Wie gefährdet sind bereits Geimpfte, wenn die Corona-Infektion den Impfschutz „durchbricht“? Weltweit ist das derzeit eine der brisantesten medizinischen Forschungsfragen. Studien weisen deutlich darauf hin, dass die bisher zugelassenen Impfstoffe zwar nicht hundertprozentig, aber sehr effektiv gegen schwere Verläufe der Krankheit bzw. vor Tod durch Covid-19 schützen.

In Österreich blieben diese Fragen wohl noch länger unbeantwortet: Denn hierzulande sind die Datensätze der Erkrankten bzw. in Spitäler behandelten Covid-19-Patienten streng von jenen der Geimpften getrennt. Anders gesagt: Wie viele der 130 Menschen, die derzeit in Österreichs Spitälern wegen einer Corona-Erkrankung behandelt werden, bereits geimpft sind, kann derzeit niemand verlässlich sagen.

"Länder übermitteln nur Gesamtzahl"

Im Gesundheitsministerium begründet man das mit der föderalen Praxis: „Aktuell melden die Länder als Träger der Krankenanstalten absolute Zahlen der aktuell hospitalisierten Personen ein“, schreibt ein Sprecher von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein auf Anfrage der Kleinen Zeitung; „dadurch, dass die Übermittlung keine personenbezogenen Daten, beinhaltet, ist aktuell keine Verknüpfung bzw. Verschneidung der Daten möglich.“

Für die Forschung ist das fatal: „Das Virus wird uns noch länger begleiten und wir benötigen nach wie vor ein systematisches Monitoring der Auswirkungen der Pandemie auf unser Gesundheitssystem – besser gestern als heute“, erklärt Komplexitätsforscher Peter Klimek im „Kurier“. Martin Halla, Professor für Ökonomie an der Universität Linz, diagnostiziert auf Twitter eine „Bankrotterklärung der Informationsverarbeitung im öffentlichen Gesundheitswesen“.

Daten noch immer nicht harmonisiert

Auch der emeritierte Statistikprofessor Erich Neuwirth, der seit Beginn der Pandemie die tägliche Ausbreitung des Virus in Österreich auf seinem Blog analysiert, sieht auch eineinhalb Jahre nach Ankunft der Krise im Land noch immer einen deplorablen Zustand der staatlichen Covid-19-Datenlage.

Nicht nur, dass die Daten Geimpfter und Hospitalisierter nicht zusammengeführt werden; die von verschiedenen Stellen geführten Statistiken von Impfungen und Infektionen seien nicht einmal harmonisiert, sagt Neuwirth im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Ein Beispiel: Die Altersgruppen, in denen Infizierte und Geimpfte jeweils ausgewiesen werden, stimmen nicht überein.“

So würden Infektionen bei den Jüngsten in der Gruppe 5- bis 14-Jähriger eingetragen; Impfungen sind aber ab 12 möglich.

Für Neuwirth mehr als nur ein Problem für Wissenschaftler: „Wir begeben uns der Möglichkeit, gezielt Maßnahmen zu setzen“, warnt der Statistiker, der auch einen Lösungsvorschlag hat: Die Statistik Austria könnte diese Daten zunächst nicht öffentlich zusammenführen – und erst in einem zweiten Schritt anonymisiert veröffentlichen.