Noch ist der Ferienstart näher als der Schulanfang, doch von Unbeschwertheit kann keine Rede sein. Denn Eltern, Lehrerinnen und Kindergartenpädagogen blicken mit Sorge auf das nächste Schuljahr. "Delta wird weiter auf dem Vormarsch sein, vor allem unter ungeimpften Personen. In erster Linie wird es die jüngeren Altersgruppen betreffen", sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna. Das zeigt sich schon jetzt: Unter Kindern im Pflichtschulalter (die derzeit nicht verpflichtet gestestet werden), liegt die Sieben-Tages-Inzidenz zwar bei 15,6. Mit Abstand die höchste Inzidenz weisen allerdings die 15- bis 24-Jährigen mit 99,3 auf.

Über den Sommer werde die Lage sich nicht systemkritisch zeigen, so Klimek, aber je höher die Zahlen steigen, desto schwieriger werde die Ausgangslage im Herbst sein. Zudem wirkt aktuell auch noch der Faktor Saisonalität und hilft, die Infektionszahlen nicht zu hoch steigen zu lassen. Dieser fällt in den kälteren Jahreszeiten weg: "Wir werden uns auf Schulöffnungen bei insgesamt höheren Infektionszahlen einstellen müssen", sagt Klimek.

Ohne Sicherheitsvorkehrungen werde man definitiv nicht ins Schuljahr starten, heißt es im Gesundheitsministerium. Details werden zwischen Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) derzeit abgestimmt. In der ersten Augustwoche sollen Details für den Schulstart präsentiert werden. Folgendes steht zur Diskussion:

Testen

In den ersten beiden Schulwochen sollen Schülerinnen, Lehrer und Verwaltungspersonal intensiv getestet werden, um all jene Infektionen aufzuspüren, die sonst aus den Ferien mitgebracht werden. Abhängig von den Infektionszahlen wird auch danach regelmäßig weiter getestet. Der Plan ist, in ganz Österreich ein Angebot für Schulen zu schaffen, dass zumindest ein Mal pro Woche mittels PCR-Methode getestet werden kann. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede: In Wien ist der Gurgeltest etabliert. In der Steiermark hofft man, ab 13. September die PCR-Gurgeltests an Schulen anbieten zu können. Vorausgesetzt, die Testkits wären wie angekündigt im Laufe des August über die Beschaffungsagentur BBG abzurufen. Davon unabhängig ist ab Mitte August in zwei Pilotregionen (Graz und Hartberg-Fürstenfeld) ein Probelauf mit den Gurgeltests geplant.

Aktuell sei es Vorgabe des Ministeriums, dass auch im Herbst die Strategie mit den Antigentests fortgesetzt werde, sagt der interimistische Kärntner Bildungsdirektor Stefan Primosch. "Werden PCR-Tests eingeführt, brauchen wir eine bundesweite Strategie, denn die Logistik wäre bei uns mit den vielen kleinen Schulstandorten eine Herausforderung, die wir nur schwer stemmen könnten."

Masken

Am Zeugnistag in Ostösterreich fiel die Maskenpflicht. Im Bildungsministerium ist es deklariertes Ziel, dass es so bleibt. Ob die Kinder im Herbst aber tatsächlich ohne Maske in die Schule kommen können, ist derzeit noch nicht klar. Angedacht ist für Sicherheitsmaßnahmen wie Masken- oder Testpflicht ein Grenzwert, über den Bildungs- und Gesundheitsministerium gerade verhandeln. Marcus Dekan, Vizepräsident des Bundeselternverbandes plädiert für eine farblich separierte Skala, die er bewusst nicht Ampel nennt, damit Eltern sich darauf einstellen können, was in den nächsten Tagen passiert: "Wir wollen Planbarkeit schaffen", sagt er: "Mit eineinhalb Jahren Erfahrung müssen wir doch wissen, welche Maßnahmen gesetzt werden müssen, wenn ein gewisser Wert erreicht wird."

Impfen

Im Herbst soll es Impfaktionen an großen Schulen geben, wo sich Schüler über 12, Eltern und Lehrerinnen impfen lassen können. Eine Verpflichtung dazu soll es aber nicht geben, heißt es im Bildungsministerium. Man arbeite weiterhin mit Appellen. Im Gesundheitsministerium verweist man darauf, dass es im vierten Quartal womöglich Impfungen für Kinder unter 12 Jahren geben soll. Im Ö3 Radio spricht Faßmann nochmals direkt die Eltern an, sich impfen zu lassen - "das wäre der beste Weg, wenn man Kindern und Jugendlichen im Herbst helfen möchte", so der Bildungsminister. So verhindere man auch, dass mögliche Infektionen "in die Familie getragen werden".

Luftfilter

In Deutschland fördert die Regierung die Beschaffung von mobilen Luftfiltern in Schulen. Ähnliches ist auch in Österreich angedacht, Details werden allerdings erst ausverhandelt. Fest steht, dass nicht alle 5.600 Schulklassen des Landes umgebaut werden. Insbesondere Klassenräume, die nicht gut belüftet werden können, sollen aber mit mobilen Luftfilteranlagen ausgestattet werden. 

Distanzunterricht

Flächendeckendes Homeschooling soll es im nächsten Schuljahr nicht mehr geben, versichert das Bildungsministerium. Auch Elternvertreter Dekan sagt: "Für uns steht vollständiger Präsenzunterricht außer Diskussion." Wenn allerdings größere Cluster auftreten, mache es auch aus Sicht der Elternvertreter Sinn, einzelne Klassen oder Schulen ins Distance Learning zu schicken.

Quarantäne

Mit steigenden Infektionszahlen wird es unvermeidbar sein, dass auch Schülerinnen und Schüler in Quarantäne müssen. Vor dem Schulbeginn braucht es dringend klare Regeln über die Prozesse, sowie wer als K1 und wer als K2 gilt: "Was bei Reiserückkehrern funktioniert, müsste auch bei Kindern funktionieren, dass sie sich etwa nach 5 Tagen freitesten können", fordert Elternvertreter Dekan.

"Ja, die Schulen sind ein riskantes Setting, aber wir haben hier mittlerweile gute präventive Maßnahmen entwickelt, die es uns erlauben, das Geschehen überblicken zu können", sagt Klimek. Nun gehe es darum, über den Sommer auszuverhandeln, welche und in welchem Ausmaß diese Präventionskonzepte umgesetzt werden sollten.