Sechs Monate lang wehte die steirische Fahne auf dem Parlament, morgen um Mitternacht verschwindet sie für vier Jahre im Depot. Grund ist, dass der als ehemaliger ÖVP-Landesrat über eine Plagiatsaffäre gestolperte Bundesrat Christian Buchmann den Vorsitz im leider völlig überflüssigen Bundesrat im ersten Halbjahr innehatte. In der Länderkammer regiert noch die große Koalition - zumindest bei den steirischen Vertretern. ÖVP und SPÖ wechseln sich seit Jahrzehnten im Chefsessel ab.

Bedeutungsvoller ist da schon die parallel erfolgte Übernahme des Vorsitzes in der Landeshauptleutekonferenz am 1. Jänner 2021 durch Hermann Schützenhöfer. Die Rochade markierte eine Zäsur, denn Schützenhöfer hatte wesentlichen Anteil daran, dass die Landeshauptleute vom Bundeskanzler in die Corona-Beratungen eingebunden wurden. Das virologische Quartett hatte zur Jahreswende ausgedient, auch Innenminister Karl Nehammer, der seit Ausbruch der Pandemie im März als Corona-Scharfmacher überpräsent war.

Stattdessen traten die Länder auf den Plan. Dem Kanzler war es überaus recht, denn im Kampf gegen die Pandemie stand die Bundesregierung seit Ausbruch der zweiten Wellte im Herbst mit dem Rücken zur Wand. Wenn es haarig wird, ist man gern bereit, die Verantwortung breiter zu schultern. Die Zeiten, in denen Kurz, Kogler, Anschober & Co. quasi ex-cathedra Lockdowns oder Lockerungen verkündeten, waren Geschichte. (Kurz hatte schon im November den Rollenwechsel vollzogen - vom Corona-Scharfmacher zum Corona-Beschwichtiger).

Schützenhöfer wollte Ludwig einbinden

Es war Schützenhöfers Idee, dass bei den nahezu wöchentlichen Pressekonferenzen er nicht im Alleingang die Länder vertreten, sondern den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig einbinden wollte. Als Österreich um die Jahreswende unter der winterlichen Kälte stöhnte, suchte Schützenhöfer Ludwig im Wiener Rathaus aus. Auf ein Gulasch ins Landtmann konnte man in der ersten Jännerwoche nicht gehen, die Gastronomie war noch geschlossen. So ließen sich die beiden ein Backhendl - oder war es ein Brathendl? - ins überdimensionierte Büro des Bürgermeisters, das einem Mini-Ballsaal gleich, liefern. Man kann davon ausgehen, dass die eine oder andere Flasche geöffnet wurde.

In dem Gespräch gelang es dem überzeugten Großkoalitionär, den Wiener Bürgermeister von der Sinnhaftigkeit der Doppelconference zu überzeugen. Fortan sollten nicht nur ÖVP- und Grünpolitiker (Kurz, Schützenhöfer, Kogler, Anschober, später Mückstein), sondern mit Michael Ludwig auch ein gewichtiger SPÖ-Politiker bei den regulären Pressekonferenzen auftreten. Ein kluges Manöver, denn in der Pandemie sollte der Kampf gegen das Virus Vorrang haben vor der Parteipolitik.

Steirer bleiben in Wien mächtiger denn je

Die Steirer geben den Vorsitz in der LH-Konferenz und im Bundesrat ab, bleiben aber in Wien mächtiger denn je. Denn an den Schalthebeln der Macht sitzen derzeit überproportional viele Steirer. Nicht nur stellen sie derzeit mit Werner Kogler den Vizekanzler und mit Leonore Gewessler die Umwelt- und Verkehrsministerin, die wichtigsten Kontrollgremien der Republik sind in steirischer Hand: der Verfassungsgerichtshof, dem Christoph Grabenwarter vorsteht, der Rechnungshof mit Margit Kraker, die Nationalbank mit dem gebürtigen Leobner Robert Holzmann, der Verfassungsdienst mit dem Hartberger Albert Posch, die Volksanwaltschaft, der unter anderem Werner Amon angehört.

Aber nicht nur das: Den Vorsitz in der Bischofskonferenz hat derzeit Franz Lackner inne, evangelischer Bischof ist der gebürtige Grazer Michael Chalupka. Auch unter den Konzernschefs finden sich zahllose Steirer: OMV-Chef Alfred Stern, Postchef Georg Pölzl, ganz zu schweigen von Didi Mateschitz und Stefan Pierer (KTM). Bei den Sozialpartnern war die Steiermark schon einmal prominenter vertreten, derzeit leitet Georg Knill die Industriellenvereinigung, Kurt Egger dient als Generalsekretär im Wirtschaftsbund.


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