Der heutige Tag im Ibiza-Untersuchungsausschuss brachte wieder hitzige Debatten. Ein Jahr nach seiner ersten Befragung wurde Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein weiteres Mal als Auskunftsperson befragt. In seinem Einleitungsstatement erklärte Kurz, dass er den Eindruck habe, dass es dem Ausschuss nicht um Aufklärung, sondern "bewusstes Schlechtmachen" des politischen Mitbewerbers gehe. Er mache sich "Sorgen um den politischen Diskurs".

Wenn ihm die gleichen Fragen wie vor einem Jahr gestellt werden, werde er seine Aussagen von damals zitieren lassen, um keinen Raum für falsche Interpretationen zu lassen. Und wenn es sein muss, werde er sich vielleicht manchmal entschlagen. "Diese Möglichkeit haben Sie mir durch Ihre Anzeigen gegeben."

Kurz: Justiz wird "teilweise missbraucht"

Die ÖVP begann mit der Befragung, die Kurz zu erneuten detailreichen Ausführungen zum Ibiza-Video bewegten. Es ging auch um Spenden und Personalauswahl. Er habe den Eindruck, dass die Justiz "teilweise missbraucht" werde. Er selbst habe nie pauschal Kritik, sondern gezielte Kritik an einer Staatsanwaltschaft geäußert. Das müsse in einem Rechtsstaat möglich sein, so Kurz.

Auf Frage der SPÖ erklärte Kurz, bei seiner letzten Befragung "sehr viele Unterstellungen" wahrgenommen zu haben, "die sehr unangenehm waren". Auch "zynische Wortmeldungen" habe er vernommen. "Ich bin mir nicht wie ein Zeuge vorgekommen, sondern wie ein Schwerverbrecher." Auf Wunsch der SPÖ wurde eine Audioaufnahme von Kurz letzter Befragung vorgespielt, die eigentlich nicht erlaubt gewesen wäre. Sich äußern musste sich Kurz dazu nicht, denn laut Verfahrensrichter könnte die Aufnahme in einem allfälligen Strafverfahren wichtig werden.

Kirchen-Chats: "Ich entschlage mich"

Es kam zu unzähligen Debatten über die Sitzungsordnung und Unterbrechungen, die Kurz teils eine halbe Stunde lang wortlos verfolgte. Bei der Debatte zur Zulässigkeit einer entsprechenden Frage wurden die "Kirchen-Chats" thematisiert. SPÖ-Fraktionsfrührer Krainer hatte im Vorfeld erklärt, dass eine anonyme Anzeige in dieser Causa gegen Kurz eingebracht worden sei, damit er sich hier entschlagen kann.

Der Vorwurf: versuchte Nötigung bzw. Erpressung von Vertretern der katholischen Kirche durch Drohung mit der Streichung von Steuerprivilegien im Jahr 2018. Eingebracht soll diese "laut Gerüchten" von jemanden mit den Initialen A.H. geworden sein, womit Krainer wohl den ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger meint. Dieser wies das empört zurück. Kurz beendete die Diskussion damit, dass er sich angesichts der Anzeige entschlage. Das tat er bei mehreren Fragen zum Thema.

Nach vier Stunden reiner Befragungszeit und fünf Stunden Sitzung endet der Ausschusstag ohne neue Erkenntnisse. „Eine Farce“, lautet das Fazit von SPÖ-Fraktionsführer Krainer. Die ÖVP habe Aufklärung „effizient verhindert“, sagt Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Die Opposition sieht die Schuld vor allem beim Vorsitzenden Wolfgang Sobotka, der nicht eingegriffen habe. Die ÖVP sieht das anders. Laut Fraktionsführer Hanger gehe es der Opposition nur um „Skandalisierung“. Man habe alles zur Wahrheitsfindung beigetragen.

Schmid und Strache kamen nicht

Der inzwischen ehemalige Öbag-Chef Schmid wäre vor der Befragung von Kurz geladen gewesen. Sein Kommen war aber schon im Vorfeld  unwahrscheinlich, gilt er derzeit doch als unerreichbar und erschien bereits letzte Woche nicht.

Und auch die geplante Befragung nach jener des Kanzlers muss ausfallen. Dafür wäre jener Mann vorgesehen gewesen, der der eigentliche Grund für die Einsetzung des Ausschusses war – Heinz-Christian Strache. Der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Chef ließ sich jedoch wegen eines Aufenthaltes im Ausland entschuldigen. Dort ist er bekanntlich nach eigenen Angaben in einen Bootsunfall involviert gewesen.

Ob diese Entschuldigung anerkannt wird – zumal Strache nun doch offiziell ausreisen darf –, müssen die Fraktionen entscheiden. Ebenso, ob er für den Ersatztag am 15. Juli geladen wird. Diesen Termin hatte Strache selbst vorgeschlagen. Für nächste Woche ist ein Strafverfahren gegen den Ex-Politiker anberaumt.