Drei von vier Mandatarinnen im Parlament geben laut aktueller Umfrage an, sexualisierten oder frauenfeindlichen Hass selbst erlebt zu haben. Hat Sie das überrascht?

GABY SCHWARZ: Die Zahl der E-Mail, die viele von uns bekommen, nimmt zu: Ich meine die E-Mails, die unter jeder Gürtellinie sind, sexistisch, grauslich, in jeder Hinsicht zu verachten. Wenn über Facebook so etwas hereinkommt, dann klage ich das sofort ein. Das ist ja auch der Hintergrund der „Hass im Netz“-Maßnahmen: Frauen müssen möglichst rasch auf so etwas reagieren können. Das geht aber nur bei Postings, nicht bei E-Mails.

Bei E-Mails ist gar nichts möglich?

Wenn das der Herr Gschistigschasti731@hotmail.com ist, dann hat man ein Pech gehabt. Man hat nur dann die Möglichkeit einzuschreiten, wenn es eine gefährliche Drohung beinhaltet. Ich lasse das meinen Anwalt immer prüfen, weil ich mir denke, ich muss mir nicht alles gefallen lassen. Das sind Menschen, die mich nicht persönlich kennen, die mich öffentlich wahrnehmen und dann auf das Absurdeste beschimpfen, das ist bei Frauen immer sexistisch.

Wie gehen Sie damit um?

Manchmal kann man es gut abstreifen, an anderen Tagen nicht. Einmal habe ich versucht, zurückzuschreiben, ich habe geschrieben, dass mich das jetzt schon erstaunt, mit wie wenig Respekt wir miteinander umgehen.  Das ist dann in einer derartigen Massivität zurückgekommen, noch viel tiefer, das war genau der gegenteilige Effekt. Es hat nichts genützt, zu appellieren. Das ist schon etwas, was mir ganz persönlich auch manchmal sehr zu schaffen macht.

Ist Ignorieren der einzige Weg?

Man kann tatsächlich nur versuchen, es zu ignorieren und es nicht zu nah an einen herankommen zu lassen. Die Aggressionen steigen jedenfalls, und die Hemmschwelle wird immer niedriger. Da muss man auch hellhörig bleiben: Wehret den Anfängen, denn auch verbale Gewalt ist eine Art von Gewalt, und sexualisierte verbale Gewalt erst recht. Da gegenzusteuern ist nach wie vor eine große Aufgabe in der Frauenpolitik.

Parlamentarierinnen haben in internationalen Analysen zu Protokoll gegeben, dass sie das auch in ihrem Handeln lähmt, dass sie manchmal nicht so stark Position beziehen, wie sie es gerne möchten, um sich diesem Hass nicht auszusetzen. Merken Sie selbst auch, dass Sie das beeinträchtigt?

Nein! Ich lasse mich von solchen Menschen sicher nicht so weit beeindrucken, dass ich mich komplett zurücknehme. Ich stehe für bestimmte Werte, für eine bestimmte Gesinnung, das gebe ich sicher nicht auf, nur weil mir dann Aggression begegnet. Aber angenehm ist es nicht.

Viele Parlamentarierinnen spüren auch im eigenen Klub Sexismen? Wie geht es Ihnen da?

Ich schwöre Ihnen: Nicht ein einziger hat mich in dieser Form jemals angesprochen, geschweige denn sonst etwas gemacht! Das ist mir nicht begegnet?

Trauen sich die Männer das nur nicht bei Ihnen? Würden Sie die Hand dafür ins Feuer legen, dass es in der ÖVP generell keinen Sexismus gibt?

Das habe ich mir abgewöhnt, das ist aber kein Spezifikum der Politik! Ich kenne diese Dinge natürlich seit meinen frühesten Jahren, aber das hat nichts mit Politik zu tun, sondern mit einer gewissen Art von Gesellschaftskultur.

Sie waren auch im ORF in einer Arbeitsgruppe, wo es  um Prävention gegen sexistische Übergriffe gegangen ist. Was ist Ihrer Erfahrung nach das effektivste Mittel, um in einer Welt, die stark von Männern geprägt ist, gegenzusteuern?

Frauennetzwerke. Frauen, die einander gegenseitig stärken und sagen: „Lass dir das nicht gefallen.“ Und die dann auch da sind, um zu beraten und zu begleiten. Je geschlossener man dagegen auftritt, desto mehr Chancen haben die Frauen, dagegen anzugehen. Man darf die betroffenen Frauen nicht alleine lassen.