Damit dürfte Herbert Kickl wohl selbst nicht gerechnet haben. Als der FPÖ-Klubobmann die in Blau gehaltene Bühne der Arena Nova in Wiener Neustadt betritt, wird er von tosendem Applaus empfangen. „Ich bin von diesem Empfang tief berührt“, erklärt er und rückt sich die Brille zurecht.

Dass die Querelen um den Rückzug seines Vorgängers Norbert Hofer vom Parteichefsessel vergessen scheinen, zeigt sich bereits eine Stunde vor Beginn des außerordentlichen Parteitages der Freiheitlichen. Als die 760 Delegierten, die in der grellen Vormittagssonne in Bussen und Autos ankommen, eint sie die Zuversicht. „Herbert ist genau der richtige Mann zur richtigen Zeit“, sagt ein Delegierter aus Tirol. „Er wird das machen“, erklärt ein anderer und beißt in sein Frankfurter.

Hofer: "Es geht mir ausgezeichnet"

Unweit von ihm bildet sich plötzlich eine Menschentraube. Kickl und Hofer treten aus dem Schatten eines Seitenaufganges. „Es geht mir ausgezeichnet“, erklärt ein sichtlich gut gelaunter Hofer. „Ich bin genau da, wo ich hingehöre – auf unserem Parteitag.“ Denn er sei „ein loyaler Mensch“, versichert er. Später wird der scheidende Parteichef mit zwei Sätzen in seiner Ansprache für tosenden Applaus und sichtliche Erleichterung bei den Delegierten sorgen. „Mich hat es immer gestört, dass die Obmänner unserer Partei ausgetreten sind oder hinausgeworfen wurden. Diesmal ist das anders – wir übergeben die Partei in Freundschaft.“

Aus eben dieser Partei sind bei den Wortmeldungen fast ausschließlich Unterstützungsbekundungen zu hören. Auch Oberösterreichs Landesparteichef Manfred Haimbuchner, der sich im Vorfeld kritisch geäußert hatte, spricht von Zusammenhalt. Seine Meinung werde er aber „weiterhin in den Gremien kundtun“.

Nur eine kritische Stimme - aus Niederösterreich

Nur ein Delegierter, der stv. niederösterreichische Landesvorsitzende Karl Wurzer, traut sich, Kickl die Stimme öffentlich zu entziehen. Unmuts an der Basis wegen, sagt er und wird dafür lautstark ausgebuht. Kickl selbst begrüßt die offenen Worte, wie er bei seiner eineinhalbstündigen Brandrede im Anschluss betont. „Diskussion ist das Salz in der Suppe. Und wer mich kennt, weiß: Salzig ist immer besser als zu süß.“ Am Parteifrieden hege er jedoch keinen Zweifel „Wir schwitzen hier in der Halle wegen der Hitze. Aber die anderen schwitzen wegen der Einigkeit, die wir hier an den Tag legen.“

Am politischen Mitbewerber ÖVP („Ausgeburt der Korruption“, der SPÖ („Staatsabschaffer“) und den Grünen („Eingekiffte“) lässt der gebürtige Kärntner kein gutes Haar. Ebenso wenig wie an den Medien, deren anwesenden Vertretern das Betreten des Sitzungssaales erstmals untersagt worden war. Kritik äußert er auch an den Corona-Maßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsregelungen, an die sich dank mahnender Sicherheitskräfte aber jeder in der in blaues Licht getauchten Halle hält.

Kickl: Hofer "hat schon Blut geleckt"

Viel Lob hat er für seinen Vorgänger Hofer übrig. An den er aber auch eine klare Bitte richtet: Er möge in sich gehen und sich „unbedingt“ für die Bundespräsidentschaftswahl im kommenden Jahr aufstellen lassen. Die Partei werde ihn dabei mit Sicherheit unterstützen. „Ich kenne ihn, er hat schon Blut geleckt“, sagt Kickl. Hofer selbst lächelt unter seiner Maske. Die anwesenden Delegierten bittet Kickl um ihr Vertrauen. Und versichert: „Wenn ich nur halb so böse und halb so wild wär, wie ich oft dargestellt werde, wäre meine Frau schon geflüchtet und meine Mitarbeiter würden in Scharen davonlaufen.“

Am Ende sind es 88,24 Prozent der Delegierten, die dieser Aussage Glauben schenken. Mit diesem Abstimmungsergebnis wird Kickl zum neuen Bundesparteiobmann der Freiheitlichen gewählt. Er erreicht damit um zehn Prozent weniger als Hofer, als dieser vor zwei Jahren die Partei übernommen hatte. Mit ihm und Kickls frisch gewähltem Stellvertreter Udo Landbauer schwenkt der neue FPÖ-Chef wenig später große Österreich-Fahnen. Und den applaudierenden Delegierten verspricht er: „Wo ihr mich braucht, bin ich an eurer Seite.“