Innneminister Karl Nehammer (ÖVP) will beim Sonderrat der EU-Innenminister an diesem Mittwoch Abschiebezentren um Afghanistan vorschlagen. Nehammer forderte am Montag zusammen mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) eine gemeinsame Sondersitzung der EU-Außen- und Innenminister zu Afghanistan. "Wenn Abschiebungen aufgrund der Grenzen, die uns die europäische Menschenrechtskonvention setzt, nicht mehr möglich sind, müssen Alternativen angedacht werden", sagte Nehammer.

"Abschiebezentren in der Region rund um Afghanistan wären eine Möglichkeit. Dafür braucht es die Kraft und die Unterstützung der Europäischen Kommission. Ich werde das beim Rat der Innenminister vorschlagen und mit der Kommission und meinen Kollegen besprechen", so der Innenminister laut Aussendung weiter.

Minister fordern gemeinsame EU-Vorgangsweise

Bisher ist für Mittwoch nur eine außerordentliche Videokonferenz der EU-Innenminister vorgesehen. Thema ist die angespannte Lage an der litauischen Grenze zu Belarus (Weißrussland), das gezielt Migranten in das zur EU gehörende baltische Nachbarland schleust. Schallenberg und Nehammer plädieren dafür, die Tagung zu einer gemeinsamen Sondersitzung der EU-Außen- und Innenminister zu erweitern. "Es braucht eine gemeinsame europäische Vorgangsweise, wie wir außen- und sicherheitspolitisch auf die Situation in Afghanistan und die drohende Flucht- und Migrationswelle reagieren", forderten beide Minister.

"Afghanistan darf nicht zu einem sicherheitspolitischen schwarzen Loch werden. Die europäischen Bemühungen müssen auch die Nachbarländer Afghanistans und die Transitländer miteinbeziehen", sagte Schallenberg laut Aussendung. "Gemeinsam mit dem Innenminister will ich im Rahmen einer virtuellen Konferenz mit den zentralasiatischen Nachbarn Afghanistans einen ersten Schritt setzen. Parallel dazu sollte auch die EU-Kommission unverzüglich konkrete Gespräche mit diesen Staaten aufnehmen."

Österreich werde die Situation in Afghanistan und die zu erwartenden Fluchtbewegungen thematisieren. Glaubhafte europäische Asylpolitik sei nur möglich, wenn Nicht-Schutz-Berechtigte wieder aus der EU abgeschoben werden könnten, argumentierte Nehammer.

Grüne gegen Abschiebungen

Vertreter der Grünen machen nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan verstärkt Druck auf das Innenministerium, um Abschiebungen in das Land endgültig auszusetzen. Nachdem Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) erklärt hatte, dass sich das Thema nun erledigt habe, meldeten sich unter anderem der Tiroler Klubobmann Gebi Mair und die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, auf Twitter mit moralischen Appellen zu Wort.

"Wer jetzt noch findet, man soll Menschen nach Afghanistan abschieben statt sie von dort zu retten, dem fehlt es entweder an Herz oder Hirn oder beidem", lautete etwa Mairs Botschaft an die Verantwortlichen im Asylbereich, ohne den Koalitionspartner ÖVP und das türkis geführte Innenministerium direkt zu nennen. Ernst-Dziedzic schrieb wiederum: "Alle, die jetzt nicht über akute Hilfe und Versorgung für die Fliehenden, sondern über Abschiebung reden - schämt Euch einfach."