und Grubmüller sich dadurch deklariere.

Ein zentrales Argument des ursprünglichen Strafantrages sei gewesen, dass eben nur diese eine Spende erfolgt sei. Dieses sei dadurch entkräftet worden, dass eben während des Prozesses eine zweite Spende aufgetaucht ist. Außerdem gehe die Staatsanwaltschaft mit dem Begriff "Einladung" unsauber um. Dieses Wort würde nicht implizieren, dass etwas verschenkt wird (wie über die Flüge in Grubmüllers Privatjet vermutet wird). Als Beleg dafür verweist Anwalt Grubmüller etwa auf Einladungen zu Yogakursen oder Tenniscamps.

"Wollte nur Missstand beheben"

Auch Straches Verteidiger Johann Pauer sah keine Schuld seines Mandanten. Die Vorwürfe der WKStA würden auf einer Reihe von Fehlannahmen beruhen. Am Anfang sei ein grober Missstand gestanden, sagte Pauer. Diesen wollte Strache beheben. Sämtliche Presseaussendungen der FPÖ zielten darauf ab, alle Privatkliniken in den PRIKRAF miteinzubeziehen. Es gebe unzählige Chat-Nachrichten, die belegen würden, dass Grubmüller aus Ablehnung der anderen Partei und aus Überzeugung an die FPÖ gespendet habe.

Zusätzlich gebe es auch Nachrichten, die auf dem Handy eines Bestechlichen niemals zu finden sein würden, sagte Pauer. Damit meinte er etwa eine Unterhaltung zwischen Strache und Grubmüller, in der Strache explizit nach einer Rechnung für eine bestimmte Leistung fragt. Bis auf eine gewisse zeitliche Nähe gebe es keine Hinweise auf die Richtigkeit der Anklage.

Erster Prozess aus Ibiza-Komplex

Der Prozess ist der erste, der aus dem Ibiza-Video und den darin von Strache getätigten Äußerungen hervorgeht. Konkret geht es um eine Privatklinik im 18. Wiener Gemeindebezirk Währing. Deren Betreiber, Walter Grubmüller, bemüht sich seit Jahren um eine Aufnahme in den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF). Über diesen Fonds können privat betriebene Krankenhäuser medizinische Leistungen mit den Sozialversicherungen abrechnen. Welche Kliniken in diesen Fonds aufgenommen werden, muss per Gesetz beschlossen werden.

Während der türkis-blauen Regierung wurde Grubmüllers Klinik in den PRIKRAF aufgenommen. Die Frage im Prozess ist, ob eine Spende Grubmüllers in der Höhe von 10.000 Euro aus dem August 2017 an die FPÖ mit dieser Gesetzesänderung zusammenhängt. Zudem benutzte das Ehepaar Strache Grubmüllers Privatjet für einen Rückflug aus Korfu. Strache betont aber, dafür bezahlt zu haben. Grubmüller und Strache plädieren auf ihre Unschuld. Grubmüller habe sich von der SPÖ im Stich gelassen und von der Wirtschaftskammer ungerecht behandelt gefühlt, die Spende geschah aus Überzeugung, bei der FPÖ Gehör zu finden.

Zweite Spende und Ex-Ministerin im Zeugenstand

Während des Prozesses wurde unter anderem bekannt, dass Grubmüller bereits 2016 eine Spende in der Höhe von 2.000 Euro an die FPÖ überwiesen hat. Daran konnte sich Grubmüller aber nicht mehr erinnern. Er müsse "unter Alkoholeinfluss gestanden" sein, sagte Grubmüller am dritten Verhandlungstag. Die Anklage wurde danach ausgeweitet. Als Zeugen wurden mehrere namhafte (Ex-) FPÖ-Politikerinnen und enge Mitarbeiter Straches befragt. Die aktuelle Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch und die ehemalige Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein betonten, sie hätten von Straches Engagement für den PRIKRAF mitbekommen, waren teils verwundert über die Intensität, beschäftigten sich aber kaum damit. 

Als weiteres Indiz für ihre Unschuld werten Strache und Grubmüller, dass Straches Engagement für Grubmüllers Klinik schon vor der Regierungsbeteiligung begann. Ein dementsprechender Initiativantrag aus Oppositionszeiten war ohnehin "chancenlos", wie der ehemalige FPÖ-Abgeordnete Johannes Hübner bezeugte. Anträge wie dieser seien jedoch laut Strache "parlamentarischer Alltag".