Für zwei Tage färbt sich das Design Center im oberösterreichischen Linz heute pink. 150 Mitglieder haben sich für die Versammlung der Neos angemeldet, um dort – neben einer Statutenänderung – auch ihre Parteichefin und ihren neuen Vorstand abzusegnen. Neben der Wiederwahl von Beate Meinl-Reisinger werden auch ihre beiden neuen Stellvertreter gewählt – Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr und die Salzburger Landesrätin Andrea Klambauer. Und diese Wahl schmeckt nicht jedem in der pinken Partei.

Denn intern wird von einigen Mitgliedern derzeit eher missmutig in die Richtung der Wiener Partei geblickt. Vom Wiederkehrs Versprechen vor der Wahl im vergangenen Herbst, im Falle einer Koalition mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) entschieden gegen den „roten Filz“ im Rathaus auftreten zu wollen, ist aus ihrer Sicht nicht viel übrig geblieben.

Salzburg gegen Wien

Öffentlich geäußert wurde diese Kritik bisher nur in Salzburg. Dabei ging es konkret um die Verlängerung eines Büros, das von Ex-Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) geleitet wird und das auch von den Neos als kostspieliger Versorgungsposten kritisiert wurde. Die Wiener Partei stimmte dennoch für die Verlängerung der Finanzierung.
Die Wiener reagierten angesichts der internen Kritik aus Salzburg irritiert. Vor allem deshalb, weil diese ausgerechnet aus dem Umfeld der zweiten Stellvertreterin neben Wiederkehr kam.

Neun Jahre nach ihrer Gründung, acht nach ihrem Einzug in den Nationalrat und drei nach dem überraschenden Rückzug von Parteichef Matthias Strolz kann die Partei heute zwei Regierungsbeteiligungen und Sitze in sechs von neun Landtagen vorweisen. In Umfragen liegen die Neos derzeit bei 11 Prozent. Das ist auch Chefin Meinl-Reisinger zu verdanken. Strolz hatte ihr die Partei bei fünf übergeben.

„Die Neos sind seit ihrer Gründung in vielen Dingen pragmatischer geworden“, erklärt Christoph Haselmayer. Der Meinungsforscher war selbst Landessprecher der Kärntner Partei, bis er in die Privatwirtschaft wechselte. „Man hat nicht denselben Fehler begangen wie das Liberale Forum damals, das sich nur gesellschaftspolitisch positioniert hat. Die Partei hat sich thematisch breit aufgestellt.“

"Mehr Politik mit Herz, statt mit Hirn"

In der Corona-Krise ließen die Neos unter anderem mit Forderungen nach zügigeren Öffnungsschritten aufhorchen. Vor allem im Bildungsbereich, der seit Jahren als zentrales Thema der Partei gilt. Im Nationalrat ging man bei Pandemie-Beschlüssen einmal mit der Regierung und dann wieder mit der Opposition mit. Es gehe der Partei schließlich um die Sache und nicht um politische Strategie, hieß es mehrfach auf die Frage nach der pinken Parteilinie.

„Die Neos wollten immer Musterschüler sein, was ihre parlamentarische Arbeit betrifft“, erklärt Haselmayer. „Es wäre aber wichtig, dass sie nicht so viel Politik mit Hirn, sondern mehr Politik mit Herz machen.“

Ins mediale Rampenlicht schafften es die Pinken zuletzt mit ihrer Arbeit im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Dort trat Fraktionsführerin Stephanie Krisper als gut vorbereitete und scharfe Fragestellerin auf, was ihr vor allem den Respekt der SPÖ eingebracht hatte. Für Kritik sorgte hingegen der Umstand, dass ausgerechnet jene Partei, die sich als Hüterin des Datenschutzes präsentiert, vertrauliche Ausschussdokumente zu Chats des suspendierten Justizsektionschef Christian Pilnacek an die Medien weitergegeben hatte. Das sorgte vor allem bei der ÖVP für Ärger.

Linke Mehrheit?

Viele in der Partei spekulieren aber ohnehin auf eine linke Mehrheit abseits der Türkisen. Ein Wunsch, der nicht ganz abwegig ist, sagt Meinungsforscher Haselmayer. „Durch die deutliche Polarisierung der Gesellschaft, die aktuell zu beobachten ist, würde eine Koalition aus Rot, Grün und Pink aktuell auf 49 Prozent kommen. Ein Zusammenschluss zwischen ÖVP und FPÖ käme auf derzeit 50 Prozent.“ Dabei sei aber zu bedenken, dass ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und Neo-FPÖ-Chef Herbert Kickl nicht wirklich miteinander können.

Für zukünftige Wahlen müsse sich die Partei laut Haselmayer aber nach rechts wie links gesprächsbereit zeigen. „Die Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP in Salzburg und mit der SPÖ in Wien zeigt, dass für die die Partei beides möglich ist.“