In der SPÖ herrscht nach der Wahlschlappe von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner Bunkerstimmung. In der Parteizentrale in der Löwelstraße ist man schwer verärgert über die, wie man sie nennt, „Heckenschützen“, die der Parteivorsitzenden bei der Wiederwahl auf dem Bundesparteitag am Samstag in der Wiener Messehalle ein denkwürdiges Streichkonzert beschert haben. Ein Viertel der Delegierten, etwas mehr als 140 Funktionäre, versagten ihr die Gefolgschaft.

„Das ist an Feigheit nicht zu überbieten“, empörte man sich in SPÖ-Vorstandskreisen im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Einer der mächtigsten SPÖ-Politiker verweigerte die Stellungnahme – mit folgender Begründung per SMS: „Das wäre nicht druckreif!“ Bekanntlich hatte sich in der mehrstündigen Debatte kein einziger Kritiker zu Wort gemeldet.  

Rendi-Wagner in der Zib2

Im Umfeld der Parteichefin tritt man Spekulationen entgegen, Rendi-Wagner würde aus Verbitterung oder Enttäuschung den Hut nehmen. „Sie ist eine Kämpferin und Steherin“, wird versichert. Rendi-Wagner wischte bei ihrem Auftritt in der Zib2 das Votum vom Tisch. „Entweder ärgere ich mich über die 25 Prozent, die dagegen gestimmt haben, oder ich freue mich über die 75 Prozent, die für mich waren. Ich entscheide mich für Letzteres.“ Bei seiner letzten Wahl sei Reinhold Mitterlehner mit fast 100 Prozent gewählt worden, eineinhalb Jahre später sei er Geschichte gewesen. „Für mich ist das Ergebnis ausreichend, um weiterzukämpfen.“ Auf die Frage, ob sie Spitzenkandidatin sein wolle, meinte: sie: „Das habe ich vor.“

Angeblich trafen sich nach dem Parteitag, der in den Abendstunden nicht mehr beschlussfähig war, weil die meisten Delegierten bereits auf der Heimfahrt waren, einige Granden zu einem Krisengespräch.

Lercher: "Das ist eine bodenlose Frechheit"

Nicht minder empört ist der ehemalige Bundesgeschäftsführer der SPÖ, Max Lercher, der von Rendi-Wagner demontiert worden war. Gestern machten Gerüchte die Runde, er hätte das Streichkonzert orchestriert. „Was über mich erzählt wird, ist eine bodenlose Frechheit. Das weise ich aufs Schärfste zurück. Ich habe nichts damit zu tun.“ Mehr wolle er dazu nichts sagen.

Welche Delegierten Rendi-Wagner die Unterstützung versagt haben, ist wegen der Vertraulichkeit der Wahl unklar. Am  Sonntag wollte sich niemand zu Wort melden. Vieles deutete darauf hin, dass vor allem Funktionäre aus dem Burgenland, Niederösterreich und der Steiermark gegen die Parteichefin gestimmt haben.

Drei Gründe für das Streichkonzert

Einer der Rebellen, der nicht namentlich genannt werden will, verweist auf mehrere Faktoren, an denen sich der Unmut entzündet. „Viele trauen ihr nicht zu, dass sie die SPÖ wieder ins Kanzleramt führt.“ Bereits die Wahl 2019 habe dies gezeigt. Es ist die Migrationsfrage, die die SPÖ tief spaltet. Dass wenige Tage vor dem Parteitag eine Debatte über einen erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft vom Zaun gebrochen wurde, sei selbstmörderisch gewesen. „Wenn man einen Streit in die SPÖ haben will, muss man nur über die Migration diskutieren.“ Dass Rendi-Wagner offenbar ohne Absprache eine Koalition mit der ÖVP unter Sebastian Kurz ausgeschlossen hat, habe einige Großkoalitionäre in der SPÖ verärgert.

Pelinka: "Doskozil würde die Partei spalten" 

Der Politologie Anton Pelinka, ein intimer Kenner der SPÖ, zeigte sich gestern überrascht über das Streichkonzert. An eine Ablöse der Parteichefin glaube er nicht. „Wo ist die Alternative?“ Der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil sei es sicherlich nicht. „Rendi-Wagner ist nicht in der Lage, die Partei zu begeistern, aber sie spaltet sie nicht. Doskozil würde die Partei spalten.“ Pelinka ortet „einen elementaren Widerspruch in der Migrationsfrage“. Rendi-Wagner habe „nicht den Mut und die Kraft, die strukturelle Spaltung anzusprechen und zu überwinden“.