Nachdem die ÖVP als Reaktion auf die Tötung einer 13-Jährigen Kritik am Koalitionspartner geübt und auf rasche Abschiebungen gedrängt hat, haben sich auch Vizekanzler Werner Kogler und Justizministerin Alma Zadic zu Wort gemeldet. Die beiden grünen Regierungsmitglieder sprachen sich gegen eine politische Instrumentalisierung des Falles aus. Kogler erinnerte an das Regierungsprogramm und betonte, dass Zadic nie einen Abschiebestopp nach Afghanistan gefordert habe.

Der erste Schritt sei jetzt das Mitgefühl für die Angehörigen des getöteten Mädchens, sagt zudem auch der Grüne NR-Abgeordnete Georg Bürstmayr am Freitagfrüh im Ö1 Morgenjournal. Bürstmayr hat auch Erfahrung als Anwalt für Asyl und Menschenrechte. Der Vorfall nehme ihn persönlich mit, gerade deswegen müsse man nun aber kühlen Kopf bewahren, bevor man politische Entscheidungen treffe.

Vizekanzler Kogler erklärte davor in einer Aussendung: "Woran wir uns alle nicht beteiligen sollten und ich mich sicher nicht beteiligen werde, ist das Wechseln von politischem Kleingeld und das Spalten der Gesellschaft". Den Fall bezeichnete er als "grausame Tat, für die die Täter mit allen Mitteln des Rechtsstaates verfolgt und verurteilen gehören". Klar sei: "Wer bei uns Schutz vor Gewalt und Verfolgung sucht und auch braucht, soll ihn bekommen. Wer aber bei uns schwere Gewaltverbrechen begeht, muss dieses Land wieder verlassen." So stehe es auch im Regierungsprogramm: "Konsequente Abschiebung von straffällig gewordenen Drittstaatsangehörigen, denen der Schutzstatus aberkannt wurde".

Im Regierungsprogramm vereinbart und geltende Rechtslage sei zudem die laufende Neubewertung der Sicherheitslage der Herkunftsländer von Asylwerbern unter Berücksichtigung der Erkenntnisse internationaler Organisationen, insbesondere des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM). "Und dass nach EMRK jeder Fall individuell zu prüfen ist, bevor abgeschoben wird", so Kogler: "Das hat die Justizministerin in der Debatte wiedergegeben."

Auch Zadic betonte: "Wer bei uns Schutz vor Gewalt und Verfolgung sucht, bekommt ihn auch - wer aber bei uns schwere Gewaltverbrechen begeht, muss dieses Land wieder verlassen." Sie werde diesen "erschreckend brutalen Fall" nicht politisch instrumentalisieren. "Das entspricht nicht meinem politischen Stil und daran werde ich mich nicht beteiligen. Wichtig ist, dass wir den Fall rasch aufklären und die Täter mit allen Mitteln des Rechtsstaats zur Verantwortung ziehen. Das sind wir den Angehörigen schuldig. Diesen möchte ich nochmals mein aufrichtig empfundenes Mitgefühl ausdrücken", so die Justizministerin.

Im Justizressort betonte man auch, dass noch unter der türkis-blauen Bundesregierung ein Abbau von 80 weiteren Stellen beim Bundesverwaltungsgericht vorgesehen gewesen sei, was Zadic verhindern habe können. Unter ihr seien über 30 zusätzliche juristische Stellen beim BVwG geschaffen worden, um die Altfälle rasch abarbeiten zu können. Von 33.000 anhängigen Beschwerdeverfahren sei man zuletzt auf 18.500 heruntergekommen. Knapp 75 Prozent der anhängigen Verfahren stammen aus dem Bereich Fremdenwesen und Asyl.

Zuvor hatte Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) nach einem Runden Tisch als Reaktion auf die Tat von Zadic die Einschaltung des Dienstaufsicht gefordert. Wäre schneller gehandelt worden, wäre einer der Verdächtigen wahrscheinlich zum Zeitpunkt der Tat schon abgeschoben gewesen, meinte die Ressortchefin bei einer Pressekonferenz.

Der Ministerin missfällt etwa, dass man subsidiär Schutzberechtigten auch nach Kapitalverbrechen die Möglichkeit zu Berufungen gegen die Abschiebung einräumt. Insgesamt warb sie dafür, den Rechtsrahmen auszuschöpfen. Gleichzeitig machte Edtstadler aber auch klar, dass man sich innerhalb der europäischen Gesetze, also innerhalb der Spruchpraxis des EGMR (Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte) bewegen werde.

Gefordert sieht die Europaministerin aber auch die europäische Politik mit rascheren Abschiebungen, weiteren Rücknahmeabkommen und einem effektiveren Außengrenzenschutz. Einer der zur Pressekonferenz zugeschalteten Experten, der niederländische Soziologe Ruud Koopmanns, plädierte überhaupt dafür, nur noch jene Flüchtlinge in Europa Asyl beantragen zu lassen, die aus Anrainerstaaten wie z.B. der Türkei und der Ukraine stammen. Für die anderen Gruppen sollte nur eine Möglichkeit für entsprechende Ansuchen von außen bestehen.

FPÖ nicht überzeugt

Wenig überzeugt zeigte sich in einer Aussendung FPÖ-Chef Herbert Kickl. Der ÖVP gehe es nur darum, ihr Nichtstun, so gut es geht, mit PR-Shows zu übertünchen.

Die NEOS wiederum schlagen vor, die Maximaldauer nach Schweizer Vorbild bis zum zweitinstanzlichen Erkenntnis mit 180 Tagen zu beschränken. "Ein positiver Asylbescheid bedeutet: Zugang zum Arbeitsmarkt, massive Unterstützung für rasche Integration und damit volle Chancen. Ein negativer Asylbescheid bedeutet: entschlossene Rückführung", so Vizeklubchef Nikolaus Scherak.