Die in Wien regional verschärften Corona-Maßnahmen stoßen auf erbosten Widerstand bei Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). "Am Tag vor gut geplanten bundesweiten Öffnungsschritten einseitig die Regeln zu ändern, ist völlig absurd", ärgerte sie sich in einer Aussendung: "Das ist genau das Gegenteil von Planungssicherheit, was die Stadt Wien hier veranstaltet." Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein vom grünen Koalitionspartner hatte den Wiener Vorstoß begrüßt.

Während bundesweit mit dem heutigen 1. Juli viel gelockert wurde, hat sich die Bundeshauptstadt unter SP-Bürgermeister Michael Ludwig für teilweise strengere Regelungen entschieden. Hier gilt nun eine Corona-Testpflicht für Kinder bereits ab sechs Jahren, etwa in der Gastronomie oder im Schwimmbad. Noch dazu sind die sogenannten Wohnzimmertests in Wien generell nicht mehr als Zutrittsberechtigung erlaubt. Bekannt gegeben wurde dies erst gestern, Mittwoch. 

Vorgangsweise Wiens gehe völlig an der epidemiologischen Realität vorbei

Köstinger quittierte dies "mit Unverständnis und harscher Kritik", wie es in ihrer Aussendung hieß. "Wie stellt man sich vor, dass sich Gastronomie und Tourismus in weniger als 24 Stunden auf diese neuen Regeln einstellen soll?", fragte sie: "Das ist vollkommen unprofessionell und ein Schlag ins Gesicht Tausender Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich gewissenhaft vorbereitet haben und nun überfallsartig geänderte Regeln umsetzen sollen. Auch bei den Gästen stiftet diese chaotische Vorgangsweise völlig unnötige Verwirrung."

Die Vorgangsweise Wiens gehe auch völlig an der epidemiologischen Realität vorbei, so die Ministerin. Es gebe keinen plausiblen Grund für diese Verschärfungen. "Dass Wien nun die 3G-Regel auf Kinder ab 6 Jahren ausweitet, macht die Planungen für viele Familien extrem schwierig und greift in eine bislang sehr gut funktionierende bundesweite Teststrategie ein", ärgerte sich Köstinger.

Ludwig: "Machen das ja nicht aus Jux und Tollerei"

Bürgermeister Ludwig ließ die Kritik nicht gelten. "Wir machen das ja nicht aus Jux und Tollerei", sagte er am Rande einer Pressekonferenz auf Anfrage der APA. Er sei überzeugt, so betonte er, dass die Delta-Mutation eine große Herausforderung darstelle. An die Maßnahmen, die in Wien verordnet worden seien, hätten sich die Menschen zudem schon gewöhnt.

Kinder etwa würden in der Schule bereits getestet. "Und es ist einsichtig, wenn wir bis jetzt der Meinung waren, dass wir Kinder in diesem Alter testen, dass wir das auch tun, wenn Schulferien sind." Denn das Virus habe keine Ferien. Kinder könnten das Virus an junge Eltern weitergeben, die noch nicht geimpft seien, gab Ludwig zu bedenken.

Auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) verwies am Rande einer Pressekonferenz darauf, dass die Schule als Testinstitution nun für zwei Monate ausfällt. Das sei zu berücksichtigen. "Ich verstehe, wenn man sagt, wer bestimmte Einrichtungen in Anspruch nimmt, soll sich testen." Auch andere Institutionen wie etwa Ferienangebote würden das Testloch füllen.

Man müsse alles daran setzen, verschärfte Maßnahmen wie im vergangenen Herbst zu verhindern. "Ich sehe mich auch eins mit den Sozialpartnern in Wien", sagte Ludwig. Diese hätten große Sorge, dass es zu einem neuerlichen Lockdown kommen könnte. Vergangenen Sommer habe man argumentieren können, dass die Situation damals neu war. Dies sei nun nicht mehr der Fall. Er wolle nicht im Herbst gefragt werden, ob die Politik den Sommer verschlafen habe, hielt Ludwig fest.